Ernüchterung: Teuerung frisst Lohnerhöhungen
2005 gibts zwar mehr Lohn, aber unter dem Strich bleibt den Arbeitnehmern gleichviel wie zuvor, oder gar weniger. Schuld ist die steigende Teuerung.
Für die christlichen Gewerkschaften steht fest: Die durchschnittlichen Lohnerhöhungen von 1% sind ein unbefriedigendes Signal, um die Wirtschaft anzukurbeln.
Die diesjährige Lohnrunde löst bei den Branchenverbänden der Arbeitnehmenden nur mässige Zufriedenheit aus. Der Gewerkschaftsdachverband Travail.Suisse bemängelte am Dienstag das Ausbleiben von Reallohnerhöhungen. Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) hingegen findet, die Abschlüsse könnten sich sehen lassen.
Die Verunsicherung durch hohe Arbeitslosigkeit und Sparprogramme sei von den Arbeitgebern ausgenutzt worden und habe die Lohnverhandlungen zu Ungunsten der Arbeitnehmenden beeinflusst, bilanzierte Susanne Blank, Leiterin der Wirtschaftspolitik bei Travail.Suisse. Der Dachorganisation gehören die Gewerkschaften Syna, transfair sowie Hotel & Gastro Union an.
Erdölpreise schieben Teuerung an
Für die meisten Arbeitnehmenden wurde laut Travail.Suisse der Teuerungsausgleich – rund 1% mehr Lohn – erreicht. Damit könne die Kaufkraft der Löhne aber nicht mit der Teuerung Schritt halten. Diese ist in den vergangenen zwei Monaten wegen steigender Erdölpreise auf 1,5% hochgeschnellt.
Zudem schmälerten höhere obligatorische Krankenversicherungsprämien, die neue Franchisenregelung, steigende Prämien bei Nicht-Betriebsunfällen und Änderungen bei Pensionskassen die Löhne. Letztlich bleibe den Arbeitnehmenden nächstes Jahr höchstens gleich viel oder sogar weniger Geld im Portemonnaie als heute, so das ernüchterte Fazit von Blank.
Kein Konsum- und Wachstumsschub
Die Lohnrunde sei ein schlechtes Signal für den Privatkonsum und trage nicht zur weiteren Stärkung der Konjunktur bei. Eine satte Reallohnerhöhung bei unteren und mittleren Einkommen wäre nachfrage- und damit auch wachstumswirksam gewesen, so die Ökonomin weiter.
Von der guten Ertragslage vieler Firmen profitierten erneut vor allem die Führungsspitzen und das obere Kader. Blank forderte mehr Transparenz in der Lohnpolitik vieler Firmen. Gegen eine weitere Öffnung der Lohnschere müsse eingeschritten werden.
Teilweise über 2%
Beim Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) hiess es am Dienstag auf Anfrage, die Lohnabschlüsse könnten sich insgesamt sehen lassen. Ein schöner Teil siedle sich im Bereich von 2% an. In einigen Fällen seien die Abschlüsse sogar etwas höher ausgefallen.
Der Travail.Suisse-Mitgliedsverband Angestellte Schweiz VSAM hatte sich letzten Freitag mit den Lohnabschlüssen der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie zufrieden gezeigt, wo die Lohnsummen für 2005 um 1 bis 2% steigen. Das Ergebnis ist laut VSAM zwar nicht berauschend, doch zeigt der Lohntrend der Branche immerhin nach oben.
swissinfo und Agenturen
Travail.Suisse fasst 12 Branchenverbände zusammen, die sich an einer christlich-sozialen Ethik orientieren.
Die Dachorganisation vertritt rund 150’000 Angestellte.
Die Lohnrunde 2005 brachte Lohnerhöhungen von durchschnittlich 1%.
Vor allem wegen anziehender Erdölpreise ist die Jahresteuerung mitterweile auf 1,5% geklettert.
Weil die Lohnerhöhungen nicht mit der Teuerung Schritt halten, haben Arbeitende in vielen Branchen unter dem Strich eine schmälere Lohntüte.
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