Detailhandel: Migros kauft Denner
Migros, der grösste Detailhändler des Landes, kauft 70% der Nummer drei, Denner. Über den Kaufpreis sei Stillschweigen vereinbart worden, teilten beide Konzerne mit.
Denner-Besitzer Philippe Gaydoul behält die restlichen 30% des Kapitals und führt den Discounter während drei Jahren weiter.
Denner bleibt also eigenständig. Mit dem Verkauf will die Familie von Denner-Chef Philippe Gaydoul die Wettbewerbsfähigkeit des Discounters langfristig sichern, wie beide Konzerne am Freitag vor den Medien in Zürich bekannt gaben.
Der Wettbewerb in der Schweiz sei mit dem Markteintritt ausländischer Detailhandelsgiganten – wie etwa Aldi und Lidl – viel härter geworden und werde sich weiter verschärfen.
Aldi werde 2010 in der Schweiz 120 bis 150 Filialen betreiben, Lidl bis 100. Beide Discounter profitierten davon, so Gaydoul, dass sie über die Bündelung ihrer enormen europäischen Beschaffungsvolumen ausländische Produkte zu einem deutlich tieferen Preis anbieten könnten.
Denner verfüge als ausschliesslich in der Schweiz tätiger Discounter nicht über genügend grosse Einkaufsvolumen, um die Preise der Konkurrenz aus dem Ausland unterbieten zu können.
Migros als «strategischer Partner»
Die wachsenden Herausforderungen würden einen Alleingang von Denner auf längere Sicht nachhaltig erschweren, sagte Gaydoul.
Angesichts dieser Lage habe Denner mit der Migros den idealen strategischen Partner gefunden, erklärte Gaydoul: «Wir ergänzen uns in jeder Beziehung perfekt», auch beim Sortiment.
Durch den Zusammenschluss mit der Migros bekomme Denner günstigere Einkaufskonditionen und könne die Preise tief halten.
Keine Änderungen fürs Personal
Auch die Migros profitiere vom Schulterschluss, hiess es weiter. Durch den Kauf von Denner könne sie ihre Position im überdurchschnittlich wachsenden Discountmarkt stärken.
Zudem könne sich die Migros-Industrie (Migros-Markenproduzenten) um die Herstellung von Denner-Eigenmarken bewerben.
Denner werde auch nach dem Schulterschluss mit dem Migros-Konzern Denner bleiben und wie bisher als Discounterkonzept unverändert weitergeführt, sagte Gaydoul. Er werde noch mindestens drei Jahre die Geschäfte von Denner leiten.
Marktanteil von fast 19%
Für die 3500 Angestellten von Denner führe der Besitzerwechsel zu keinen Veränderungen. Zu Denner gehören 435 Filialen und 293 Satelliten.
Gemeinsam kommen Migros und Denner auf einen Marktanteil im Schweizer Detailhandel von 18,9%. Der Deal muss noch der Wettbewerbskommission (Weko) bewilligt werden.
Laut dem Detailhandels-Analyst der Zürcher Kantonalbank, Marco Strittmatter, ist dieser Schulterschluss als «Win-win-Situation» einzustufen. «Das wichtigste ist, dass Denners Zukunft nun sicherer erscheint als vorher.»
Die Marktdurchdringung durch Discount-Läden sei in der Schweiz weniger eine dringliche Angelegenheit. «Nur 4 bis 5% der Detailhandels-Umsätze werden hierzulande über Discount-Ketten verkauft. In Deutschland sind es rund 40%.»
Zwischen 1,3 und 2,5 Milliarden
Laut Strittmatter wird sich für den Konsumenten in Zukunft nichts ändern. Denner bleibe Denner, Migros bleibe Migros. Doch für Aldi und Lidl werde der Markteintritt jetzt weniger einfach werden.
Strittmatter sagte, «sehr grob geschätzt» dürfte der Preis für die Übernahme zwischen 1,3 und 2,5 Mrd. Franken liegen.
Detailhandelsexperte Gotthard F. Wangler sprach von einem «brillanten Schachzug» der Migros. Für ihn ist klar, dass die Marke Denner eigenständig weitergeführt werden müsse.
Auch das Konsumentenforum gewann der Übernahme positive Punkte ab. Der Wettbewerb zwischen Coop und Migros werde sich verstärken. Dieser könne nur zu Preissenkungen führen.
Sowohl Coop als auch Aldi Suisse AG wollten sich zur Denner-Übernahme nicht äussern.
swissinfo und Agenturen
Denner hat die letzten Jahre ein starkes Wachstum an den Tag gelegt.
2005 zählte Denner 355 eigene Discount-Läden und lieferte an 288 so genannte Satelliten.
Mit mehr als 3500 Mitarbeitern hat Denner rund 2,1 Mrd. Franken umgesetzt.
2006 sollen es laut Philippe Gaydoul über 2,6 Mrd. werden.
Migros weist für 2005 fast 20,4 Mrd. Umsatz und einen Gewinn von 699 Mio. Franken aus.
Der Marktanteil der Migros beträgt 16,6%, Denner hält 2,3%.
Im letzten Jahrzehnt sind in der Detailhandels-Branche diverse Aufkäufe zu Stande gekommen.
Globus-ABM hatte 1995 Filialen von Jelmoli gekauft, bevor Globus selber wiederum von Migros 1997 geschluckt wurde.
COOP hat 2002 Waro und 2004 die Epa gekauft.
Im Herbst 2005 hatte Denner Pick Pay aufgekauft.
Die Migros wurde 1925 von Gottlieb Duttweiler gegründet. Die Geschäftsidee war, den Zwischenhandel auszuschalten.
Deshalb auch der (französische) Name: Mi-Gros resp. «Halb-Grossist».
Die Migros ist heute der grösste Detaillist und der grösste Arbeitgeber im Land.
Migros ist als Genossenschaft organisiert. Der Konzern kontrolliert eigene Aktien-Gesellschaften in der Nahrungsmittelproduktion, im Tour-Operating, in Schulung und Ausbildung, Tankstellen, Buchhandel
2005 beschäftigte Migros 81’049 Mitarbeitende.
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