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Schweizer Bauern: Die Zitrone ist ausgepresst

Der Himmel für Schweizer Bauern ist wolkenverhangen. swissinfo/L. Schäublin

Die Schweizer Bauern geraten zusehends unter Druck. Nun fordert der Schweizerische Bauernverband mehr unternehmerische Freiheit für die Landwirte.

An seiner Delegiertenversammlung vom Donnerstag diskutiert der Verband über Kosteneinsparungen in der Landwirtschaft.

Kostensenkungen, Entlastungsprogramm 2004 des Bundes und eine Rede von Bundesrat Christoph Blocher, in der er die Bauern zu Einsparungen aufforderte. Unter diesem Zeichen steht die Versammlung des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) vom Donnerstag.

Ein neues Leitbild, über das die Delegierten befinden werden, fordert genau dies: Mehr unternehmerische Freiheit, also eine Deregulierung der Landwirtschaft.

«Damit wir den unternehmerischen Handlungsspielraum erweitern können, brauchen wir nicht immer mehr, sondern weniger Auflagen», sagt SBV-Direktor Hansjörg Walter, Nationalrat der Schweizerischen Volkspartei (SVP), gegenüber swissinfo.

Einschränkende Verordnungen

Dies habe auch Blocher an seiner Rede Anfang Oktober an der Schweizer Messe für Landwirtschaft und Ernährung OLMA in St. Gallen gefordert.

Leider sei jedoch das Gegenteil der Fall: «Der Bundesrat erlässt immer wieder Verordnungen, die den Bauern im unternehmerischen Handeln einschränken», was die Produktionskosten erhöhe, so Walther.

Blocher habe in seiner Rede eigentlich von dem gesprochen, «was wir vom Bundesrat erwarten». Nun solle Blocher «sich anstrengen und das auch im Bundesrat durchsetzen».

Wenn es hingegen um das Ausmass möglicher Einsparungen oder um die Welthandels-Organisation (WTO) und Marktstützungen geht, stellt sich Blocher gegen die Bauern und damit seine SVP-Stammwählerschaft.

Delegation zu Blocher geschickt

Dies beunruhigte die Bauern derart, dass der SBV kürzlich eine Delegation zu Blocher schickte. Diese habe herausgefunden, dass Blocher eine andere Auffassung habe, wie der Prozess um den Abbau der Marktstützungen und die WTO bewältigt werden solle.

«Er ist der Meinung, dass das nur mit Kostensenkungs-Massnahmen in der Landwirtschaft selber vorgenommen werden kann», sagt Walter.

«Und da muss ich sagen, dass wir natürlich die Zitrone schon längst ausgepresst haben.»

Blocher stelle sich die Reorganisation des komplexen Agrarsystems zu einfach vor. Reformen bräuchten Zeit. «Die Frage ist letztlich, wie schnell der Strukturwandel in der Landwirtschaft erfolgen soll.»

Blocher als «ärgster Feind»

Zwar hatten die Bauern Blocher an der OLMA applaudiert, doch die Kritik folgte auf dem Fuss. Wobei die meisten viel härter mit «ihrem» Bundesrat ins Gericht gingen als Walter.

Die Kleinbauern-Vereinigung bezeichnete Blochers Forderung nach Einsparungen von einer Milliarde Franken als «Grabrede auf die Agrarpolitik». Auch die Schweizer Milchproduzenten reagierten empört.

Noch deutlichere Worte gebrauchte Bauernverband-Vizepräsident John Dupraz: «Blocher war immer der ärgste Feind der Landwirtschaft», sagte der freisinnige Nationalrat. Mit seinen neusten Forderungen wolle er der Landwirtschaft den Todesstoss versetzen.

Als eine «falsche Aussage, die unüberlegt ist», wertet Walter diese Stellungnahme seines Vize. «Blocher steht für eine einheimische, schweizerische Landwirtschaft voll ein.»

Bauern haben Zukunft

Der Bauernstand habe in der Schweiz eine Zukunft, ist Walter überzeugt. Heute würden die Bauern nicht nur Nahrungsmittel produzieren, sondern auch das Land pflegen, den Erholungsraum sicherstellen, und sie seien für gesundes Trinkwasser zuständig.

«All das sind Leistungen, die eben nicht über den Markt abgegolten werden.» Daher gelte es nun, «eine Balance zu definieren zwischen Markt und öffentlichen Leistungen».

swissinfo, Christian Raaflaub

Die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe in der Schweiz hat von 2002 bis 2003 um 2.3% von 67’421 auf 65’866 abgenommen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiteten über 30% der Erwerbstätigen in der Landwirtschaft; 2002 waren es rund 4%.

Die Schweizer Bauern geraten von allen Seiten unter Spardruck. Der Schweizerische Bauernverband fordert nun mehr unternehmerische Freiheit.

Die Reorganisation des komplexen Agrarsystems sei jedoch keine leichte Aufgabe. Reformen würden Zeit brauchen.

Hinzu kommt, dass SVP-Bundesrat Christoph Blocher die Bauern mit seinen drastischen Vorstellungen vor den Kopf gestossen hatte.

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