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KMU gegen Korruption

Schafe und Teppiche aus Filz warten in den Räumlichkeiten von "Kyrgyz Stlye" auf ihren Export in den Westen. swissinfo.ch

Klein-Unternehmer in Kirgisistan kämpfen mit den Rückständen von planwirtschaftlichem Denken und endemischer Korruption in allen Bereichen der Verwaltung.

Schweizer NGOs helfen mit Beratung und Krediten – und hoffen auf eine Trendwende.

«Bei unseren Teilnehmern gibt es keine kommunistische Einstellung mehr», macht Sergei Lissunov klar. «Wir arbeiten auch nicht mit Unternehmern zusammen, die ihre Produktionsmittel aus der Privatisierung haben.» Er sitzt an einem Tisch aus Holzimitat in einem kalten Sitzungszimmer, hinter ihm stehen ein vollgeschriebener Flipchart und ein Hellraumprojektor, an der Decke hängt ein wuchtiger Kronleuchter.

Lissunov ist Direktor eines Projektes in Bischkek, das jungen Unternehmern hilft, ihr eigenes Geschäft aufzubauen und ihnen dazu mit betriebswirtschaftlicher Ausbildung, Beratung und Krediten unter die Arme greift.

Initiiert hat das Projekt 1999 das «Business Professional Network» (BPN), eine Vereinigung christlicher Geschäftsleute aus der Schweiz. BPN stellt auch die Kredite zur Verfügung. Umgesetzt wird das Projekt durch die Berner Consulting-Firma Servus Business Development. Einen grossen Teil der Projektkosten deckt die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA).

Coaching für Jungunternehmer

«Viele Menschen wollen ein eigenes Geschäft eröffnen, haben auch die guten Ideen dazu, aber ihnen fehlt Knowhow», erklärt Hans Wilhelm, Geschäftsführer von Servus. Er reist regelmässig nach Kirgisistan, um Beratungen, Seminare und Workshops abzuhalten.

«Viele Unternehmer haben keine Erfahrungen in der Betriebswirtschaft, einige kennen die Regeln der freien Marktwirtschaft aus Theoriebüchern», sagt Wilhelm. «Die meisten Unternehmer sind aber immer noch viel stärker als sie denken vom planwirtschaftlichen Gedankengut geprägt.»

In Seminaren, über vier Jahre verteilt, lernen die Projekt-Teilnehmenden die wichtigsten betriebswirtschaftlichen Grundsätze kennen und direkt in ihren Betrieben anwenden.

Mit Filz zum Business-Modell

«Zu lernen, was alles in einen Businessplan gehört, war sehr wichtig», sagt Anara Kerimbekova. Sie führt die Firma Kyrgyz Style, die Filz-Artikel und Teppiche für Touristen und den Export herstellt.

In den Geschäftsräumen stapeln sich Teppiche, Puppen, Pferdchen, Pantoffeln und Kissenbezüge. Aber auch edle Mäntel und traditionelle Hüte. «Wir versuchen hier traditionelles Design und moderne Formen zusammen zu führen», ergänzt die Designerin.

Mit einem Kredit von BPN in der Höhe von 15’000 Dollar konnte sie unter anderem Nähmaschinen, Computer und eine digitale Kamera kaufen. Sie beschäftigt heute 20 Mitarbeitende und 80 Heimarbeiterinnen.

Als nächsten Schritt will sie die Produktion in eine grosse Halle an den Stadtrand verlegen, damit sie auch Wolle für grössere Bestellungen verarbeiten kann.

Makkaroni auf dem Eselskarren

Den Umzug an den Stadtrand bereits vollzogen hat Valery Agavonov. «Mit Hilfe von BPN konnte ich hier eine neue Mühle aufbauen», sagt der Unternehmer, der seit 2001 im Förderungs-Programm ist. Seine Müllerei stand früher in einem Keller in der Stadt. Am neuen Standort, einem zweistöckigen, langgestreckten Haus mit grosszügigem Hinterhof, produziert er Mehl und Teigwaren für den lokalen Markt.

Die verschiedenen Maschinen lärmen ohrenbetäubend, feiner Mehlstaub liegt auf allem, eine Maschine presst Teigwaren auf ein Blech im schwachen Licht einer Lampe. Ein Arbeiter schleppt einen Sack getrocknete Pasta weg, ein Bauer bringt mit einem Eselskarren einen Sack Getreide zum Mahlen.

Angst, dass er seinen Kredit nicht zurückzahlen kann, hat Agavonov keine, denn sein Geschäft wächst: Er beschäftigt unterdessen 15 Mitarbeiter, seine Maschinen arbeiten 20 Stunden am Tag und produzieren monatlich 25 Tonnen Teigwaren.

Lobby gegen Korruption

Jährlich würden sich rund 300 neue Interessenten bewerben, von denen 20 bis 30 ausgewählt werden könnten, erklärt Projekt-Direktor Lissunov. Die bisher ausgewählten KMU reichen vom Internet-Café über Werbeagenturen bis zu einer Fruchtsaft-Produktion, Schneidereien, Arztpraxen, Autogaragen und einer Kartoffelchips-Fabrik.

«Gegenwärtig unterstützen wir über 100 Unternehmen mit mehr als 2000 Arbeitsplätzen», sagt der Direktor stolz. «Das gibt uns auch ein gewisses politisches Gewicht.» Fast alle Betriebe seien in einem Unternehmerverein organisiert – einer politischen Lobby. Diese sei nötig, weil eines der grössten Probleme eine korrupte Verwaltung sei. «Beamte haben gerne Jung-Unternehmer, dort können sie Geld holen», sagt Lissunov.

KMU-Verein beeinflusst neues Gesetz

«Wir wollen mit unserer Arbeit versuchen, eine Trendwende einzuleiten», erklärt auch Berater Wilhelm. «Unsere Projekt-Partner werden motiviert und angeleitet, wie sie sich anti-korrupt verhalten können.»

Erst in den Jahren seit der Unabhängigkeit sei aktive und passive Korruption zu einem Kulturbestandteil geworden. Wilhelm vergleicht die Korruption mit einem bösartigen Krebsgeschwür: «Kann es nicht entfernt werden, sieht es schlecht aus für Kirgisistan.»

Ein erster Erfolg auf hoher Ebene ist bereits zu vermelden: Der Unternehmerverein wurde vom Präsidenten der Republik eingeladen, in der Vernehmlassung zum neuen Unternehmergesetz Stellung zu nehmen.

swissinfo, Philippe Kropf und Jacob Greber, Bischkek

Kirgisistan gilt laut Transparency International (TI) als eines der korruptesten Länder weltweit.

Unternehmer werden von Beamten schikaniert, die für kleine administrative Verfehlungen hohe Bussen verhängen.

Im Gegenzug führen viele KMU grosse Teile ihrer Einnahmen an den Steuern vorbei und arbeiten im Graumarkt.

Schweizer NGOs fördern anti-korruptes Verhalten und wollen eine Trendwende einleiten.

Das Kredit-Problem:

In Kirgisistan kostet ein öffentlicher Kredit für ein KMU 15% bis 30% Zinsen. Meist muss eine Sicherheit in doppelter Kredithöhe gegeben werden.

Oft gehen 10% der Kredithöhe als «Vermittlungsgebühr» an den Beamten.

BPN gibt bezahlbare Kredite an KMU die in ihrem Programm sind. Diese müssen über drei bis fünf Jahre zurück gezahlt werden.

Die günstigen Kredite werden durch internationale Geschäftsleute ermöglicht, die Geld in den BPN-Finanzpool geben und auf eine Verzinsung verzichten.

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