UBS-Affäre überschattet USA-Besuch von Leuthard
Der bevorstehende Prozess gegen die UBS vor einem Gericht in Miami ist zwar auch ein Thema, steht aber nicht im Zentrum der politischen Gespräche während der USA-Reise von Bundesrätin Doris Leuthard. Die lokalen Medien interessiert jedoch praktisch nur die UBS.
Zentrales Anliegen der Wirtschaftsministerin war es, ihre Kontakte mit der Regierung von Präsident Barack Obama zu vertiefen.
So traf sie in Washington unter anderem Christina Romer, die Vorsitzende des Wirtschaftsrates von Obama sowie den Handelsbeauftragten Ron Kirk.
Dabei gings vor allem um die Bekämpfung der Wirtschaftskrise und der Arbeitslosigkeit sowie um den Welthandel.
Überschattet wird der Besuch vom Prozess gegen die UBS, der am Montag in Miami beginnt. Leuthard kam denn auch nicht umhin, sich zur UBS zu äussern, vor allem gegenüber lokalen Pressevertretern.
Das Thema interessiere die Medien viel mehr als ihre Gesprächspartner, sagte sie. Aber auch, dass sie bei ihren Treffen Gelegenheit hatte, die Position der Schweiz darzulegen.
Eine Eingabe jagt die andere
Die US-Steuerbehörden fordern von der grössten Schweizer Bank die Herausgabe von Daten zu 52’000 Konten. In den letzten Tagen ist es praktisch jeden Tag zu neuen Eingaben vor Gericht gekommen, vom US-Justizministerium, der beklagten UBS und der Schweizer Regierung.
In einer Eingabe an das Gericht in Miami hat die Schweiz nochmals bekräftigt hat, dass es der UBS auch auf richterliche Anordnung aus den USA hin verboten wäre, die geforderten Daten zu 52’000 Konten an die US-Steuerbehörde zu liefern. Nötigenfalls werde der Bundesrat der UBS die Herausgabe der Daten verunmöglichen.
Nun will der zuständige Richter vom US-Justizministerium bis Sonntag wissen, ob sie Schritte wie eine «Zwangsverwaltung und/oder Beschlagnahmung der Vermögenswerte der UBS» in Betracht ziehe.
Eine solche Massnahme könnte vom Gericht angeordnet werden, falls die UBS einer allfälligen gerichtlichen Anordnung zur Herausgabe der Daten nicht Folge leisten oder von der Schweizer Regierung daran gehindert würde, schrieb der Richter.
Leuthard zu UBS und Wirtschaftskrise
In einer Rede vor der Schweizerisch-Amerikanischen Handelskammer (SACC) in New York betonte die Bundesrätin am Mittwoch, dass die Schweiz einer der wichtigsten Handelspartner der USA sei. Von der guten Freundschaft profitierten beide Länder.
Umgekehrt habe die Finanzkrise, die von den USA ausging, auch die Schweiz hart getroffen. In der Krise müsse man nun zusammenspannen, um wieder finanzielle Stabilität zu erlangen.
Das gelte auch mit Blick auf die UBS, erklärte Leuthard: Das Geschäft der UBS in Amerika sei grösser als jenes in der Schweiz.
Keine Drohung
Leuthard sprach vor Medienvertretern auch das neu ausgehandelte Doppelbesteuerungs-Abkommen zwischen der Schweiz und den USA an. Falls der Steuerstreit nicht gelöst werde, seien die Chancen, dass das Schweizer Parlament dem Abkommen zustimmen werde, geringer. «Ich kenne mein Parlament. Es wird die gesamte politische Lage in Betracht ziehen, wenn es einen solchen Entscheid fällt.»
Angesprochen auf die neusten Entwicklungen (die Schweiz hatte noch einmal deutlich gemacht, dass sie die Herausgabe von Kontendaten an die US-Steuerbehörde IRS nötigenfalls verunmöglichen werde) sagte Leuthard, diese Position – vorerst eine Option – werde die Schweiz auch vor Gericht vertreten.
«Das ist keine Drohung gegenüber den USA», sagte Leuthard. Die Schweizer Regierung verstehe sich als «Moderatorin» und hoffe, dass man sich auf einen aussergerichtlichen Vergleich werde einigen können.
Die UBS habe Fehler begangen, dafür müsse sie selbstverständlich gerade stehen. Die Schweiz verstehe auch, dass die USA wollten, was ihnen zustehe. Um an die Daten zu kommen, müsse aber das Schweizer Recht genauso respektiert werden wie das der USA.
Finanzielle Stabilität vor Augen
Ein Rechtsstreit, der sich über Jahre hinziehen könnte, sei weder im Interesse der Schweiz noch der USA.
Leuthard zitierte auch den Kollaps von Lehman Brothers, den grössten Bankrott in der Geschichte der USA, als Warnung dafür, die UBS nicht an den Rand des Ruins zu drängen.
«Wenn solch grosse Banken schwerwiegende Probleme haben, bedroht dies die finanzielle Stabilität massiv», unterstrich Leuthard. Und das könne nicht im Interesse der USA sein. «Wir haben im vergangenen Jahr lernen müssen, dass die finanzielle Stabilität erste Priorität hat – das sollte man auch in diesem Fall mit in Betracht ziehen.»
Rita Emch, New York, swissinfo.ch
Die UBS setzt derweil ihre Bemühungen zum Rückzug aus dem grenzüberschreitenden US-Geschäft fort. US-Kunden, die noch nicht auf den Ausstiegsplan der UBS reagiert haben, wird seit dem 1. Juli 2009 der Zugriff auf ihr Konto vorerst verwehrt.
Zehntausende von US-Kunden wurden in den letzten Monaten von der UBS angeschrieben und über den Plan informiert. Die US-Kunden wurden aufgefordert, der Bank mitzuteilen, ob die Depotwerte auf eine in der USA lizenzierte Gesellschaft überwiesen oder in Form eines Checks ausbezahlt werden sollen.
Die Kunden müssen davon ausgehen, dass die Transaktion den Steuerbehörden ihres Landes bekannt wird.
Da es sich bei einem ansehnlichen Teil der Vermögen um nichtdeklarierte Gelder handeln dürfte, riskieren die Betroffenen hohe Nachsteuern oder sogar Gefängnisstrafen.
Die UBS empfiehlt ihnen, eine freiwillige Deklaration zu erwägen.
Die US-Steuerbehörde IRS offeriert bis Ende September einen reduzierten Straftarif.
Die Schweizer Exporte in die USA fielen zwischen Januar und Mai 2009 mit 7,5 Mrd. Franken um 12,1% tiefer aus als im Vorjahr. Noch schärfer war der Einbruch bei den Importen mit -15,3% auf 4,2 Mrd. Franken, wie die Zahlen des Eidg. Volkswirtschafts-Departements (EVD) zeigen.
Besonders hart getroffen hat es den Schweizer Werkzeugmaschinenbau.Nur schon in den ersten drei Monaten des Jahres hätten sich die Ausfuhren des Sektors in die USA um 45% verringert. Stark unter Druck kamen auch die Schweizer Uhrenexporte, mit einem Rückgang bis Mai zum Vorjahr um 42,5%.
Im Jahr 2008 war der bilaterale Handel noch solide gewachsen, die Schweizer Exporte hatten sich um 3,3% auf 20,7 Mrd. Fr. erhöht, die Importe waren um 2% auf 11,4 Mrd. Fr. angestiegen.
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