Panalpina wegen Manipulationen ohne Chef
Der Chef des Basler Transportkonzerns Panalpina nimmt wegen Buchfälschungen eines Kadermanns einer Tochterfirma des Transportriesen den Hut.
Dass ein Chef wegen Fehlern eines Angestellten seinen Platz räumt, kommt in der Schweiz laut einer Spezialistin äusserst selten vor.
Die Buchungsmanipulationen bei der «Panalpina Airfreight Management» AG wurden vom Management Mitte Dezember aufgedeckt. Der Mitarbeiter, der während 20 Jahren bei Panalpina tätig war, hat in den Jahren 2004 und 2005 insgesamt einen Verlust von 33 Mio. Franken verursacht.
Der Mann habe die internen Kontrollen «vorsätzlich und gezielt» unterlaufen, hiess es. So konnte er die wegen Buchungsmanipulationen verursachten Verluste während 14 Monaten vertuschen.
Verspekuliert
Der Manager war nach Aussagen eines Firmensprechers für die Buchung von Laderaum-Kapazitäten zuständig. «Dabei werden hohe Summen vorgeschossen, da das Anmieten von Laderaum und ganzen Flugzeugen teuer ist», erklärte dieser.
Der Mitarbeiter habe sich jedoch verspekuliert, hohe Verluste angehäuft und diese in den Büchern kaschiert. «Er hatte die Hoffnung, die Beträge durch spätere Gewinne auszugleichen», sagte der Sprecher.
Eine interne Untersuchung im Dezember habe jedoch ergeben, dass es keine Anhaltspunkte für eine persönliche Bereicherung des Mitarbeiters gebe. Er habe sich, nachdem die Schiebung aufgeflogen war, sehr kooperativ verhalten.
CEO übernimmt Verantwortung
Der Verwaltungsrat hat beschlossen, Strafanzeige einzureichen. Der langjährige Konzernchef (CEO) Bruno Sidler übernimmt laut Communiqué die Verantwortung für den Vorfall und tritt auf eigenen Wunsch zurück. Er erhält als Abgangsentschädigung ein Jahressalär. Seine Funktionen übernimmt Verwaltungsratspräsident Gerhard Fischer interimsmässig.
Die Manipulationen seien gravierend, sagte Sidler in einem Interview mit der «Basler Zeitung». Für Panalpina stellten sie einen grossen Vertrauensverlust dar. «Diesen Fehler kann man nicht einfach gut machen, indem man ein paar untergeordneten Managern den Kopf abschlägt. Da muss der oberste Chef den Kopf hinhalten.»
Vom Verlust entfallen 11 Mio. Franken auf das Ergebnis 2004 und 22 Mio. Franken auf das Ergebnis 2005. Dennoch rechnet Panalpina für 2005 mit einem Konzerngewinn, der über dem Vorjahresergebnis von rund 111 Mio. Franken liegt. Das gab das Unternehmen am Mittwoch bekannt.
Seltener Fall
«Dass ein Chef den Hut wegen eines Vergehens eines Angestellten nimmt, ist in der Schweiz sehr selten», sagte Isabelle Reine, Analystin bei «Centre Info», einem Freiburger Beratungs- und Forschungsunternehmen für Unternehmensverantwortung, gegenüber swissinfo.
In der Schweiz könne sie sich an keinen solchen Fall in den letzten Jahren erinnern. Dies komme beispielsweise in den USA viel häufiger vor: «Dort sind Kader und Angestellte viel mehr auf diese Problematik sensibilisiert. Die Transparenz geht viel tiefer in die Unternehmen hinein.»
Weil der CEO indirekt verantwortlich für die Fehler eines Angestellten sei und Kontrollmassnahmen nicht gereicht hätten, sei der Rücktritt «eine gute Entscheidung», schätzte Reine.
Aktie abgestürzt
Die Aktie des Unternehmens ist nach der Nachricht an der Börse abgestürzt. Das Papier eröffnete am Mittwoch 7,5 Prozent unter dem Schlusskurs vom Vorabend bei 96,10 Franken. Der Kurs lag aber noch immer klar über dem Ausgabepreis von 80 Franken beim Börsengang im vergangenen September.
swissinfo und Agenturen
Die in der Schweiz ansässige Panalpina-Gruppe ist die weltweite Nummer zwei bei der Luftfracht und Nummer drei bei der Seefracht.
Sie ist mit 500 eigenen Niederlassungen in 80 Ländern vertreten; in weiteren 60 Ländern über Partneragenturen.
Die Gruppe beschäftigt über 13’000 Personen.
2004 verzeichnete sie einen Brutto-Umsatz von über 7,4 Mrd. Franken und einen operativen Gewinn von 153 Mio. Franken.
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