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Asien: Hühner von Gänsen trennen

Südostasiens Kleinbauern leben sehr nahe mit ihren Haustieren zusammen. Keystone

Die Schweiz ergreift im Kampf gegen die Vogelgrippe nicht nur Massnahmen im Landesinnern, sie unterstützt auch die UNO-Landwirtschafts-Organisation FAO.

Der Bundesrat gab dazu jüngst 4,8 Mio. Franken frei. An vorderster FAO-Front kämpfen zwei Auslandschweizer mit.

Im Kampf gegen die Vogelgrippe und das gefährliche Virus H5N1 ist Asiens Rolle zentral. Als zentral gilt auch die Rolle von zwei Schweizern: Samuel Jutzi und Anton Rychener.

Jutzi ist Direktor für die Abteilung Tierproduktion und –gesundheit bei der FAO, der UNO-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft. In der FAO-Zentrale in Rom koordiniert Jutzi den Kampf gegen die mögliche Vogelgrippen-Katastrophe.

Rychener ist FAO-Verantwortlicher für Vietnam, wo er die Hilfsprogramme koordiniert. Vietnam gilt als Schlüsselland bei der Verbreitung des Vogelgrippe-Virus, das dort inzwischen endemisch ist. Durch blosse Ausmerzungs-Aktionen ist ihm nicht mehr beizukommen.

In den südostasiatischen Ländern wird die Geflügel-Produktion sehr intensiv betrieben. Südchina gilt wegen seiner intensiven Landwirtschaft auf engem Raum traditionell als Brutkasten der sich jährlich ändernden Grippe-Erreger.

Bundesrat spricht 4,8 Mio. Franken für FAO-Präventivpaket

Kürzlich hat die Schweizer Regierung entschieden, den Kampf der FAO in Asien vor Ort mit 4,8 Mio. Franken zu unterstützen.

Schon vor Monaten war von der FAO ein Präventivpaket ausgearbeitet worden. «100 Mio. Dollar waren damals von der FAO verlangt worden, um den sechs infizierten Ländern unter die Arme zu greifen», sagt Jutzi gegenüber swissinfo.

«Jetzt, wo das Virus praktisch in Europa angekommen ist, dürften die Kosten auf 150 Mio. Dollar gestiegen sein.»

Jutzi sagte bereits Anfang Jahr in Ho Chi Minh City, Vietnam, die FAO-Strategie bestehe darin, die Krankheit an ihrem Ursprung zu fassen: «Wir gehen davon aus, dass die Vogelgrippe noch während vielen Jahren in jenen Ländern vorkommen wird, die 2004 und 2005 Krankheits-Ausbrüche verzeichneten.»

Im Gegensatz zu den Niederlanden und Italien, die ebenfalls bereits Vogelgrippe-Epidemien bewältigten. In Holland war das Virus nach dreieinhalb Monaten völlig ausgerottet, in Italien ging man mit Impfungen vor. «Nur hat das ganze rund 200 Mio. Euro gekostet», so Jutzi.

Präventionspolitik muss in Asien beginnen

Anton Rychener setzt sich seit längerer Zeit bei den vietnamesischen Behörden und Produzenten für eine effektive Präventionspolitik ein. Es gehe dabei nicht nur um die Tiere, die bei Virusbefall zu 100% sterben, was viele Menschen um Verdienst und Nahrung bringt.

Der Import von Vögeln, Geflügelfleisch, Eiern und Federn aus den betroffenen Ländern nach Europa ist längst untersagt. Es geht also auch um die Gefahr, dass dieser besonders aggressive Erreger erstens vom Tier vermehrt auf Menschen überspringt und zweitens die Möglichkeit besteht, dass er zu einem Virus mutiert, das von Mensch zu Mensch übertragen wird.

Aufgrund der Tatsache, dass in Asien rund der Hälfte der von Tieren angesteckten Personen die Ansteckung nicht überleben, wird befürchtet, dass eine entsprechende Grippe-Epidemie unter Menschen viel mehr Opfer fordern könnte als eine normale Grippe.

Einen Impfstoff gegen das H5N1-Virus, was den Befall des Menschen betrifft, gibt es zur Zeit noch nicht. «Mit einer Prävention im Tierbereich reduziert man auch das Risiko, dass eine menschliche Epidemie daraus wird», sagt Jutzi.

Einen tierischen Impfstoff gibt es hingegen. «Die FAO erhält ihn aus China und den Niederlanden», bestätigt Rychener gegenüber swissinfo.

Änderungen in der Tierhaltung

UNO-Gesundheitsspezialisten betonen seit Jahresbeginn, dass dem Virus nur mit einer totalen Abkehr von der traditionellen Methode der Vogel- und Haustierhaltung in Südostasien beizukommen ist.

Vor längerer Zeit schon wurde beobachtet, dass das Virus von den Vögeln auf andere Tiere übertragen wird, was sonst bei Grippeviren nicht der Fall ist. Ausserdem fand man heraus, dass Enten das Virus zwar weiterverbreiten, aber selbst keine Symptome zeigen.

Nun halten aber Millionen von asiatischen Kleinbauern Geflügel und Kleinvieh gemischt unter schlechten sanitären Bedingungen nahe bei ihrer eigenen Unterkunft.

Diagnostische Überwachung, Forschungslabor an Ort

Dazu kommen die Verhältnisse auf den asiatischen Geflügelmärkten, wo die Vögel verschiedener Arten immer lebend gehandelt werden, weil Kühlkapazitäten für die Lagerungen fehlen. Dies erhöhe, so die FAO, die Infektionsgefahr ungemein.

Vielen dieser Länder fehle es wie in Vietnam an diagnostischen und Überwachungs-Kapazitäten sowie an epidemologischen Forschungslabors, um vor einer frühen Virus-Verbreitung zu warnen.

Hier braucht es finanzielle Unterstützungen von aussen. Was die diesbezügliche Zusammenarbeit zwischen den Landesbehörden und den Wissenschaftern betrifft, ist sie laut Rychener ausgezeichnet geworden.

swissinfo, Alexander Künzle

Allein in Vietnam sollen rund 14 Mio. Haushalte Hühner, Enten, Gänse und anderes Geflügel halten.

Dabei leben die verschiedenen Haustierarten und die Menschen auf dem Hof nahe beeinander.

Damit kann das Vogelgrippe-Virus leicht die Artengrenze überspringen und auch den Menschen befallen.

Asiatische Landwirte sollten laut FAO ihre Tierarten voneinander trennen und sich vor zu nahem Kontakt mit ihnen schützen.

Die Ernährungs- und Landwirtschafts-Organisation FAO ist eine UNO-Organisation.
In Genf wird vom 7. bis zum 9. November ein Meeting der Weltgesundheits-Organisation WHO, der FAO, der Welt-Tiergesundheits-Organisation und der Weltbank zur Vogelgrippe stattfinden.
Der Bundesrat entschied kürzlich, 4,8 Mio. Franken für das FAO-Präventivpaket in Sachen Vogelgrippe zu überweisen.
Samuel Jutzi ist Direktor der FAO-Abteilung Tierproduktion und –gesundheit.
Anton Rychener ist FAO-Verantwortlicher in Vietnam, und koordiniert die Hilfsprogramme.

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