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Kleine Summen – grosse Wirkung

Keystone

Viele Arme haben keinen Zugang zu Finanz-Dienstleistungen, die ihnen einen Ausweg aus der Armut ermöglichen würden. Ist Mikrofinanz die Lösung?

Mikrofinanz zur Armutsbekämpfung ist jedenfalls nicht nur in Entwicklungs-, sondern auch in Finanzkreisen im Trend – auch dank dem UNO-Jahr des Mikrokredits.

Rasheda Begum hat ganz klein angefangen. Mit ein paar Taka Erspartem errichtete sie eine Baumschule in ihrem Dorf in Bangladesch. Heute hat sie ein florierendes Kleinunternehmen, in dem die Familien, ein Mitarbeiter und bis zu 12 Taglöhner Arbeit finden.

Heute besitzt Rasheda eigenes Land. Ihr Haus wurde an das Stromnetz angeschlossen. Ihre Kinder besuchen die Schule. Die gesundheitliche Versorgung ihrer Familie ist gewährleistet. Rasheda: eine Erfolgsgeschichte mit einem Mikrokredit aus der Schweiz.

Mit wenig Geld nachhaltige Veränderungen

Die Geschichte von Rasheda Begum erzählte Bundesrat Joseph Deiss an der Jahreskonferenz der Entwicklungs-Zusammenarbeit in Freiburg, die unter dem Motto «Kleine Summen – grosse Wirkung: Banken für die Armen» stand.

Die Erfolgsgeschichte von Rasheda Begum berühre ihn persönlich besonders, erklärte der Wirtschaftsminister. Denn während seiner Reise nach Bangladesch im Oktober 2000 habe er eine solche Kleinkredit-Institution besuchen können. Dort habe er direkt gesehen, wie mit so wenig Geld das Leben der Menschen nachhaltig verändert werden könne.

Nicht arm an Ideen, sondern arm an Mitteln

«Die Mikrofinanz ist nicht eine Art von Wohltätigkeit. Sie ist die Erkenntnis, dass die Armen nicht das Problem, sondern die Lösung sind.» Dies die Worte von UNO-Generalsekretär Kofi Annan zum UNO-Jahr des Mikrokredits.

Die Armen seien nicht arm an guten Ideen, oft fehlten ihnen aber die finanziellen Mittel, um ihre Ideen in die Tat umzusetzen, sagt Hansruedi Pfeiffer, DEZA-Verantwortlicher für den Finanzsektor, gegenüber swissinfo. Damit kleine Unternehmen gedeihen könnten, benötigten sie Kredite und sichere Anlagenmöglichkeiten für Ersparnisse.

Dank Mikrofinanz könnten sich arme Bevölkerungsgruppen vor wirtschaftlichen Risiken schützen. Der Zugang zu Finanz-Dienstleistungen sei entscheidend für die Sicherung des wirtschaftlichen Fortkommens und für die Verbesserung der Lebensbedingungen, so Pfeiffer.

In den Entwicklungsländern sind allerdings rund 90% der Bevölkerung von sicheren Sparmöglichkeiten und Krediten ausgeschlossen, während in Europa ca. 10% der Bevölkerung keinen Zugang zu Finanz-Dienstleistungen haben.

Frauen schneiden besser ab

Nabila Kabeer, Ökonomin an der Universität Sussex in Grossbritannien, betonte die emanzipatorische Wirkung der Mikrofinanz. Sichere Sparmöglichkeiten und Kredite stärkten die Stellung der Frauen in der Familie und das Selbstbewusstsein der Armen.

Gerade mit Frauen habe man gute Erfahrungen gemacht, doppelt Hansruedi Pfeiffer nach. «Die Frauen schneiden offenbar besser ab. Sie sind gute Sparer, sie sind gute Rückzahler von Krediten. Das ist eine wichtige Lehre, die wir gezogen haben. Man hat übrigens bei Untersuchungen in den USA herausgefunden, dass Frauen im Allgemeinen klügere Anlegerinnen sind als Männer.»

Trotz Erfolg auch Gefahren

Trotz vieler Erfolgsgeschichten, die den Einsatz von Mikrofinanz als Entwicklungs-Instrument rechtfertigen, gibt es auch Gefahren. Eine davon, dass Mikrofinanz-Institutionen in Entwicklungsländern zu hohe Zinsen für die Kredite an ihre Kunden verlangen und diese in die Verschuldung treiben, habe man im Verlauf der bereits langjährigen Praxis der Schweiz in diesem Bereich erkannt, sagt Pfeiffer.

«Die Schuldenproblematik ist ein Thema. Ärmste Hauhalte brauchen vielleicht gar nicht primär Mikrofinanz, vor allem nicht Kredite. Sie brauchen zuerst Nahrung, Bildung, Gesundheitsversorgung.»

Mikrofinanz eigne sich als Instrument für wirtschaftlich aktive Familien und Kleinbetriebe, und die Kreditvergabe müsse sich abstützen auf die Einkommens-Möglichkeiten des Kunden. «Deshalb ist Kundennähe ein so wichtiges Kriterium», betont Pfeiffer.

Einbindung in Finanzmärkte eine politische Frage

Auch die internationale Finanzwelt hat neuerdings Interesse an so genannten «sozialen Investitionen», die neben dem wirtschaftlichen Nutzen auch «sozialen Mehrwert» anstreben.

In der Schweiz ist vor zwei Jahren mit der Investitions-Gesellschaft «responsAbility» eine Zusammenarbeit zwischen Staat und Privaten entstanden. Der Fonds wurde von der DEZA beraten und erhielt eine Anschub-Finanzierung vom Staatssekretariat für Wirtschaft (seco). Er wird von diversen Schweizer Banken angeboten und erfreut sich bereits grosser Beliebtheit unter Anlegern.

Dass die Einbindung von Mikrofinanz in internationale Finanzmärkte, die Finanzierung von Mikrokrediten durch ausländische Kredite die Auslandverschuldung der Entwicklungsländer vergrössern könnte, streitet Hansruedi Pfeiffer nicht ab. Für ihn ist es eine Frage der Politik.

Priorität für lokale Finanzmarkt-Entwicklung

«Die DEZA gibt der lokalen Finanzmarkt-Entwicklung klare Priorität. Das bedeutet Sparmobilisierung, das bedeutet ein Darlehen oder eine Kapitalbeteiligung von lokalen Akteuren, Geschäftsbanken oder privaten Investoren aufzunehmen, bevor man sich international finanziert.»

Die neuen Fonds wie zum Beispiel der «responsAbility»-Fonds spielten sicher eine wichtige und innovative Rolle. «Entscheidend ist, für welche Situationen diese Mittel eingesetzt werden. Sie erfüllen eine komplementäre Funktion zu Mitteln, die lokal mobilisiert werden können», so Pfeiffer.

swissinfo, Jean-Michel Berthoud

DEZA und Mikrofinanz:

Engagement seit über 30 Jahren.

Heute: Unterstützung von Projekten in 20 Ländern des Südens und Ostens mit jährlich insgesamt 25 Mio. Franken.

In Europa haben ca.10% der Bevölkerung keinen Zugang zu Finanz-Dienstleistungen, in den armen Ländern sind es 90% oder mehr.

Die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) ist im Bereich Mikrofinanz in drei Aktionsfeldern tätig:

Sie unterstützt und entwickelt Institutionen, die armen Kunden Zugang zu Finanz-Dienstleistungen ermöglichen.

Sie setzt sich für die Verbesserung von finanzwirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Partnerländern ein.

Sie fördert die Entwicklung von innovativen Produkten im Mikrofinanz-Bereich.

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