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SBB und Post: Sozialpartner einigen sich

Nach Demonstrationen und Verhandlungen hat sich die Gewerkschaft der Eisenbahner (SEV) mit den SBB geeinigt. Keystone Archive

Die beiden ehemaligen Regiebetriebe des Bundes haben sich mit ihren Gewerkschaften geeinigt: Die Bahn auf einen neuen Gesamtarbeitsvertrag und die Post auf eine Umsetzung des Ymago-Projekts ohne Entlassungen.

Mit der Einigung am Freitag haben die Sozialpartner bei Post und SBB eine drohende Eskalation der Konflikte abgewendet.

Die von den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) geforderte Erhöhung der Wochenarbeitszeit um eine Stunde ab 2007 war eine der Knacknüsse in den Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern. Er sei erleichtert, dass er über die Einigung berichten könne, sagte der scheidende SBB-Chef Benedikt Weibel am Freitagabend.

Die Verhandlungen über die neuen Gesamtarbeitsverträge (GAV) für SBB und SBB Cargo verliefen in den vergangenen Wochen und Monaten zäh. Die SBB hatte die Verträge im März gekündigt, um die Arbeitnehmer an den Verhandlungstisch zu bringen.

Seither wurde der Tonfall zwischen den Sozialpartnern rauer. Die Gewerkschaften drohten mit Streik.

Geben und Nehmen

«Es war ein Geben und Nehmen», sagte Weibel. Die SBB können nun die Arbeitszeit erhöhen und flexibilisieren. Dafür erhält das Personal 1,5% mehr Lohn und einen zusätzlichen Ferientag. Beibehalten wird der Kündigungsschutz.

Neu geregelt werden die Zulagen und Spesen. Eingeführt wird ein Vaterschaftsurlaub von fünf Tagen. Die neuen GAV sollen Anfang 2007 in Kraft treten und über vier Jahre laufen.

François Gatabin, Vizepräsident der Eisenbahner-Gewerkschaft SEV, beurteilte das Verhandlungsergebnis als «akzeptablen Kompromiss».

Der Verwaltungsrat der SBB AG stimmte den Verträgen bereits zu. Die GAV-Konferenzen der Personalverbände werden nächste Woche dazu Stellung nehmen.

An den Verhandlungen waren neben dem Schweizerischen Eisenbahn- und Verkehrs-Personalverband (SEV) die Gewerkschaft transfair, der Kaderverband des öffentlichen Verkehrs (KVöV) und der Verband Schweizer Lokomotivführer und Anwärter (VSLF) beteiligt. Die GAV gelten für rund 27’000 Mitarbeitende von SBB und SBB Cargo.

Keine Entlassung aus wirtschaftlichen Gründen

Eine Einigung gab es am Freitag auch bei der Post. Die Reorganisation des Poststellennetzes soll ohne Entlassungen über die Bühne gehen. Bis Ende Februar wollen Post und Gewerkschaften die Details regeln.

Beide Seiten seien sich einig, dass das Projekt Ymago ohne Kündigungen aus wirtschaftlichen Gründen umgesetzt werden könne, sagte Hugo Gerber, Präsident der Gewerkschaft transfair.

Weiter sollen einseitig von der Post verordnete Reduktionen der Beschäftigungsgrade vermieden werden. Die notwendigen Einsparungen sollen über natürliche Fluktuation und über ein von der Post ausgestaltetes Anreizsystem erreicht werden.

Umbau des Poststellennetzes

Das Poststellennetz soll in den nächsten zwei Jahren radikal umgebaut werden, was zu einem Verlust von bis zu 500 Stellen führt. Die Umsetzung der Umbaupläne kann frühestens im Frühling 2007 in Angriff genommen werden.

Kernpunkt der Neuausrichtung ist eine neue Aufgabenteilung unter den heute 2500 Poststellen. Neu sollen rund 200 Hauptpoststellen jeweils zwei bis 20 Zweigpoststellen führen. Bis Ende 2008 sollen rund 200 so genannte Agenturen geschaffen werden, mit denen die Post in Dorfläden integriert werden soll.

Als Reaktion auf die Umbaupläne der Post organisierten die Gewerkschaften bisher drei Montagsdemonstrationen. Am Sonntag stellen die Gewerkschaften den Post-Mitarbeitern das Ergebnis der Verhandlungen vor. Danach wird über die Fortführung der Demonstrationen entschieden.

swissinfo und Agenturen

Am 1. Januar 1999 wurden die SBB vom Bundesbetrieb in eine AG umgewandelt. Der Staat hält 100% der Aktien.

Die SBB beförderten 2005 275,9 Mio. Fahrgäste und 58 Mio. Tonnen Güter.

Die SBB leisten 87% der in der Schweiz gefahrenen Passagier-Bahnkilometer und befördern 90% der Güter. Der Rest entfällt auf die Privatbahnen.

Das Unternehmen beschäftigt 28’000 Personen. Beim Güterverkehr (SBB Cargo) sollen jedoch 200 Stellen abgebaut werden.

Im März 2006 haben die SBB den geltenden GAV gekündigt.

Die Geschichte der heutigen Post beginnt 1995 mit der Aufteilung der PTT in Post und PTT Telekom (heute Swisscom). Die Reform tritt 1998 in Kraft.

18. Jan. 2001: Die Post kündigt an, bis 2005 das Netz von 3390 Poststellen auf 2500 zu reduzieren, was in der Öffentlichkeit und im Parlament auf Kritik stösst. Damit will sie jährlich rund 100 Mio. Franken sparen.

27. Mai 2003: Der Post-Verwaltungsrat entscheidet sich im Rahmen des REMA-Projekts für drei Briefzentren sowie sechs Subzentren. Dadurch gehen 2390 Stellen verloren.

3. Mai 2006: Der Bundesrat schlägt eine Revision des Postgesetzes zur weiteren Marktöffnung vor.

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