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Fantastic: New Economy-Börsenstar vor dem Ende

Bald nicht mehr auf Empfang: Fantastic Corporation in Zug. Keystone

Der angeschlagene Zuger Software-Anbieter für Breitband-Übertragungen fand keine Investoren, um die Zeit bis zum erwarteten Aufschwung zu überbrücken.

Management und Verwaltungsrat wollen den Aktionären deshalb die Liquidation der Zuger Softwarefirma beantragen.

Zu Zeiten der New Economy gehörte die Zuger Firma Fantastic zu den Börsen-Überfliegern. Jetzt ist das einstige Lieblingskind der IT-Branche nach langem Trudeln endgültig abgestürzt: Management und Verwaltungsrat von Fantastic werden den Aktionären an einer ausserordentlichen Generalversammlung vom 20. Januar 2004 die Schliessung des 1996 gegründeten Softwareherstellers beantragen. Dies teilte das Unternehmen in Zug mit.

Von der drohenden Schliessung betroffen sind 16 Beschäftigte in den USA und zwei am Zuger Hauptsitz, wie ein Fantastic-Sprecher sagte. Fantastic verkauft Software für die Übertragung grosser Datenmengen (Multimedia) mit dem neuen Breitband-Standard UMTS an.

Hoffnungen nicht erfüllt

Die ursprünglichen Pläne des Managements, zusätzliche Investoren zu suchen, um die nächsten zwei Jahre bis zum erwarteten Anziehen des Breitbandmarkts zu überbrücken, haben sich mangels Interesse zerschlagen.

“Leider ist es uns in den letzten Monaten und Wochen nicht gelungen, Investoren zu finden, die bereit gewesen wären, diese Zeit zu überbrücken”, wurde der Fantastic-Präsident Peter Ohnemus in der Mitteilung zitiert.

Aktionäre gehen leer aus

Eine ordentliche Schliessung des nach wie vor schuldenfreien Unternehmens ermögliche es, die bestehenden Anlagewerte inklusive der Unternehmensteile in den USA, der Produkte, Patente und Lizenzen zu veräussern, um so den Ertrag für die Aktionäre zu erhöhen. Trotzdem sei davon auszugehen, dass nach der Liquidation keine bedeutenden Mittel mehr zur Ausschüttung an die Aktionäre zur Verfügung stehen würden, hiess es.

Entwicklung im UMTS-Bereich falsch eingeschätzt

Zum Verhängnis wurden dem einstigen Börsenliebling, der in den besten Zeiten über 320 Beschäftigte aufwies, nach eigenen Angaben die hohen Lizenzgebühren für die neue Breitband-Übertragungstechnik UMTS. Diese hätten einen grossen Teil des Investitionspotenzials aus der europäischen Telekommunikations-Industrie abgezogen und die Entwicklung der Tätigkeiten, in denen Fantastic aktiv sei, um viele Jahre zurückgeworfen. “Diese Entwicklung liess sich bei der Gründung sowie beim Börsengang von 1999 nicht absehen”, sagte Ohnemus.

Brauns Reorganisation gescheitert

Fehlgeschlagen haben offensichtlich auch alle Versuche, die Strategie anzupassen und einen Erfolg als Nischenanbieter zu suchen. Der Anfang 2000 zu Fantastic gewechselte frühere Post-Konzernchef Reto Braun hatte die IT-Firma tief gehenden Restrukturierungen unterworfen, die jedoch keinen Erfolg zeitigten.

Braun trat im April 2002 als Firmenchef und per Juni 2003 als Verwaltungsratspräsident des Unternehmens zurück. Geringe Umsätze in den letzten Quartalen in einem anhaltend ungünstigen Umfeld für IT-Investitionen liessen die Kapitalreserven zusammenschrumpfen.

Aktie kursmässig verglüht

Der kommerzielle Misserfolg von Fantastic widerspiegelt sich auch im Kurs der seit Ende September 1999 in Frankfurt gehandelten Aktie. In besten Zeiten im Jahr 2000 war die Fantastic-Aktie 55 Euro wert; wobei in diesem Jahr ein Split im Verhältnis von eins zu zehn beschlossen wurde. Zuletzt wurde die Aktie noch gegen 0,04 Euro gehandelt.

swissinfo und Agenturen

Die Fantastic Corporation war zu Zeiten der Dot-Com-Blase an den Börsen einer der Überflieger.
Vor Platzen der Blase beschäftige das Unternehmen 320 Personen.
Vor dem Crash betrug der Börsenkurs 55 Euro, heute ist er auf 0,04 Euro abgestürzt.
Das Management begründet die beantragte Schliessung mit dem Fehlen von Investoren.
Weil sich im Bereich der Breitband-Übertragung die Entwicklung verzögerte, ging der Software-Firma jetzt die Luft aus.

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