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Online Bananen bringen keinen Gewinn

Der Online-Handel von Frischprodukten ist auf eine aufwändige und teure Logistik angewiesen. Keystone

LeShop, der erste Schweizer Internet-Supermarkt wird auf Ende Jahr geschlossen. Seine Besitzerin begründet die Schliessung mit den nicht erfüllten Umsatz-Erwartungen und dem Betriebsverlust.

Die 69 Angestellten verlieren ihre Stelle.

«Wir haben drei Probleme bei LeShop, nämlich Umsatz, Umsatz, Umsatz», sagte Bon-appétit-Konzernchef Edwin Scherrer am Dienstag vor den Medien.

Zwar habe LeShop mit einem Marktanteil von 65% die Konkurrenzportale von Migros und Coop hinter sich gelassen, doch sei der Markt immer noch zu klein.

Enttäuschte Hoffnungen

Bei LeShop lagen die Umsätze weit unter den Erwartungen: Hatte Bon appétit Anfang Jahr noch mit einer Verdreifachung des letztjährigen Umsatzes von 11,5 Mio. Franken gerechnet, so zeichne sich inzwischen ein tatsächlicher Zuwachs von nur 20% ab, sagte Scherrer.

Um wie geplant bis 2005 aus den roten Zahlen zu kommen, hätte der Online-Verkäufer aber gut 60 Mio. Franken Umsatz erzielen müssen. Die Suche nach einem Käufer oder Partner war zudem ohne Erfolg, obwohl die Gruppe LeShop sogar «zum Nulltarif» abgeben wollte.

Nach drei Jahren belastet LeShop.ch die Rechnung der Bon appétit Group mit 13 Mio. Franken. Insgesamt hatte das Unternehmen über 30 Mio. Franken in das Projekt investiert.

Vermeintliches Eldorado

Dabei scheint die Schweiz für den Online-Handel wie geschaffen. Allein in den letzten fünf Jahren hat sich die Zahl der Surferinnen und Surfer mehr als vervierfacht. Heute nutzt fast jeder Zweite das Internet. Damit belegt die Schweiz international einen Spitzenplatz.

Doch beim Online-Shopping hinkt die Schweiz hinterher. Nur zwei Prozent der Einzelhandels-Umsätze werden im Online-Handel erzielt. Bei den Lebensmitteln sind es sogar nur 0,05 Prozent.

Marktführer Le Shop zählt nach eigenen Angaben 16’000 Kunden, die sich regelmässig aus dem Angebot von rund 5000 Artikel beliefern lassen.

Konkurrenz bedauert

Bei Migros bedauert man die Schliessung des Online-Konkurrenten. «Mit Le Shop verlieren wir jemanden, der den Markt bearbeitet. Le Shop hat sehr viel ins Marketing investiert, weil er keine eigenen Läden hat», sagt Migros-Sprecher Urs Peter Naef.

Gerade dies ist ein wunder Punkt bei LeShop. Dieser kritisierte Migros und Coop wiederholt, weil sie den Online-Markt nicht pflegten.

Für die Migros sei der Online-Shop lediglich ein zusätzlicher Verkaufskanal, verteidigt sich Naef. «Wir haben 600 Läden und in keinem machen wir Werbung für diesen Kanal, wir bewerben ihn auch nicht aggressiv.» Ähnlich tönt es beim Konkurrenten Coop, obwohl dieser wie die Migros im Online-Geschäft rote Zahlen schreibt.

Der Internet-Handel sei ein sehr schwieriges Geschäft, erklärt Professor Thomas Rudolph von der Universität St. Gallen. «Es hätte deshalb auch nichts genützt, wenn die Grossverteiler die Werbetrommeln mehr gerührt hätten.» Das Online-Shopping sei für die Grossverteiler vorerst vor allem ein Nischenkonzept, das evaluiert werde.

Zu hohe Kosten

Die Zurückhaltung der Grossverteiler hat aber noch einen weiteren Grund: «Die Kosten sind einfach zu hoch», betont Migros-Sprecher Naef.

Dies dürfte sich laut Rudolph auch in naher Zukunft kaum ändern. Zum einen seien die Produkte für einen rentablen Handel ungeeignet. «Der Versand von einem Harrass Mineralwasser etwa ist viel zu teuer, da entstehen keine Gewinne.» Zudem seien die Margen beim Verkauf von Lebensmitteln viel zu klein.

Hinzu kommen die zu wenig effizienten Hauslieferungen und die ungenügende Verrechnung der Dienstleistungen. Le Shop etwa verlangt für die Hauslieferung lediglich 12 Franken. Dies sei zu wenig, betont Rudolph. «Was es braucht, ist eine Konzentration auf die Zielgruppen der Reichen, Alten und derjenigen, die zu wenig Zeit haben. Diese Gruppen sind auch bereit höhere Gebühren zu bezahlen.»

Von höheren Gebühren will die Migros aber nichts wissen. Zwar sind Liefergebühren von 12 – 15 Franken kaum kostendeckend, doch hat man Angst, dass Kunden abspringen. «Wir versuchen deshalb, den Vertrieb näher zu den Kunden zu bringen», sagt Naef. Zurzeit würden die Bestellungen noch von einer einzigen Zentrale verarbeitet.

Erfolgreiche Spezialisierung

Während die Grossverteiler Probleme haben, florieren die Kleinen. Die Zürcher Confiserie Spüngli etwa betreibt erfolgreich einen Internet-Versand und hat nach eigenen Angaben die Gewinnschwelle längst überschritten.

Sprüngli sei, so Rudolph, ein gutes Beispiel wohin sich das Online-Shopping entwickeln werde. Sprüngli vertreibe ein Nischenprodukt für eine zahlungskräftige Kundschaft, die auch bereit sei die Gebühren für die Dienstleistungen zu bezahlen. «Im Online-Geschäft stehen die Zeichen der Zeit auf Spezialisierung.»

Dies trifft insbesondere auf verderbliche Waren wie Nahrungsmittel zu, denn bei anderen Gütern wie Bücher oder CDs schätzt der Kunde im Internet vor allem die Vielfalt des Angebots.

swissinfo, Hansjörg Bolliger

Umsätze 2001:
LeShop: 11,5 Mio. Fr.
Migros: 5 Mio. Fr.
Coop: 1,2 Mio. Fr. (ab 8.01)
Spar: 0,5 Mio. Fr.

Mit LeShop verschwindet ein Pionier des Schweizer Online-Handels. Gegründet im Frühling 1998 verzeichnete LeShop anfänglich monatliche Wachstumsraten beim Umsatz von durchschnittlich 20%. 1999 wurde die Firma für ihre dynamische Geschäftsführung mit dem «Stratégis»-Preis ausgezeichnet.

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