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Mehrheit für flexibles Rentenalter

Gute Aussichten auf eine frühere Rente, falls die AHV-Initiative die Hürde an der Urne nimmt. Keystone

Die Möglichkeit, ohne finanzielle Einbussen früher in Rente gehen zu können, findet laut einer Umfrage Anklang. Noch deutlicher ist die Zustimmung zum revidierten Betäubungsmittelgesetz, über das ebenfalls am 30. November abgestimmt wird.

Die erste Umfrage des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse zur Abstimmung vom kommenden 30. November zeigt bei zwei von vier untersuchten Vorlagen eine zustimmende Mehrheit.

Während es für das Betäubungsmittelgesetz sehr gut aussieht, ist aber bei den Initiativen für die Hanflegalisierung, gegen das Verbandsbeschwerderecht sowie jener für ein flexibles Rentenalter noch alles offen.

Dies, obwohl sich 52% der Befragten für die Initiative über die Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) aussprechen. Denn die Einwände gegen ein Volksbegehren kämen jeweils erst während des Abstimmungskampfs, gibt Studienleiter Claude Longchamp zu bedenken.

Derzeit spreche das Kostenargument der Gegner die meisten Leute an. «So würde ich also damit rechnen, dass der Nein-Anteil auf jeden Fall noch steigen wird», sagt Longchamp gegenüber swissinfo. «Ob es dann auch zu einem Kippen der Mehrheit führt, lasse ich im Moment offen.»

«Der Knaller»

Überraschter als über die hohe Zustimmung ist Longchamp über die Tatsache, dass auch bei der Basis der rechtskonservativen Schweizerischen Volkspartei (SVP) eine Mehrheit für das flexible Rentenalter ist. «Das ist natürlich der Knaller», sagt er.

«Das überrascht dann doch ein bisschen, weil die Partei selber ja klar auf der Nein-Seite positioniert ist. Hier sind offensichtlich die Interessen, die man als möglicher Profiteur von dieser Initiative hat, wichtiger als die parteipolitische Ideologie.»

Am wenigsten Zustimmung findet das Anliegen demnach bei den bürgerlichen mitte-rechts-Parteien, der Christlichdemokratischen Volkspartei (CVP) und der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP).

Noch deutlicher als bei den Parteien sind die Unterschiede allerdings zwischen den Schweizer Landesteilen. Während im deutschsprachigen Landesteil 46% dafür sind, spricht sich die Romandie mit 66% und die italienischsprachige Region sogar mit 74% für die Initiative aus.

«In sozialpolitischen Fragen neigt die deutschsprachige Schweiz eher zu individuellen Lösungen, während man in der französisch- und italienischsprachigen Schweiz die kollektiven, etatistischen Lösungen immer bevorzugt hat», sagt der Politologe dazu.

Beim Hanf gespalten

Ganz anders bei der Hanf-Initiative, die eine Legalisierung des Cannabis-Konsums fordert: Hier sind die französischsprachige und die italienischsprachige Schweiz mit je 53% dagegen, die Deutschschweiz aber mit 50% dafür.

«Es ist eine gespaltene Situation», sagt Longchamp dazu. «Wir haben keine eindeutigen Mehrheiten feststellen können. Die Ausgangslage ist offen.» So liefern sich in dieser Vorlage Befürworter mit 45% und Gegner mit 42% ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Dies zeige, dass sich zu diesem Thema bereits sehr viele eine Meinung gebildet hätten, so Longchamp. «Es ist eine Vorlage, die in den Alltag reicht, sie ist einfach und konkret.» Dass dieses Thema nah am Leben sei, zeige auch die Tatsache, dass nur 13% der Befragten noch keine Meinung dazu haben.

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Klares Pro-Lager fehlt

Dies trifft bei der Initiative gegen das Verbandsbeschwerderecht nicht zu. Dieses Thema ist vielen zu technisch und etwas schwer verständlich. So sind denn auch noch 18% der Befragten unentschlossen.

Zwar sagt auch zu dieser Initiative eine relative Mehrheit Ja, aber sie steht mit 42% nur ganz knapp dem Nein-Lager mit 40% gegenüber. «Das Problem ist eigentlich, dass die Initianten selber keine Bastion dafür bilden konnten», sagt Longchamp dazu. «Die Kritik reicht bis in die FDP hinein, von der die Initiative kommt.»

Daher sei auch hier die Ausgangslage nach der ersten Monmentaufnahme alles andere als klar. Die Chancen der Initiative seien eher beschränkt.

«Wenn es nicht zu einer radikalen Vereinfachung der ganzen Diskussion auf Befürworter-Seite kommt, dann wird diese Initiative wahrscheinlich abgelehnt.»

Betäubungsmittelgesetz durchgewunken

Das Ergebnis der ersten Umfrage zum revidierten Betäubungsmittelgesetz ist so deutlich (63% Ja, 20% Nein), dass sich Longchamp fragt, ob er die Vorlage in der zweiten Befragung überhaupt noch zur Debatte stellen soll.

Diese ist an die Urne gekommen, weil dagegen das Referendum ergriffen worden ist.

«Die Zustimmung reicht sogar bis in die SVP hinein», erklärt er. «Das Thema ist eigentlich erledigt.»

swissinfo, Christian Raaflaub

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Betäubungsmittelgesetz:
63% Ja, 20% Nein, 17% Unschlüssig

AHV-Initiative:
52% Ja, 30% Nein, 18% Unschlüssig

Hanf-Initiative:
45% Ja, 42% Nein, 13% Unschlüssig

Verbandsbeschwerde-Initiative:
42% Ja, 40% Nein, 18% Unschlüssig

Stimmbeteiligung:
41%

Für die erste Umfrage zur Abstimmung vom 30. November 2008 hat das Institut gfs.bern 1204 Stimmberechtigte aus der ganzen Schweiz befragt.

Die telefonischen, sprachregional gewichteten Befragungen fanden zwischen dem 13. und 20. Oktober 2008 statt.

Die fünfte Vorlage, die Initiative für die Unverjährbarkeit pornografischer Straftaten an Kindern, wurde nicht untersucht.

Diese Umfrage markiert das zehnjährige Jubiläum der Umfragen des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG SSR idée suisse.

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