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Kein Sieg, nur Hoffnung auf etwas Ruhe

Israelische Soldaten patrouillieren in der Nähe von Gaza-Stadt. Keystone

Die Waffenruhe in Gaza bringe mehr Verlierer als Gewinner und wirke höchstens vorübergehend – als Geschenk für Obamas Amtseinsetzung. Einig ist sich die Schweizer Presse darin, dass Israels Armee die Hamas höchstens geschwächt, nicht aber besiegt habe.

«Nach 22 Kriegstagen, mehr als 1300 Toten und 5000 Verletzten verkündete Israels Regierungschef Ehud Olmert: ‹Wir haben gewonnen'», schreibt der Bund: Doch so einfach sehe die Wirklichkeit nicht aus: «Was erreicht wurde, ist die Schwächung der Hamas.»

Eine wirkliche Chance für Frieden bedeuteten die Ankündigungen Israels und der Hamas allerdings nicht, so der Bund weiter. Diese Einschätzung teilen zu Wochenbeginn auch zahlreiche andere Schweizer Tageszeitungen.

Der Waffenstillstand bringe für die 1,4 Mio. Einwohner des Gazastreifens und die halbe Million Israelis in der Umgebung «höchstens Ruhe, und dies wohl nur vorübergehend», kommentiert die Neue Luzerner Zeitung.

Von einem nur «vorläufigen Ende» spricht auch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ).

«Allen Erfolgsmeldungen zum Trotz ist es der Armee nicht gelungen, Hamas zu schlagen», schreibt die Basler Zeitung (BaZ) – eine Einschätzung, die von anderen Zeitungen geteilt wird.

Die Raketensalven auf Sderot kurz nach Erklärung der Waffenruhe zeigten, dass die israelische Armee es nicht geschafft habe, den unmittelbaren Grund für den Waffengang auszuschalten.

Israels Image hat gelitten

Ebenfalls einig ist sich die Presse, dass der Gaza-Krieg Israels Ansehen stark geschadet hat: Die Israelis hätten ihre Waffen ohne Rücksicht auf das Völkerrecht eingesetzt, so die NZZ. Dies habe «die Freunde Israels in Bedrängnis gebracht».

Die BaZ spricht von Israel als Aggressor, «das Land steht moralisch angeschlagen da». «Massiv gelitten hat die Glaubwürdigkeit Israels, das sich in seinem Verhalten immer mehr jenen angenähert hat, die seine Regierung als Terroristen bezeichnet», so der Bund.

Dennoch ein Gewinner

«Lauter Verlierer», «Alle erlitten Schaden», so lauten einige der Titel. Doch die NZZ nennt eine Partei, die aus diesem Krieg gestärkt hervorgehe: «Die Achse Teheran – Damaskus – Hizbullah.»

Weil viele Araber dem iranischen Einfluss misstrauten, sei die arabische Welt gespalten. Und gespalten blieben auch die Palästinenser, zwischen Gaza und Cisjordanien.

Somit bestehe weiterhin der Verdacht, dass Ägyptens Führung und auch die Saudis als «moderate arabische Kräfte» insgeheim Israels Vorgehen unterstützten.

Ein Friedensprozess könne aber nur erfolgreich sein, wenn die Palästinenser glaubwürdig und geeint aufträten.

Vermittlung bitter nötig

Für mehrere Kommentatoren liegt es auf der Hand, dass nun «effiziente Vermittlung gefragt ist». Alle Kräfte müssten miteinbezogen werden, also auch die Hamas, und die Grenzen müssten geöffnet werden, so die BaZ.

Laut dem Tages-Anzeiger muss Israel nun aufgefordert werden, «die Grenzblockade auf die Dauer aufzuheben».

Das zweideutige Ergebnis des Krieges und die prekäre Waffenruhe verlange von den Friedensmaklern ein «schnelles und wirksamen Eingreifen». Ohne ideologische Tabus sollten neue Wege gefunden werden, so die NZZ.

swissinfo, Alexander Künzle

Drei Wochen nach Beginn des Kriegs im Gazastreifen hat Israel am Wochenende eine einseitige Waffenruhe ausgerufen. 12 Stunden später kündigte auch die Hamas eine Feuerpause an.

Nach palästinensischen Angaben kamen seit Beginn der israelischen Offensive am 27. Dezember mehr als 1300 Palästinenser ums Leben, 5000 Menschen wurden verletzt.

Auf israelischer Seite starben zehn Soldaten sowie drei Zivilisten bei Raketenangriffen.

Die israelische Offensive im Gazastreifen hat nach palästinensischen Schätzungen einen Schaden von fast 2 Mrd. Dollar verursacht.

22’000 private und öffentliche Gebäude seien beschädigt oder zerstört worden. Das seien 14% aller Gebäude im Gazastreifen.

Laut der palästinensischen Statistikbehörde gingen die Wirtschaftsaktivitäten um mehr als 85% zurück. Am schlimmsten betroffen sei die Landwirtschaft. Mehr als 80% der Anbaugebiete seien während der Offensive verwüstet worden.

«Ist das militärische Eingreifen Israels im Gazastreifen gerechtfertigt?» fragte swissinfo die Leserschaft zwischen dem 5. und 18.1.2009.

An der nicht repräsentativen Umfrage beteiligten sich 2132 Personen.

Das Resultat: 1504 (71%) sagten Ja, 596 (28%) Nein. 32 Personen (1%) waren unentschlossen.

swissinfo.ch

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