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Rock gegen Asyl- und Ausländergesetz

Schweizer Musikerinnen und Musiker singen gegen das geplante Asyl- und Ausländergesetz. rockdown.ch

Rapper, Rockmusiker und andere Künstler aus der Schweiz kämpfen mit einer Doppel-CD gegen das verschärfte Asyl- und Ausländergesetz. Die Referendums-Abstimmung findet am 24. September statt.

«Rock Down Asylgesetz/Ausländergesetz» mit Aufnahmen aus allen «Städten und Seitentälern» ist zudem ein spannender Querschnitt durch die aktuelle Schweizer Musikszene.

Mit der Revision des Asylgesetzes will der Bundesrat das Asylverfahren, die Wegweisungsentscheide und den Vollzug des Gesetzes, wie er schreibt, «den neuen Herausforderungen» anpassen. Was konkret heisst, das Gesetz wurde verschärft.

Gegen das Asyl- und das Ausländergesetz wurde von linker Seite das Referendum ergriffen. Am 24. September findet die Volksabstimmung statt.

Zur Unterstützung des Referendums macht ein Grossteil der Schweizer Rock- Pop- und Songwriterszene mit der 2-CD-Box mit dem holperigen Titel «Rock Down Asylgesetz/Ausländergesetz» mobil.

Immer wieder

Das Vorgehen, Musik als Initialzünder für politische Absichten oder bei Abstimmungen einzusetzen, ist weder in der Schweiz noch anderswo neu.

Die Schweizer Musikszene rockte schon früher politisch. So gegen den Kampfflieger F/A-18. Im Jahr 1993 ging dann die Abstimmung trotzdem verloren. 57% der Stimmberechtigten sprachen sich für den umstritten Kampfjet aus.

Schon seit einiger Zeit auf dem Markt ist auch der Sampler «music4hemp». Hinter diesem Namen haben sich Persönlichkeiten aus der Schweizer Musik- und Kulturszene zusammengeschlossen mit dem Ziel, die öffentliche Auseinandersetzung über einen vernünftigen Umgang mit der psychoaktiven Substanz Cannabis anzuregen.

Und nun versucht «Rock down» das verschärfte Asyl- und Ausländergesetz zu Fall zu bringen. Die meisten Presseberichte würden sich positiv zum Unterfangen äussern, sagte Christian Trunz, der Koordinator der CD, gegenüber swissinfo.

Bringts was oder bringts nichts?

Einer, der aus der Reihe tanzt, ist der Musikkritiker Jean-Martin Büttner vom Zürcher Tages-Anzeiger. Er steht der «Vermischung von Rock, Politik und Wohltätigkeit» skeptisch gegenüber und meint: «Man muss nicht so weit gehen wie die britische Kolumnistin Julie Burchill, nach der es keine bessere Art gebe, eine politische Botschaft zu kastrieren, als sie mit einem pulsierenden Backbeat zu unterlegen.»

Trunz dagegen ist überzeugt, dass sich ein solcher musikalischer Weckruf schon lohnt. «Sonst müssten wir den Einsatz ja gar nicht leisten.» Er hofft, dass vor allem junge Leute angeregt werden, an die Urne zu gehen, «wenn sie sehen, dass ihre Lieblingsinterpreten auch dagegen sind und das auch öffentlich ausdrücken».

Erste Auflage verkauft

Die Verkäufe der Doppel-CD stimmen Trunz optimistisch. Bereits ist die erste Tranche von 3000 Kopien ausverkauft. Das bei einem Verkaufspreis von deutlich über 33 Franken. Das Geld soll mithelfen, die Kosten des Referendums zu decken.

Den Vertrieb hat RecRec-Music in Zürich übernommen. Seit Jahren die erste Adresse für Independent-Sachen. RecRec-Finanzchef Jürg Siegenthaler sagt, dass die CD-Läden ihre Umsatzmarche – wie bei jeder andern kommerziellen CD – behalten würden. Einzig der Reinerlös kommt dem Initiativkomitee zu Gute.

Für Siegenthaler gelten solche politischen Sampler in der Regel als Sammelstücke. «Denn eine solche Zusammenstellung von Interpreten und Bands gib es in der Regel nicht auf dem Markt», sagt er.

«Solche verkaufen sich deshalb recht gut – aber damit gewinnt niemand eine Abstimmung.»

Guter Querschnitt

Und was ist zu hören auf «Rock Down Asylgesetz»? 38 Bands und Interpreten aus der ganzen Schweiz stellten ein Stück gratis und franko zur Verfügung. «Acht davon haben gar eigens für das Thema des Samplers ein Stück geschrieben», sagt Trunz.

Im Booklet steht, dass hier «der Soundtrack für den Sommer 2006 kommt mit Liedern für Eingeborene und Zuwanderer».

Mit dabei sind die etablierten Züri West, Stiller Haas oder die Bucks. Dann der Kabarettist Franz Hohler, der wieder mal sein Cello ausgepackt hat. Sens Unik aus der Westschweiz, aber auch der wenig bekannte Kosovo-Rapper LuLDxE und Bundesratssohn Christoph Schmid mit Band.

Aus allernächster Nähe kennt der kamerunisch-schweizerische Doppelbürger Nega das Gesetz, gegen das er eine Aufnahme beigesteuert hat. «Auch ich würde nach einer Annahme wohl benachteiligt werden», sagt er.

Wer sich durch die 38 Aufnahmen der CD «Rock Down Asylgesetz» hört, muss ein toleranter und «gwundriger» Zuhörer sein.

Die CD bietet so viele Stilrichtungen und Sounds, wie nur denkbar. Ein gutes Spiegelbild der heutigen Schweiz. Gegen diese Vielfalt steht das verschärfte Asylgesetz, und gegen dieses wiederum steht – wie es in der Mitteilung etwas martialisch heisst – das «Gegenfeuer der Rocker und Rapper».

swissinfo, Urs Maurer

Das Referendum gegen die Änderung des Asylgesetzes ist mit über 90’000 beglaubigten Unterschriften zu Stande gekommen. Abstimmungstermin ist der 24. September.

Gleichzeitig wurde auch das Referendum gegen das Ausländergesetz ergriffen, das eng mit dem Asylgesetz verflochten ist. Es kam mit über 74’000 Unterschriften zu Stande.

Das neue Asylgesetz setzt die Sozialhilfe an abgewiesene Asylbewerber aus und verdoppelt die potentielle Inhaftierungszeit für Menschen, die auf ihre Zwangsausweisung warten, auf 2 Jahre.

Die Aufnahme wegen humanitärer Gründe wird ausgeschlossen. Erleichtert wird dagegen der Familiennachzug und die Arbeitserlaubnis im Fall einer provisorischen Aufenthaltserlaubnis.

Das neue Ausländergesetz bevorzugt Bürger aus Staaten der Europäischen Union (EU) und beschränkt die Einwanderung von Nicht-Europäern auf hochqualifizierte Menschen.

«Rock Down Asylgesetz/Ausländergesetz» ist eine Doppel-CD, auf der insgesamt 38 Bands und Interpreten aus der Schweiz gegen das neue Asyl- und Ausländergesetz kämpfen.

Viele der Interpreten sind Secondos.

Der Reinerlös kommt den Referendumskomitees zu Gute.

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