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Illegale Kunstgüter «Not for Sale»

Konsternation nach den Plünderungen im irakischen Nationalmuseum. Keystone Archive

Vertreter aus der Schweiz, Grossbritannien und Irak diskutieren am Donnerstag in Genf, wie Plünderungen und illegaler Kunsthandel zu verhindern seien.

An dem zweitägigen Treffen mit dem Titel «Not for Sale» geht es auch um neue Gesetze, die dem Handel mit gestohlener Kunst einen Riegel schieben sollen.

«Es ist ungemein wichtig, dass beide Länder einverstanden sind, die bestehenden internationalen Konventionen zu ratifizieren», sagt Pierre Lalive, Co-Präsident der Konferenz gegenüber swissinfo. Damit setzten die Schweiz und Grossbritannien ein Zeichen, dass sie die Plünderung von Kunstgegenständen bekämpfen wollen.

«Der illegale Handel mit Altertümern ist vergleichbar mit dem Drogenhandel», sagt Lalive weiter. «Wenn es keine Abnehmer gäbe, hätten auch die Lieferanten kein Brot.»

Gemeinsame Bemühungen

Rund 150 Personen, darunter Zollbeamte und Mitarbeitende von Interpol nehmen am Treffen teil. Dazu kommen Vertreter von UNESCO sowie Gesetzesexperten und Museumsdirektoren.

Andrea Raschèr vom Bundesamt für Kultur sagte, dass die Konferenz das öffentliche und politische Bewusstsein für den Handel mit gestohlenen Kunstgütern schärfen soll. «Es handelt sich hier um ein internationales Problem, und es kann nur gelöst werden, wenn die internationale Gemeinschaft zusammenarbeitet.»

Regierungen wie auch Bürgerinnen und Bürger hätten eine gesetzliche und auch moralische Verpflichtung, das kulturelle Erbe der Menschheit zu bewahren und unserer Vergangenheit eine bessre Zukunft zu sichern, betonte Raschèr.

Schlechter Ruf

Der Ruf der Schweiz hat in den vergangenen Jahren gelitten. Dies, weil die Schweizer Regierung sich weigerte, die UNO-Konvention von 1970 zu ratifizieren, welche die Überführung von Kulturgütern von einem Land in das andere regelt.

Zusammen mit der Schweiz hatte auch Grossbritannien den Ruf, ein Zentrum für illegalen Kunsthandel zu sein. Auch hier fehlten entsprechende gesetzliche Regelungen.

Bei diesem Schwarzhandel geht es um viel Geld: Weltweit steht der illegale Handel mit Kunst an dritter Stelle – nach dem Drogen- und Waffenhandel. Und sowohl die Schweiz wie England gehörten zu den fünf grössten Transferländern der Welt, sagte Andrea Raschèr.

Doch in letzter Zeit wurden neue Regelungen eingeführt, wonach Kulturgüter nicht mehr als «gewöhnliche» Handelsgüter betrachtet werden. Experten hoffen, dass mit dieser Lösung der Handel mit gestohlenen Kunstgütern erschwert werde.

«Ein gestohlenes Fahrrad wurde gleich behandelt wie ein gestohlenes Kunstwerk von Poussin. Und es war bis jetzt einfacher, eine griechische Statue in die Schweiz zu importieren als eine Tomate», kritisierte Raschèr.

Das neue Schweizer Gesetz über den Transfer von kulturellem Eigentum entspreche den allgemeinen Minimalstandards.

Öffentlicher Druck

Für Cornelia Isler-Kerenyj war der Krieg in Irak und die anschliessenden Plünderungen der Kulturgüter der Auslöser, dass auch die Politiker erkannt hätten, dass etwas geschehen müsse.

Die Archäologin und Vertreterin der Schweiz bei der UNESCO ist der Meinung, dass der Aufschrei nach den Bildern von den Plünderungen in Irak die Schweizer Regierung unter Druck gesetzt habe, den Bestimmungen zuzustimmen.

«Paradoxerweise waren die Ereignisse in Irak hilfreich. Denn wäre das in Irak nicht geschehen, würden die Diskussion im Parlament weiterhin auf die lange Bank geschoben», sagte Isler Kerenyj gegenüber swissinfo.

Dass die Schweiz erst 2003 die UNESCO-Konvention ratifizierte, begründet Raschèr mit der Tatsache, dass erst in den letzten fünf Jahren das Thema Raubkunst die Öffentlichkeit sensibilisiert habe. In diesem Zeitraum gelangten auch immer mehr Rechtshilfegesuche für gestohlene oder illegal ausgeführte Kulturgüter an die Schweiz.

Pierre Lalive denkt, dass es noch zu früh sei, über die Wirksamkeit der neuen Massnahmen zu urteilen. Aber auch er ist überzeugt, dass der öffentliche Druck ein wirksames Mittel ist im Kampf gegen den illegalen Handel mit Kunstgütern.

«Es ist immer schwierig, im voraus zu sagen, was Gesetze bringen. Doch je besser die Leute das Problem kennen, desto grösser sind die Chancen, das Übel wirksam zu bekämpfen.»

swissinfo, Anna Nelson Genf

Nach Drogenhandel und Waffenhandel ist der Handel mit gestohlenen Kunstgütern das drittgrösste illegale Geschäft.

Gemäss Bundesamt für Kultur gehört die Schweiz zu den weltweit fünf grössten Umschlagplätzen.

Import und Export von Kulturgütern erreichen in der Schweiz einen Wert um 1,5 Mrd. Franken.

Die Schweiz verstärkt ihre Gesetzgebung, um den illegalen Handel mit Kunstgütern zu bekämpfen, sie ist 2003 der internationalen Konvention über Handel und Vertrieb von Kunstgütern beigetreten.

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