Experten auf der Spur des Bienensterbens
Imker und Forscher sollten beim Problem des Sterbens von Bienenvölkern mehr zusammenarbeiten. Dies ist das Fazit einer Tagung der Forschungsanstalt Agroscope Liebefeld-Posieux (ALP) in Bern.
Dort befassten sich am Samstag Experten mit dem «Colony Collaps Disorder»: Bienenvölker entfliegen dem Stock und lassen ihre Nachkommenschaft zurück.
Dieses Phänomen trat erstmals in Nordamerika auf. Dort sind gut 70% der Völker Opfer des rätselhaften Bienensterbens geworden.
In der Schweiz und Europa ist das Phänomen ebenfalls bekannt, aber nicht derart dramatisch wie in den USA. Das rätselhafte Verlassen des Bienenstocks wird schon seit den 1960-er Jahren beobachtet.
Die Experten in Bern waren sich darin einig, dass der «Colony Collaps Disorder» dringend einer Klärung bedürfe, wie die ALP mitteilte. Die Forschung vernetze sich indes international, um gemeinsam dem Problem auf den Grund zu gehen, hiess es.
Die Podiumsteilnehmer waren sich einig, dass die Schweiz deshalb auf gutem Weg sei, sich auf das Problem vorzubereiten. Dies obwohl die Gründe für das Phänomen noch bei weitem nicht geklärt seien.
Varroa-Milbe als möglicher Grund
Eine mögliche Erklärung für den «Colony Collaps Disorder» sehen Experten in der Einschleppung der Varroa-Milbe. Dieser Bienenparasit hatte 1984 die Schweiz erreicht. Seither gab es immer wieder einzelne Fälle von Völkersterben.
Es wird deshalb vermutet, dass sich vielleicht von der Varroa-Milbe verbreitete Virus-Erkrankungen ausgedehnt haben könnten oder solche Viren stärker wurden. Weitere Gründe für das Phänomen sehen Experten in Klimaeinflüssen und Pestiziden.
Immenser Nutzen der Bienen
Wie die ALP weiter schreibt, erbringen die rund 190’000 Bienenvölker in der Schweiz einen immensen volkswirtschaftlichen und biologischen Nutzen. Rund 64 Mio. Franken resultieren pro Jahr aus dem Verkauf von Bienenprodukten und rund 300 Mio. Franken aus den Wirkungen der Bestäubungstätigkeit bei Obst und Beeren.
Dabei nicht eingerechnet sind die Bestäubungsleistungen für die Samenproduktion im Ackerbau. Überhaupt nicht in Zahlen gefasst werden könne der immense Wert der Bestäubung für die Erhaltung der Biodiversität, schreibt die ALP.
Jeder dritte Bissen Nahrung, den die Menschheit zu sich nimmt, ist laut ALP bestäubungsabhängig. Rund 80% dieser Bestäubung leistet die Honigbiene, weshalb die Erhaltung einer flächendeckenden Bestäubung für den Menschen auch unmittelbar von grosser Bedeutung ist.
Nicht nur die Bienen, auch die Imker haben ihre Probleme: Gab es um 1900 noch rund 45’000 Imker in der Schweiz, sind es heute noch etwa 19’000. Die aufwendiger gewordene Schädlingsbekämpfung brachte viele Imker, die sich Bienen als Hobby halten, dazu, ihre Passion aufzugeben. Hinzu kommt, dass es an Nachwuchs fehlt.
swissinfo und Agenturen
Jedes der 190’000 Bienenvölker in der Schweiz liefert 20kg Honig.
Jährlich werden 3600t Honig produziert (ein Drittel des nationalen Bedarfs).
6700t Honig werden jährlich importiert (häuptsächlich aus den USA, Frankreich und Deutschland)
Pro Kopf werden in der Schweiz 1,4kg Honig konsumiert.
Jährlich wird für 54 Mio. Franken Schweizer Honig verkauft.
Der Durchschnittspreis für ein Kilo Honig in der Schweiz beträgt 22 Franken.
80% der Früchte-Ernte hängt von der Bestäubung durch Bienen ab.
Die Zahl der Imker in der Schweiz ist seit Ende des 19. Jahrhunderts auf die Hälfte gesunken. Heute gibt es noch rund 19’000 Imker.
Die meisten Bienenvölker wurden während den beiden Weltkriegen registriert, nämlich 350’000. Die Zahl ist konstant gesunken, bis sie sich um 1980 bei 230’000 stabilisiert hat.
In den 1990er Jahren sank die Zahl der Bienenvölker weiter und liegt nun bei 190’000.
Trotz des Rückgangs hat die Schweiz, verglichen mit Österreich und Deutschland, eine hohe Dichte an Bienenvölkern.
In Übereinstimmung mit den JTI-Standards
Einen Überblick über die laufenden Debatten mit unseren Journalisten finden Sie hier. Machen Sie mit!
Wenn Sie eine Debatte über ein in diesem Artikel angesprochenes Thema beginnen oder sachliche Fehler melden möchten, senden Sie uns bitte eine E-Mail an german@swissinfo.ch