Fair-Trade-Organisationen spannen zusammen
Die Stiftung Step wird aufgelöst und neu eine Geschäftseinheit in der Max-Havelaar-Stiftung. Von der "Heirat" versprechen sich die Fair-Trade-Pioniere mehr Nutzen für beide.
Step handelt mit «fairen» Teppichen, Max Havelaar vertreibt Nahrungsmittel und Baumwoll-Produkte.
«Die Zusammenlegung ist für uns eine grosse Chance», erläutert Geert van Dok, Stiftungsratpräsident von Max Havelaar Schweiz. Der Entscheid sei einstimmig gefallen und werde von beiden Fair-Trade-Organisationen getragen.
Für Konsumenten ändert nichts: Die Teppiche werden weiterhin von lizenzierten Geschäften angeboten, die «gelabelten» Nahrungsmittel und Biobaumwollprodukte in Detailhandel und Gastronomie.
Im Gegensatz zu Fusionen in der Wirtschaft werden keine Stellen abgebaut. Alle Step-Mitarbeitenden im Süden bleiben, ebenso das vierköpfige Team in Basel, wo Max Havelaar zusammen mit der Stelle in Zürich weiterhin 25 Mitarbeitende beschäftigt.
Beide profitieren
Der Gewinn liegt für die Fair-Trade-Pioniere in der Arbeitsweise und bei Zukunftsperspektiven. «Konkret wird Max Havelaar vom Know-how bei der Überprüfung und Projektarbeit im Süden profitieren, die Step in den vergangenen elf Jahren aufgebaut hat.»
Umgekehrt wird das Branchen- bzw. Firmenlabel von der grossen und im Norden gut verankerten Max-Havelaar-Stiftung profitieren. «Gemeinsam können sich beide künftig auch auf neue Märkte und andere Produkte konzentrieren», betont van Dok, der das Hilfswerk Caritas in beiden Stiftungsräten vertreten hat.
Bemerkenswert ist, dass beide Organisationen nahezu dieselben Träger haben: Die sechs grossen Hilfswerke Brot für alle, Caritas, Fastenopfer, Heks, Helvetas und Swissaid haben 1992 die Max Havelaar-Stiftung Schweiz gegründet.
Das Label Step wurde 1995 ins Leben gerufen mit dem Unterschied, dass an Stelle von Helvetas die Erklärung von Bern EvB mitgemacht hat und im Stiftungsrat auch die Schweizerische Interessengemeinschaft Orientteppich (IGOT) vertreten war.
Auch Handel zufrieden
Die IGOT sieht sich nicht ausgebootet: «Wir begrüssen den Entscheid. Das neue Modell kommt dem Handel entgegen und wir werden über eine beratende Gruppe im Gespräch bleiben», erklärt Christoph Zysset, als Lizenznehmer Möbel Pfister zuvor im Step-Stiftungsrat dabei.
Der Zusammenschluss sichere die aufwändige Verifikation in Ländern des Südens und gebe dem Label Step mehr Kraft. «Wir haben erreicht, dass mehr Orientteppiche unter gerechten Bedingungen und ohne Kinderarbeit produziert und gehandelt werden. Doch der Teppichhandel stagniert, nun könnte Step nach Frankreich und Österreich auch in Deutschland aktiver werden.»
Mehr Fair-Trade-Anbieter im Norden führten zu besseren Arbeitsbedingungen im Süden, was letztlich das Angebot an fairen Orientteppichen vergrössere.
«Dass sich die EvB nach der Pionierzeit aus der Trägerschaft verabschiedet, entspricht ihrer Rolle als Kampagnen-Organisation» erklärt Stefan Indermühle, EvB-Programmverantwortlicher und bisher STEP-Präsident. «Die Bedeutung liegt vor allem im Verifizierungs-Ansatz, den Max Havelaar hinzugewinnt», betont er.
Eine Zukunftsperspektive biete etwa der Spielwarenmarkt, hier habe angesichts schlechter Arbeitsbedingungen vor allem in China ein Dialog zwischen Firmen und Nichtregierungs-Organisationen begonnen.
Annäherung in Basel
Weshalb die Zusammenarbeit nicht von Anfang an gewählt wurde, erklärt van Dok mit «ganz unterschiedlichen Ausgangslagen».
Während sich Max Havelaar auf Agrarprodukte wie Bananen oder Kaffee konzentriert und die Zertifizierung von Bauernorganisationen relativ einfach ist, «kann bei Orientteppichen nicht ein einzelner Haushalt in einem entlegenen Gebiet zertifiziert werden. Die Kette vom Knüpfen über Auftraggeber und Händler bis zum Kauf in einem Geschäft ist viel komplizierter».
Und doch hat sich die Zusammenarbeit schon früher abgezeichnet: Step ist im Juli 2003 von Bern nach Basel umgezogen, ins selbe Haus wie Max Havelaar.
swissinfo und Viera Malach, InfoSüd
Max Havelaar:
Umsatz Schweiz (2005): 221 Mio. Fr.
Umsatz international (2005): 1,753 Mrd. Fr.
Step: Geschätzter Umsatz Schweiz, Österreich und Frankreich: 50 Mio. Fr.
Lizenznehmer: Schweiz 37, Österreich 44, Frankreich 20
Ihr Marktanteil: Schweiz über 40%, Österreich über 30%, Frankreich ca. 15%.
Sie erteilt ein Gütesiegel für Produkte aus benachteiligten Regionen des Südens, die fair gehandelt sowie gemäss sozialen Standards und umweltschonend produziert werden.
Sie prüft die Einhaltung der Fair-Trade-Standards in der gesamten Handelskette. Die Bauern erhalten für ihre Produkte einen stabilen Mindestpreis und eine Fair-Trade-Prämie für Gemeinschaftsprojekte. Arbeiterinnen und Arbeiter auf Plantagen profitieren von besseren Anstellungsbedingungen.
Das Max Havelaar-Label gibt es für Bananen, Ananas, Mango, Avocado, Orangensaft, Kaffee, Tee, Kakao/Schokolade, Honig, Zucker, Reis, Blumen und Pflanzen sowie Textilien.
Die Stiftung engagiert sich für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen in den Produktions-Gebieten von handgefertigten Teppichen, insbesondere der Knüpferinnen und Knüpfer.
Sie bekämpft missbräuchliche Kinderarbeit und setzt sich für die Förderung ökologisch verträglicher Teppichherstellungs-Verfahren ein.
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