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Zusammensetzung des Bundesrats bleibt kontrovers

Keystone

Nach den klaren Ergebnissen der eidgenössischen Parlamentswahl hält die Debatte über die künftige Zusammensetzung der Schweizer Regierung an.

Die Grünen drängen in den Bundesrat. SVP und FDP möchten das Gremium verjüngen und die Departemente umverteilen.

Am Tag Zwei nach den eidgenössichen Wahlen gibt es in der Schweizer Presse keinen einheitlichen Tenor.

Während die Basler Zeitung den Anspruch der Grünen auf einen Sitz im Bundesrat für legitim hält, plädiert Der Bund für eine Departements-Rochade.

«Wenn Sozialminister Couchepin und wahrscheinlich auch Umweltminister Leuenberger 2009 oder 2010 zurücktreten, ist es an der Zeit, dass die SVP im Zuge einer grösseren Rochade ein Schlüsseldepartement übernimmt», schreibt der Bund-Kommentator: «Wer mehr Macht bekommt, hat auch mehr Verantwortung.»

Suche nach Verantwortlichen

So lange wollen einzelne Exponenten der Freisinnig-Demokratischen Partei (FDP) allerdings nicht warten. Nach der Wahlniederlage sind sie auf der Suche nach Verantwortlichen.

Einen solchen haben die wiedergewählten FDP-Nationalräte Otto Ineichen und Filippo Leutenegger auch ausgemacht. Sie werfen Bundesrat Pascal Couchepin vor, mit negativen Äusserungen gegen Justizminister Christoph Blocher der Partei einen «enormen Imageschaden» zugefügt zu haben.

Leutenegger rief den Innenminister dazu auf, künftig auf Provokationen zu verzichten. Falls er dies nicht freiwillig tue, brauche es eine Abmachung zwischen der Partei und Couchepin – andernfalls riskiere er, von einem Teil der Fraktion am kommenden 12. Dezember nicht mehr als Bundesrat gewählt zu werden, sagte Leutenegger.

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Kritik an den Kritikern

Bei der FDP selbst wollte man diese auch in verschiedenen Zeitungen wiedergegebene Kritik am Verhalten des Innenministers nicht kommentieren.

FDP-Präsident Fulvio Pelli mahnte zur Ruhe. Das Ersetzen eines Bundesrates sei eine «schwierige Operation», sagte er. Es gebe Bewegungen, die auch gefährlich werden könnten. Ruhiges Überlegen sei die Antwort und nicht das schnelle Lancieren von Lösungen über die Medien.

Die ehemalige FDP-Präsidentin und alt Ständerätin Christiane Langenberger zeigte sich empört über die parteiinternen Abwahlpläne für einen eigenen Bundesrat.

Alt FDP-Bundesrat Rudolf Friedrich wies die Schuldzuweisung an Couchepin als zu kurz greifend zurück. Der Bundesrat trage nicht allein die Schuld. Den Misserfolg auf die Äusserungen zur SVP zurückzuführen sei «allzu billig». Es gebe sehr viel tiefer liegende Gründe.

In Couchepins Departement des Innern (EDI) wollte man sich ebenfalls nicht näher äussern. Man habe die Vorwürfe zur Kenntnis genommen, hiess es.

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Bundesrat

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Der Bundesrat ist die Schweizer Regierung (Exekutive). Sie besteht aus sieben Mitgliedern, die alle vier Jahre vom Parlament (Vereinigte Bundesversammlung) gewählt oder bestätigt werden. Ein Mitglied der Landesregierung wird «Bundesrat» oder «Bundesrätin» genannt. Jeder Bundesrat, jede Bundesrätin, steht einem Departement als Minister oder Ministerin vor. Aus ihrer Mitte wird jährlich abwechselnd nach Amtsdauer der Bundespräsident…

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«Massenrücktritt»?

Der Präsident der siegreichen Schweizerischen Volkspartei (SVP) hatte bereits am Wahlabend erklärt, die SVP würde es begrüssen, wenn die amtsältesten Bundesräte zugunsten jüngerer, unverbrauchter Kräfte bereits auf die kommenden Bundesratswahlen im Dezember zurücktreten würden.

Er nannte dabei den sozialdemokratischen Bundesrat Moritz Leuenberger, Pascal Couchepin sowie SVP-Bundesrat Samuel Schmid. Ein Dreier-Rücktritt würde der Landesregierung wieder neuen Schwung geben.

Grüne für SVP-Rauswurf

Ermuntert durch den Wahl-Erfolg der Grünen, dachte Parteipräsidentin Ruth Genner laut über einen Rauswurf der SVP aus dem Bundesrat nach. Es gehe um die Frage, ob die Regierung Willens sei, ökologischer und sozialer zu handeln.

Dafür brauche es eine Konkordanzregierung, die auf der Basis eines minimalen Konsenses regiere. Dieser minimale Konsens sei derzeit nicht vorhanden. Darum gelte es, Allianzen für einen solchen Grundkonsens zu finden.

swissinfo und Agenturen

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Konkordanz

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Unter Konkordanz versteht man die unablässige Suche eines Gleichgewichts oder eines Kompromisses sowohl zwischen Parteien wie auch zwischen den verschiedenen sprachlichen, sozialen und politischen Kulturräumen, welche die Schweiz ausmachen. Einer der offensichtlichsten Aspekte des Konkordanzsystems ist die Aufteilung der sieben Bundesrats-Sitze auf die wichtigsten Parteien nach ihrer proportionalen Wählerstärke, unter Respektierung des sprachlichen Gleichgewichts der…

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Ausser über den Bundesrat wird auch über eine wichtige Personalie in der Bundeskanzlei diskutiert: Amtsinhaberin Annemarie Huber-Hotz (FDP) tritt nicht mehr an.

Nach ihrem Wahlsieg hat die SVP ihren Anspruch auf den Posten bekräftigt.

Als 8. Bundesrat im Gespräch sind die stellvertrende Generalsekretärin des Volkswirtschaftsdepartements, Nathalie Falcone sowie SVP-Generalsekretär Gregor Rutz.

Genannt wird auch eine CVP-Anwärterin, Vizekanzlerin Corina Casanova.

Die Parlamentswahlen vom vergangenen Wochenende kosten die Eidgenossenschaft rund 7,5 Millionen Franken.

Die Steuergelder werden für die schriftlichen Wahlinformationen sowie EDV-Infrastruktur des Bundes verwendet. Nach Aussage von Hans-Urs Wili von der Bundeskanzlei entsprechen die Wahlkosten ungefähr des Kosten für eine Volksabstimmung.

Hinzu kommen die Wahlkosten der Kantone, die sich zwischen einigen 10’000 Franken (kleine Kantone) und 1,3 Millionen (grosse Kantone) bewegen.

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