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Zückerchen für Atomgegner

Brennelementlager des Kernkraftwerks Leibstadt. Keystone Archive

Der Ständerat lehnt zwei atom-kritische Initiativen ab. Hingegen beschloss er ein Moratorium für die Wieder-Aufbereitung abgebrannter Brennstäbe.

Abgebrannte Brennstäbe aus schweizerischen Kernkraftwerken sollen nach Auslaufen der Verträge Mitte 2006 nicht mehr zur Wiederaufbereitung nach La Hague und Sellafield exportiert werden.

Mittelweg Inderkum

Der Bundesrat beantragte, die Wiederaufbereitung zu verbieten, weil dabei Radioaktivität in die Umwelt entweiche, das Meer verseucht werde und überdies gefährliches atomwaffenfähiges Plutonium entstehe. Schliesslich setzte sich der Vermittlungsantrag von Hansheiri Inderkum (CVP) durch.

Das zehnjährige verlängerbare Moratorium für die Wiederaufbereitung mache aus dem neuen Kernenergiegesetz einen tauglichen indirekten Gegenentwurf zu den beiden Atominitiatien, sagte Inderkum. Wiederaufbereitung sei nicht nötig, um die Option Kernenergie offenzuhalten.

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Wirtschaftlich bis riskant

Die vorberatende Kommission hatte die Wiederaufbereitung unter den heutigen Bedingungen weiter zulassen wollen. Die Mehrheit halte sie für eine erprobte und sichere Recycling-Technik, sagte die freisinnige Erika Forster. Ohne Behandlung entstünden 35 Kubikmeter Atommüll, mit Behandlung nur sieben, ergänzte der freisinnige Rolf Büttiker. So werde das Uran nachhaltig genutzt.

Physikprofessor Gian-Reto Plattner (SP) entgegnete, die Wiederaufbereitung sei eine «Sauerei». Ein Unglück in La Hague hätte grauenhafte Folgen, grosse Teile Europas könnten unbewohnbar werden. Diese «äusserst dreckige» und veraltete Technologie sei weder ökologisch noch wirtschaftlich.

Bundespräsident Moritz Leuenberger zeigte sich überzeugt, dass der Bau einer Wiederaufbereitungs-Anlage in der Schweiz unmöglich wäre. Es sei ethisch nicht vertretbar, das Entsorgungsproblem zu exportieren. Bei der Kernenergie gebe es nie einen Konsens. Die Initiativen hätten durchaus eine Chance.

Kein Kantonsveto

Das neue Kernenergiegesetz hiess der Ständerat mit 27 zu 4 Stimmen gut. Es unterstellt die grundlegende Erneuerung und den Bau neuer Atomanlagen dem fakultativen Referendum, wobei die letzten Entscheide über Rahmenbewilligungs-Besuche dem Parlament zustehen. Ein Vetorecht der Standortkantone wird ausgeschlossen.

Radioaktive Abfälle sollen «grundsätzlich» im Inland entsorgt werden. Im Ausnahmefall sind Exporte ins Ausland indes möglich, wenn dort der schweizerische Sicherheitsstandard garantiert ist. Russland, zurzeit einziger potentieller Abnehmer, erfülle diese Auflage nicht, sagte Erika Forster.

Greenpeace bezeichnete das nur befristete Verbot der Wiederaufbereitung nach der Debatte als «verantwortungslose Drückebergerei». Die Initianten forderten vom Nationalrat weitere Korrekturen hin zum Atomausstieg. Die Schweizerische Energiestiftung sah das Moratorium wenigstens als Lichtblick.

swissinfo und Agenturen

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