Kampf gegen Hooligans spaltet Parlament
Das Schweizer Parlament debattiert diese Woche über eine Reihe von Massnahmen gegen die zunehmende Gewalt in Sportstadien.
Hintergrund ist die Fussball-Europameisterschaft 2008, welche in der Schweiz und dem benachbarten Österreich stattfindet.
Die Vorschläge, die zur Debatte stehen, sehen eine nationale Datenbank über gewaltbereite Matchbesucher vor sowie die Einschränkung der Reisefreiheit und Stadionverbote für notorische Unruhestifter.
Zur Diskussion stehen ferner eine präventive Inhaftierung sowie grössere Befugnisse für Polizei und Zollbehörden. Diese sollen Propaganda-Material, worin zur Gewalt aufgerufen wird, beschlagnahmen können.
Zunahme der gewaltbereiten Fans
Die Regierung argumentiert, dass sich ähnliche Massnahmen bereits in andern Ländern bewährt hätten und somit auch der Sicherheit in der Schweiz dienten.
Auch in Schweizer Stadien hat die Gewalt extremer Fans in den vergangenen Jahren zugenommen. Deshalb führten Schweizer Fussball- und Eishockeyvereine teils hohe Geldbussen und andere Strafen für «Fans» ein, welche sich ungebührlich benehmen.
Getestet werden zur Zeit auch andere Sicherheitsmassnahmen, etwa die Anwendung biometrischer Daten, um Rowdys an Eishockeyspielen «herauszufiltern».
Druck
Diese Gesetze werden haben gute Chancen, in der Grossen Kammer (Nationalrat) durchkommen, schätzt Luzi Stamm, Mitglied der Kommission für Rechtsfragen, die das Geschäft vorgängig beraten hat. Weder seine eigenen Partei (die Schweizerische Volkspartei) noch die andern Mitte-Rechts-Parteien hätten etwas gegen die Massnahmen einzuwenden.
«Ich glaube, die Vorschläge werden ohne viel Opposition im Parlament durchgehen. Der Druck auf die Schweiz, im Hinblick auf die Euro 08 endlich Gesetze zu erlassen, ist gross.»
Laut Stamm gibt es nur einen Punkt, der strittig blieb: Die Gültigkeitsdauer. Hier bestehe Uneinigkeit, ob die Gesetze nur bis 2008 oder darüber hinaus gelten sollen.
Unnötig, unberechtigt
Auf der andern linken Seite des politischen Spektrums finden die Sozialdemokraten und die Grünen, dass die geplanten gesetzlichen Massnahmen zu weit gehen. Sie stören sich vor allem an der geplanten Hooligan-Datenbank. «Das wird alles nur gemacht, um der Uefa (Europäischer Fußballverband) zu gefallen», sagt der Daniel Vischer, der Stamm als Präsident der Rechtskommission abgelöst hat.
Der grüne Zürcher Nationalrat glaubt, dass das Gesetz nicht nur «über das Ziel hinausschiesst», sondern auch verfassungswidrig sei. «Der Bund hat kein Recht, sich in die kantonale Polizeihoheit einzumischen. Die heutige Gesetzgebung reicht vollständig aus», sagt Vischer.
Er kritisiert auch die Fussballvereine, welche ihre Aufgabe – den Kampf gegen die Hooligans in den eigenen Fanreihen – den Bundesbehörden abtreten wollen.
Besser Vorbeugen
Experten welche mit renitenten Matchbesuchern arbeiten, können die Bedenken Vischers nachvollziehen. Der Psychologe David Zimmermann sagte gegenüber schon früher gegenüber swissinfo, dass die geplanten Massnahmen des Gesetzgebers eine «Überreaktion» seien.
Zimmermann betonte, dass sich die Regierung auf Präventionsmassnahmen beschränken sollte. Der erfolgreichste Weg, das Rowdytum anzupacken, sei die Zusammenarbeit von Polizei und Fangruppen.
Budget-Querelen
Der Ständerat, die Kleinen Kammer, behandelt die Antirowdy-Massnahmen im nächsten Jahr. Das Parlament wird im kommenden Jahr über den umstrittenen Bundesanteil von 72 Mio. Franken beraten. Anfänglich war von 10 Millionen ausgegangen worden.
Die Fussball-Europameisterschaft Euro 08 wird die Schweiz nach neuestem Stand rund 180 Mio. Franken kosten. Das meiste Geld muss für Sicherheitsmassnahmen aufgewendet werden.
Davon übernimmt der Bund 72 Millionen. Für den Rest müssen Kantone und die vier Austragungsstädte Bern, Basel, Zürich und Genf aufkommen. Das hat der Bundesrat kürzlich beschlossen. Weil der Budgetposten Sicherheit immer grösser wird, haben die vier Städte bereits Widerstand angekündigt.
swissinfo, Urs Geiser
(Übertragung aus dem Englischen: Urs Maurer)
Die Schweiz wird 2008 die Fussball-Europameisterschaft (Euro 2008) gemeinsam mit Österreich ausrichten.
Die Euro 2008 beginnt am 7. Juni 2008.
Um der Gewalt rund um die Stadien zu begegnen, plant der Gesetzgeber eine Hooligan-Datenbank, Präventivhaft, Reisebeschränkungen und Stadionverbote.
Die Gewalt in Fussball- und Eishockestadien hat in der Schweiz in den vergangenen Jahren zugenommen.
Das Parlament debattiert diese Woche über die gesetzlichen Massnahmen gegen die Gewalt in Sport-Stadien.
Opposition erwächst den Gesetzen vor allem von linksgrüner Seite.
Die rechte Mehrheit des Parlamentes wird die Gesetze wohl beschliessen.
In einer späteren Debatte werden die 72 Mio. Franken Bundesbeitrag an die Euro 2008 behandelt werden.
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