Pro Helvetia will Präsenz in jedem Kulturraum
Die Pro Helvetia will längerfristig in jedem Kulturraum aktiv sein. Diese "Globalisierung" ist ein wichtiges Standbein ihrer neuen Auslandstrategie, welche am Montag vorgestellt wurde.
Die Institution will sich generell als Servicezentrum des Bundes für kulturelle Aktivitäten profilieren, wie Direktor Pius Knüsel sagte.
Die Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia gibt ihrer Ausland-Präsenz eine neue Richtung: Sie will bis in gut zehn Jahren in allen Kulturräumen der Welt aktiv sein.
In Lateinamerika, Russland/Zentralasien, Indien, China, Südostasien sowie Ozeanien plane man neue Aussenstellen, von denen die erste bis 2007 operativ sein soll. Dies sagte Thomas Laely, Leiter International der Stiftung, am Montag bei der Präsentation der neuen Auslandstrategie.
Zusätzliche drei Millionen
Für die anschliessende Finanzperiode bis 2011 sollen drei weitere, und bis 2015 dann die beiden letzten aussereuropäischen Aussenstellen aufgebaut sein.
Pro Helvetia rechnet mit 500’000 Franken pro Büro und Jahr. Die Aussenstellen sollen an bestehende Strukturen, etwa Schweizer Botschaften und Konsulate, angegliedert werden.
Kulturelles Kompetenzzentrum
«Die Auslandarbeit ist die grosse Stärke der Pro Helvetia», begründete Direktor Pius Knüsel die Expansion. «Dabei soll die Pro Helvetia das entscheidende operative Zentrum für die Schweizer Kulturarbeit im Ausland sein.»
In Osteuropa hingegen werden Zweigbüros geschlossen. «Mit der Integration Mittelosteuropas in die EU kann die Pro Helvetia ihre Präsenz in diesen Ländern abbauen», so Stiftungspräsidentin Yvette Jaggi.
Länderprogramm für Europa
«In Europa sind keine neuen ‹Türöffner-Dienste› nötig», lieferte Laely eine weitere Begründung. Aus diesem Grund gebe es auch kein Kulturzentrum im deutschsprachigen Europa.
Dennoch bleibt Europa eine Schwerpunktregion der Stiftungstätigkeit. Über ein Länderprogramm will die PH jedes Jahr ein europäisches Land ins Zentrum ihrer Aktivitäten rücken. Dabei sollen sich die vier Nachbarländer und die übrigen europäischen Nachbarn abwechseln.
Kooperation statt Kampf
Den kulturpolitische Führungsanspruch, den Knüsel für seine Institution reklamiert, ist jedoch nicht als Kampfansage an die anderen «Player» gedacht, welche in der Kulturpolitik des Bundes agieren: Dies sind das Bundesamt für Kultur (BAK), die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), das noch junge Kompetenzzentrum für Kultur-Aussenpolitik (KKA) des Aussenministeriums sowie die Stiftung Präsenz Schweiz (PRS).
Pragmatische Zusammenarbeit statt Konkurrenz, so das Motto der Pro Helvetia. Zwar räumt Knüsel ein, dass die Zusammenarbeit mit den anderen kulturpolitischen Schnittstellen des Bundes der schwierigste, weil politischste Teil sei. «Doch ist die Gegenwart weniger katastrophal, als man von aussen den Eindruck haben könnte», relativiert er.
Damit tönt er auf die von Kulturminister Pascal Couchepin angetönten Gelüste an, die Pro Helvetia ins Bundesamt für Kultur zu integrieren. Knüsel hatte diesem Vorhaben bereits in einem Zeitungs-Interview vor zwei Wochen eine dezidierte Absage erteilt.
Schriftliche Kompetenzregelungen
Mit der DEZA und Präsenz Schweiz bestünden bereits schriftliche Vereinbarungen. Diese Organisationen betrauten die Pro Helvetia mit Kulturprojekten und würden diese auch finanzieren, so Knüsel.
Für die neuen Kompetenzzentren für Kultur-Aussenpolitik des EDA regt Knüsel an, dass jede Schweizer Botschaft im Ausland kleine Rahmenkredite für kulturelle Aktivitäten erhalten solle.
Die einzelnen Projekte würden dann unter Federführung der Pro Helvetia umgesetzt. Ein entsprechendes Abkommen könne hoffentlich noch dieses Jahr unter Dach gebracht werden, sagte Yvette Jaggi.
Spardruck mit ausschlaggebend
Gründe für die Änderung der Auslandstrategie seien unter anderem der Spardruck des Bundes, der Rückzug des Bundesamtes für Kultur von Auslandverpflichtungen und der Beitritt der mittelosteuropäischen Länder zur Europäischen Union, wie Jaggi ausführte.
Ausschlaggebend ist aber auch die gegenwärtig laufende Revision des Kulturartikels in der Schweizer Verfassung. «Der Positionsbezug ist auch wichtig für die Gesetzesarbeit, wir wollen unsere begründeten Ansprüche geltend machen», so Direktor Knüsel.
swissinfo, Renat Künzi
Die Kulturstiftung gibt jährlich rund 14 Mio. Franken für Ausland-Projekte aus. Das entspricht rund 60% ihrer Gelder.
Die Aktivitäten, welche Pro Helvetia im Auftrag der DEZA in Südost-Europa und der Ukraine koordiniert, kosten jährlich 3,5 Mio. Franken.
Zurzeit arbeiten rund 40 Personen im Ausland für Pro Helvetia.
Die Pro Helvetia steht unter politischem Druck:
Kulturminister Couchepin hat die Integrations ins Bundesamt für Kultur in Erwägung gezogen.
Darauf hatte PH-Direktor Pius Knüsel mit einer Offensive geantwortet. In seiner «Vision 21» verlangte er die Übernahme der Schweizer Filmförderung vom BAK.
Auch sollen alle Schweizer Botschaften zu Ausland-Stützpunkten der Pro Helvetia werden.
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