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CS: Mehr Kundengeld trotz weniger Bankgeheimnis

Reuters

Im internationalen Vergleich steht die Credit Suisse nach dem guten 1. Quartal den anderen Grossbanken in nichts nach. Trotz aufgeweichtem Bankgeheimnis fliessen ihr Neugelder zu, und gute Boni gehören offenbar auch wieder dazu.

Was die internationalen Grossbanken im vergangenen Jahr in die Knie zwang, hat im 1. Quartal 2009 der Credit Suisse wieder schöne Gewinne beschert: Das Investment Banking, wie sich das volatile Geschäft mit Wertschriften (heute besser «Finanzprodukten») nennt.

Und das «nicht nur beim Handel mit Festverzinslichen (Obligationen), wie man das bei den US-Banken bereits festgestellt hat, sondern auch im Aktienhandel», so Madeleine Hoffmann, Analytikerin Julius Bär, gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung.

«Nach einem sehr schwierigen 4. Quartal 2008 hat sich die CS mit diesem überraschend guten Abschluss offenbar aufgefangen», sagt auch Eveline Kobler von der Wirtschaftsredaktion von SR DRS im «Rendez-vous am Mittag».

Gewonnene Marktanteile

Zusätzlich sei das CS-Ergebnis vom Umstand beflügelt worden, dass die Bank in den letzten Monaten Marktanteile gewinnen konnte, so Andreas Venditti, Bankenanalyst bei der Zürcher Kantonalbank. «Die Bank profitierte von den Schwächen der Konkurrenz», sagt er gegenüber swissinfo.

Und Hoffmann konkretisiert (gegenüber der NZZ): «Ehemalige Konkurrenten wie Bear Stearns oder Lehman Brothers gibt es gar nicht mehr. Diese und viele andere sind aus dem Markt ausgeschieden.»

Auch im Arbeitsmarkt spielt die CS Vorteile aus: CS kann heute gute Leute von anderen Banken abwerben, besonders von Banken, an denen nun Regierungen beteilt sind. «Diese Institute werden von den Bankern ja als weniger attraktiv erachtet, wegen dem Druck auf die Boni», so die Analystin von Julius Bär.

Und 20 Minuten ortet bereits wieder «Top-Boni», die die CS ihren Bankern zahlen könne, weil sie eben keine Staatsgarantie in Anspruch nehmen musste. «Die guten alten Boni-Zeiten sind bei der CS bereits wieder da.»

«Kaum öffentliche Boni-Aufregung»

Nicht ohne Süffisanz konstatiert 20 Minuten, dass sich «kaum jemand öffentlich über die stolzen Entlöhnungen aufregen dürfte». Die Zeitung schätzt auch, dass an der Generalversammlung von Credit Suisse am Freitag diese Entschädigungen kaum ein Thema sein werden. Eher für Gesprächsstoff sorgen werde die aggressive Vermarktung von Schrottprodukten der bankrott gegangenen Lehman Brothers.

Nach einer Einigung mit der Fédération Romande des Consommateurs soll die CS 50 Mio. Franken an rund 1700 Kleinsparer für solchen Lehman-Schrott («kapitalgeschützte» Produkte) zurückvergüten. Insgesamt belaufen sich die Rückkaufsangebote von CS somit auf rund 150 Millionen.

Unterschiedlich hohe Altlasten

Ein weiterer Grund für den überraschend hohen Gewinn der CS resp. für das tiefe Ergebnis der UBS sieht Venditti «in den unterschiedlich grossen Wertberichtigungen und der Risikoaversion der UBS».

Die CS habe auf Risikopositionen (US-Hypotheken) und Krediten etwas mehr als 1 Milliarde abschreiben müssen, die UBS hingegen deutlich mehr (an der UBS-GV wurden sie mit 3,9 Mrd. beziffert).

Das liege aber nicht daran, dass die UBS höhere Risiken eingegangen sei als die CS. Laut Venditti sind alle Banken Risiken eingegangen – «allerdings war die UBS genau in jenen Bereichen besonders stark exponiert, wo es schliesslich am meisten gekostet hat.»

Neue Töne rund um Bankgeheimnis

Höchst erfreut geben sich die Analysten, dass CS erneut Kundengelder (Neugelder – Geld, das die Kunden zur Anlage auf die Bank bringen) für die Vermögensverwaltung dazugewinnen konnte, während bei der UBS immer noch Geld abfliesst.

Eveline Kobler findet es besonders positiv, dass auch die Lockerung des Bankgeheimnisses, die sich ja im 1. Quartal ebenfalls abzeichnete, diesem Zuwachs an Neugeld nicht geschadet habe: «Die Kunden kommen nach wie vor zur CS.»

Es wundert deshalb nicht, wenn CS-Finanzchef Reto Fassbind die von der Schweiz angekündigte Übernahme der OECD-Standards ausdrücklich begrüsst, auch wenn diese das Bankgeheimnis lockern: Dieser Schritt stärke die Position des Finanzplatzes Schweiz im internationalen Umfeld, wovon auch die CS profitieren werde.

Die Diskussion um das Bankgeheimnis ist anscheinend in erster Linie ein UBS-Thema.

Dickes Polster – nachhaltiger Turnaround?

Auch das dicke Eigenkapitalpolster der Bank gefällt Kobler: «Mit den über 14% ist es so dick wie bei kaum einer anderen internationalen Grossbank. Die CS steht also den US-Grossbanken, die letzte Woche positiv überrascht haben, in keiner Weise nach.»

«Die 14% Eigenkapitalquote liegt über dem regulatorischen Minimum, das für Schweizer Banken erhöht worden ist», sagt auch Madeleine Hoffmann.

«Es wird sehr schwierig für die CS sein, das eingeschlagene Tempo übers ganze Jahr hinweg aufrecht zu erhalten», sagt Venditti gegenüber swissinfo. Dafür spreche die neue Investment Banking-Strategie, die CEO Brady Dougan eingeführt habe, sagt Rainer Skierka von der Bank Sarasin.

«Nachhaltig könnte dieses Wachstum aber sein,» schätzt er gegenüber swissinfo. «Denn die Glückstreffer machen keinen substanziellen Anteil am Gesamtgewinn aus.»

Ändern nun Anlage-Ratings

Wie steht es nun mit der Aktie von Credit Suisse? «Die CS-Aktien profitieren nach einem deutlich besser als erwarteten Quartalsausweis von ausländischen Umschichtungen aus den Papieren der beiden Hauptkonkurrenten UBS und Deutsche Bank», schreibt Lorenz Burkhalter von Swiss Market Pulse aus Bern.

Gleich mehrere Analystenhäuser, darunter auch die bisher negativ gestimmte Bank Sal. Oppenheim, würden eine Überprüfung ihrer Anlageratings ankündigen.

Wie auch immer: «Die CS weist zwar sehr gute Zahlen aus. Aber es ist auch klar, dass die allgemeine Finanzkrise noch nicht durchgestanden ist – auch für die CS nicht», sagt Kobler.

swissinfo, Alexander Künzle und Agenturen

Credit Suisse verzeichnet für das 1. Quartal des laufenden Jahres einen Reingewinn von 2 Mrd. Franken. Im Vorjahresquartal war es noch ein Verlust in ungefähr gleicher Höhe gewesen.

Auch beim Neugeld ergab sich ein Zufluss von 11,4 Milliarden.

Damit erhöht sich die Eigenkapitalquote. Die Kernkapitalquote beträgt nun 14,1%, gegenüber 13.3% Ende Dezember 2008.

Vor allem ist das Investment Banking wieder profitabel, obschon bei Risikopositionen (Hypotheken) 1,4 Mrd. Franken abgeschrieben wurden.

CS verdiente auch im Wealth Management, etwas weniger im Firmen- (Corporate) und im Privatkunden- sprich Retail-Geschäft.

Bei der Vermögensverwaltung für institutionelle Anleger jedoch wurde ein Vorsteuerverlust von 490 Millionen ausgewiesen. In diesem Bereich kam es auch zu einem Vermögensabfluss von 3,5 Mrd. Franken.

Am 4. Dezember 2008 hatte die Credit Suisse den Abbau von 5300 Stellen angekündigt, davon bis Mitte 2009 rund 600 bis 650 allein in der Schweiz.

Insgesamt reduziert die Schweizer Grossbank ihren Personalbestand damit um 10%.

Durch die Aufhebung gewisser Zusammenarbeiten mit externen Firmen sind weitere 1400 Personen betroffen.

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