Keine Schweizer Verstärkung in Afghanistan
Der Schweizer Verteidigungsminister Samuel Schmid hat am Freitag einen dreitägigen Besuch in den Vereinigten Staaten beendet.
Trotz des Aufrufs Washingtons diese Woche schliesst Bundesrat Schmid eine Verstärkung der militärischen Präsenz der Schweiz in Afghanistan aus.
Schmid bezeichnete die Gespräche mit seinen US-Diskussionspartnern als «konstruktiv». Der Dialog habe in einer «freundschaftlichen Atmosphäre» stattgefunden.
Am Freitag traf der Schweizer Verteidigungsminister kurz mit seinem amerikanischen Amtskollegen Robert Gates zusammen. Auch mit Vize-Verteidigungsminister Gordon England führte Schmid ein Gespräch.
Erfolgloser US-Aufruf
Robert Gates war vor dem Treffen mit Bundesrat Schmid aus Quebec zurückgekehrt, wo er am NATO-Gipfeltreffen zur Verstärkung der Internationalen Sicherheitstruppen in Afghanistan aufgerufen hatte. Gates erklärte, die Taliban bereiteten eine neue Offensive vor.
Sein Appell war allerdings erfolglos. Die NATO verfügt über 35’000 Militärs in Afghanistan, davon 23’000 aus den USA und England. Washington und London weisen darauf hin, dass sie wegen des Engagements in Irak keine weiteren Truppen nach Afghanistan schicken könnten.
Kanada, das 2500 Soldaten in Afghanistan hat, ist der Ansicht, dass es einen zu grossen Tribut bezahlt, da seine dortigen Truppen nach den USA die grössten Verluste verzeichnen mussten.
Frankreich, Deutschland und Italien weigern sich, weitere Verstärkung zu entsenden. Lediglich Australien hat sich bereit erklärt, seine Truppen zu verdoppeln und weitere 300 Soldaten zu schicken.
Symbolische Schweizer Präsenz
Die Schweiz beteiligt sich an der NATO-Partnerschaft für Frieden, obwohl sie nicht Mitglied des Militärbündnisses ist. Derzeit beschränkt sich die militärische Präsenz der Schweiz im Rahmen der Internationalen Sicherheitstruppen in Afghanistan auf zwei bis vier Offiziere.
An dieser Situation wird sich laut Bundesrat Schmid nichts ändern. «Eine Verstärkung unserer Präsenz in Afghanistan ist nicht möglich», sagte er gegenüber swissinfo. «Es wäre unrealistisch, denn für eine Verstärkung würden wir Ausrüstungen und Lufttransportmittel benötigen, welche die Schweiz nicht hat.»
Gleiches gilt für den Balkan
Das Schweizer «Njet» gilt auch für Kosovo und die ganze Balkan-Region, wo die USA neue ethnische Spannungen befürchten. Die Schweiz habe dort «in etwa 400 Soldaten», erklärte Schmid und präzisierte: «220 bis 230 Soldaten plus 70 Männer, die unsere vier Helikopter begleiten.»
Und Schmid weiter: «Unsere Politik ist es, die Grösse unserer Kontingente zu stabilisieren und mit dem Parlament die legale Basis unserer Auslandpräsenz zu diskutieren.»
Schmid schloss indessen einen weiteren Schweizer Beitrag in Form von ziviler Hilfe nicht aus. «Die Schweiz ist bereit, mehr zu tun. Aber es gibt verschiedene Arten, sich mehr zu engagieren. Unser Land hat vielleicht mehr zivile als militärische Erfahrung.» Die Lösung von Konflikten erfordere «eine Kombination von militärischen und zivilen Anstrengungen».
Neue Engagement-Ebene
Schmid sagte weiter, die Ausbildung von Polizisten im Balkan bedeute «eine neue Ebene des Schweizer Engagements». Es gehe nicht um die Quantität, sondern um die Qualität der Hilfe.
«Unsere amerikanischen Freunde akzeptieren unsere Position. Sie verstehen unsere Ansicht sehr gut und schätzen die zivile Unterstützung der Schweiz.»
swissinfo, Marie-Christine Bonzom, Washington
(Übertragung aus dem Französischen: Jean-Michel Berthoud)
Der Vorsteher des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), Bundesrat Samuel Schmid, hat bei seinem dreitägigen USA-Besuch auch mit Michael Chertoff, dem US-Minister für Innere Sicherheit, gesprochen. Thema: Bekämpfung des Terrorismus. Chertoff hat sich laut Schmid besonders für den Schweizer Zivilschutz und die Nationale Alarmzentrale (NAZ) interessiert.
Am Donnerstag besuchte der VBS-Chef in Houston die Weltraumfahrtsbehörde NASA, einen Stützpunkt der US-Küstenwache sowie einen Posten der Nationalgarde. Schmid sprach von «gemeinsamen Problemen wie Grenz- und Zivilschutz».
Ebenfalls in Houston wurde Bundesrat Schmid vom früheren US-Präsidenten George Bush und Vater des derzeitigen Präsidenten George W. Bush empfangen. Dabei wurden internationale Themen wie namentlich Iran, Japan und Russland erörtert.
Schmid sprach von einem «interessanten Gespräch». Bush Senior kenne die Dossiers. «Er spricht gleichzeitig wie ein Diplomat und ein Ex-Staatschef», so Schmid. «Er weiss auch sehr viel über die Schweiz.»
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