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Berg- und Wandersommer als Hoffnungsträger

Der Schweizer Tourismus hofft auf eine grosse Anzahl das Matterhorn besuchender Wanderer. Keystone Archive

An der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin stellte die Schweiz als Reiseland ihre Angebote zum Wanderjahr 2004 vor.

Die weltgrösste Tourismusmesse wurde überschattet durch das Attentat in Madrid. Die Branche zeigt sich mit Spanien solidarisch. Sie stellt keinen Buchungseinbruch fest.

Im weltweiten Tourismus gilt das Jahr 2003 laut der Welt Tourismus Organisation (WTO) als das “schwärzeste“ überhaupt: Die internationalen Ankünfte fielen um 1,2% auf 694 Mio. – «der stärkste Rückgang, der je festgestellt wurde», schreibt die WTO an der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin.

Trendwende trotz Madrid?

Auch in der Schweiz wurde 2003 mit 64 Mio. Übernachtungen ein Tiefpunkt erreicht. 1990 waren noch 78 Mio. gezählt worden. Dennoch figuriert die Tourismusbranche mit Einnahmen von 12, 2 Mrd. Fr. allein aus dem Ausland bei den Exportindustrien weiterhin als Auf Rang 3 – nach der Maschinen- und Chemiebranche, aber noch vor der Uhrenindustrie.

Im Vorfeld der ITB konnten europäische Reiseveranstalter laut dem Messebericht ein zaghaftes Anziehen der Ferienbuchungen feststellen. Dann, ein Tag vor Messebeginn, der schreckliche Terroranschlag in Madrid. «Die spanischen Aussteller finden sich nach dem Anschlag nur schwer im Messealltag zurecht», schreibt die ITB-Messezeitung. «Alle Aktionen sind abgesagt.»

Spanien, mit 52,4 Mio. Ankünften pro Jahr weltweit ein Schwergewicht unter den Reiseländern, ist sich der Solidarität der Branche sicher. Ein deutscher Reisebüro-Sprecher bestätigte an der Messe, dass bisher weder grosse Anfragen noch Stornierungen von Buchungen angefallen seien.

Wandersommer 2004: Von GPS-Wandern bis Nordic Walking

Vor dem Attentat ging die nationale Marketingorganisation «Schweiz Tourismus» für 2004 im Einklang mit der europaweiten Konjunkturverbesserung von einem leichten Wachstum aus.

«Schweiz Tourismus» stellte in Berlin die neuesten Angebote aus dem Bergsommer-Programm der Schweiz vor: Das Land verfügt über ein 65’000 km langes Wandernetz. Neu biete der Nationalpark in Graubünden GPS-geführte Wanderungen an. Einige Regionen offerieren Swiss Walking oder Nordic Walking-Angebote.

Web-Wanderrouten-Sucher

Im Wallis ist als Neuheit eine Weitwandertour vom Grossen St. Bernhard über Emosson nach St Maurice eröffnet worden. Graubünden vermarktet die 65 km umfassenden historischen Pfade der Via Spluga zwischen Thusis und Chiavenna als Kulturwanderung.

Rund ums trendige High-Tech-Wandern sagt Jürg Schmid, Direktor von «Schweiz Tourismus», gegenüber swissinfo: «Es gibt einen neuen Wanderrouten-Sucher, der die 100 attraktivsten Wanderrouten vorstellt. In MySwitzerland.com steht ausserdem Kartenmaterial im Massstab 1:100’000 sowie Höhenprofile zur Verfügung.»

Wer in seiner Wanderausrüstung ein GPS-Gerät habe, so Schmid, lade sich die jeweiligen Koordination einfach gratis runter.

Schweizer Ku(h)riosität

Grosses Echo fand in Berlin die neueste Schweizer Ku(h)riosität: Auf der Alp Tschingelfeld im Berner Oberland könne man nun statt Autos Kühe leasen, sagt Christina Marzluff, ST-Direktorin Deutschland, zu swissinfo. «Gegen eine Leasinggebühr und das Versprechen gegenüber dem Senn, hin und wieder beim Melken selbst Hand anzulegen, kann jetzt ein Tourist Alp-Wirtschaft betreiben. Im Herbst vor dem Alpabzug erhält er dann zwischen 70 und 120 kg Bergkäse.»

In der Zwischenzeit versorge die Älplerfamilie die geleaste Kuh. Doch sei das Zoll-Prozedere für die deutschen Touristen noch nicht geregelt, fügte sie hinzu.

ST verweist auch auf das 200-jährige Jubiläum der Uraufführung des Schillerschen Theaterstücks „Wilhelm Tell“ in Weimar. Die Idee zu diesem Bühnenstück habe Schiller von Johann Wolfgang von Goethe erhalten, welcher der Geschichte auf seiner Schweizer-Reise begegnet ist.

Schweiz – ein Opfer der Globalisierung und der eigenen Kartelle

Die Schweiz gehörte als Reiseland in den 50er Jahren noch zu den Top fünf. Diese Stellung hat sie eingebüsst, konnte die Umsätze aber dank des aufkommenden (inländischen) Wintertourismus teilweise erhalten.

Mit der Globalisierung und dem Aufkommen der südlichen Destinationen und der Flugreisen wurde die Stellung der Schweiz im Tourismus stark geschwächt. Dazu kommt gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft seco eine weitere grosse Herausforderung durch die hohen Preise: Der Schweizer Hotelier zahlt bis 35% höhere Löhne als sein österreichischer Kollege, bis 60% Prozent höhere Nahrungsmittelpreise und 40% mehr für den Strom.

In einem Vergleich des World Travel and Tourism Council (WTTC) unter 212 Reiseländern figuriert die Schweiz rein im Preisvergleich mit einem Indexwert 5, wobei 1 das teuerste und 100 das billigste Land ist. Im statistisch vergleichbar gemachten Ranking figuriert die Schweiz auf Position 126 von 212 Ländern.

Weltweit bleibt der Tourismus wohl eine Wachstumsindustrie. Laut WTO gehen die touristischen Aktivitäten nicht zurück, sondern sie verschieben sich zeitlich. Bis 2020 werden sich gemäss eine WTO-Studie die Welt-Umsatzzahlen von heute auf 3000 Mrd. Franken vervielfachen. Insgesamt werden dann 1,5 Mrd. touristische Ankünfte anfallen, 2003 waren es 694 Millionen.

swissinfo, Alexander Künzle von der ITB in Berlin

Schweiz:
Besucherentwicklung international (Mio.):
7,84 (2000)
6,88 (2001)
6,54 (2003)

Besucherentwicklung aus Deutschland (Mio.):
2,23 (2000)
2,19 (2001)
1,89 (2003)
1,95 (Schätzung für 2004)

Weltweite Tourismusbranche (laut WTO):
694 Mio. Ankünfte (2003),
-1,2% gegenüber Vorjahr
1,5 Mrd. Ankünfte (Schätzung für 2020)

Die ITB findet jährlich im März als weltgrösste Tourismusmesse in Berlin statt.
Rund 10’000 Aussteller, bis zu 70’000 Fachbesucher.

Das Jahr 2003 wird als bisher «schwärzestes Tourismusjahr» in die Statistiken eingehen.

Die Prognosen für 2004 sind besser – trotz dem schrecklichen Attentat in Madrid, das bisher auf die Spanien-Buchungen noch kaum Einfluss hatte.

Die Schweiz stellt an der Internationalen Tourismus-Börse in Berlin ihr «Wanderjahr 2004» vor.

Originelle neue Angebote wie High Tech-Wandern, Nordic Walking oder Kuh-Leasing, die sich verbessernde Konjunkturlage auch in Deutschland und der gegenüber dem Euro günstiger gewordene Schweizer Franken nähren die Hoffnungen auf ein Wachstum.

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