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Kofi Annan auf Abschiedstournee in der Schweiz

Bald Erinnerung: UNO-Generalsekretär Kofi Annan, der Mann mit der ausgestreckten Hand. Keystone

Kofi Annan hat am Samstag in St. Gallen den Freiheitspreis der Max Schmidheiny-Stiftung entgegen genommen. Dabei warnte der abtretende UNO-Generalsekretär vor den rasch steigenden Risiken der Biotechnologie.

Am Montag wird Annan in Genf sein. Dort wird er mit dem Preis der Stiftung für Genf ausgezeichnet und den neuen Sitz des UNO-Programms gegen Aids einweihen.

Kofi Annan wird die Preissumme von 100’000 Franken aus dem Freiheitspreis der Max Schmidheiny-Stiftung dem UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) in Genf übergeben.

Annan hob in seiner Ansprache die jüngsten Errungenschaften der Biotechnologie hervor, etwa die Entschlüsselung des gesamten Genoms der Viren für Polio oder die 1918 wütende Spanische Grippe. «Gerieten diese jedoch in die falschen Hände, wären die Folgen katastrophal», warnte er.

Als Risiken nannte Annan insbesondere eine versehentliche Freisetzung von Krankheitserregern bis hin zum absichtlich herbeigeführten Ausbruch von Krankheiten.

Tausende von Playern

«Mit der Ausweitung der biologischen Forschung und dem immer leichteren Zugang zu den entsprechenden Technologien steigt die Möglichkeit versehentlicher oder absichtlicher Schadenswirkungen exponentiell an», sagte Annan.

Bald würden weltweit Tausende von Labors in einer Milliardenindustrie tätig sein. Selbst Neulinge in kleinen Labors werden in der Lage sein, Genmanipulationen durchzuführen. Ein System internationaler Sicherungsmassnahmen für das Management dieser Risiken fehle aber.

Gremium tut Not

Der höchste UNO-Politiker wiederholte deshalb erneut seinen Vorschlag, ein weltweites Forum für die Auseinandersetzung mit dieser Problematik zu schaffen. Dies würde laut Annan dazu beitragen, dass die Errungenschaften der Forschung für das Gemeinwohl eingesetzt werden.

Gleichzeitig gäbe es einen Lernprozess für den Umgang mit potenziellen Risiken. «Die Anstrengungen der Länder zur Nutzung der Biotechnologie dürfen aber auch nicht unnötig behindert werden», forderte der Ghanaer.

Verhindert

Die Auszeichnung war ihm bereits im Mai 2003 am Symposium St. Gallen für seinen Beitrag zur Bewahrung und Weiterentwicklung einer freiheitlichen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zugesprochen worden.

Wegen einer Kehlkopfentzündung aber konnte der UNO-Generalsekretär den Preis damals nicht entgegennehmen. Bei seiner Absage hatt er angekündigt, die Auszeichnung noch während seiner Amtszeit persönlich an der Universität St. Gallen entgegenzunehmen. Diesem Versprechen kam er nun nach.

Organisiert wurde die Preisübergabe, die unter grossen Sicherheitsvorkehren stattfand, von gut 30 Studierenden des International Students Committee (ISC).

150 geladene Gäste, unter ihnen der Schweizer Bundesrat Hans-Rudolf Merz, 350 Studentinnen und Studenten und rund 50 Medienschaffende wohnten der Preisverleihung im Auditorium Maximum der Universität bei.

Feiern auch in Genf

Am Montag erhält Annan den Preis der Fondation pour Genève. Damit dankt ihm die Calvinstadt dafür, dass er sie in seiner Amtszeit als Standort internationaler Organisationen weiter gestärkt hat. An der Feier wird auch der Schweizer Bundespräsident Moritz Leuenberger teilnehmen.

Der UNO-Generalsekretär wird in der Rhonestadt ferner das neue Gebäude der UNAIDS einweihen, des UNO-Programms im Kampf gegen Aids.

Zypern-Gespräche

Es stehen ebenfalls Gespräche über die Zypernfrage an. Dazu trifft Annan mit Mehmet Ali Talat zusammen, dem Präsidenten der türkischen Republik Nordzypern.

Der 68-jährige Ghanaer Annan wird Ende dieses Jahrs nach zwei fünfjährigen Amtszeiten durch den 62-jährigen Südkoreaner Ban Ki Moon als Generalsekretär der Vereinten Nationen abgelöst.

Annan verfügt seit jeher über ausgezeichnete Beziehungen zur Schweiz. So hat er alt Bundesrat Adolf Ogi, ein langjähriger Freund von ihm, zum UNO-Sonderbeauftragten für Sport im Dienste von Frieden und Entwicklung ernannt.

Dabeben wurden in der Annan-Ära weitere Experten aus der Schweiz in hohe UNO-Ämter gerufen, unter anderem der Menschenrechts-Spezialist Walter Kälin oder der Soziologe Jean Ziegler. Jüngstes Beispiel ist der Völkerrechtler Lucius Caflisch, der am vergangenen Donnerstag in die UNO-Kommission für Völkerrecht gewählt wurde.

swissinfo und Agenturen

Mit dem Freiheitspreis zeichnet die Max Schmidheiny-Stiftung seit 1979 Personen oder Institutionen aus, die sich Verdienste um die Erhaltung und Weiterentwicklung einer freiheitlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung erworben haben.

Bisherige Preisträger waren unter anderen Nicolas Hayek, das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK), Ruud Lubbers, UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Romano Prodi, Präsident der Europäischen Kommission und Muhammad Yunus, Friedens-Nobelpreisträger 2006.

Kofi Annan ist der 25. Preisträger.

Kofi Annan ist der siebte Generalsekretär der Vereinten Nationen (UNO). Sein erstes Mandat begann 1997 und wurde 2002 verlängert. Ende Dezember wird er sein Amt aufgeben.

Der UNO-Beitritt der Schweiz ist mitten in die Ära Annan gefallen, im Herbst 2002, nach einer Volksabstimmung.

Bundespräsident Moritz Leuenberger hat kürzlich geäussert, dass «viele Schweizer dem UNO-Beitritt zugestimmt hatten, weil die UNO das Gesicht von Kofi Annan trägt».

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