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Südafrika: Fairer Handel auch beim Reisen

Ranger Chris Muthani erklärt den Touristen die Wildspuren im Sand. Keystone

Dank einer Schweizer Initiative bemüht sich Südafrika, das Konzept des "fairen Handels" auch auf den Tourismus anzuwenden: Fair Trade Holidays.

Im Gegensatz zur Schweiz und zum Rest der Welt, wo der Tourismus stagniert, weist Südafrika in dieser Branche weiterhin Wachstum aus.

Schon vor dem neuen Südafrika galt am Kap die Nachhaltigkeit in Sachen Umwelt als Schlüsselkonzept im Umgang mit Land und Natur.

Kombiniert wurde es pragmatisch mit einer freizeit- und tourismusbezogenen Bewirtschaftung der weltweit einmaligen Attraktionen: Der Krüger-Nationalpark und andere Naturreservate stehen für die Qualität dieser Pflege afrikanischen Lebensraumes.

Allerdings blieben diese Angebote in der Zeit der Apartheid auf eine weisse Elite beschränkt.

2004 feiert das neue, freie Südafrika die erste Dekade seines Bestehens. Dem Tourismus kommt heute eine viel breitere Bedeutung zu. Denn neben Gold und anderen Bodenschätzen, neben Kapwein und Fruchtexport wird der wachsende Tourismus als Imageträger genutzt, der vielen Menschen in Südafrika Beschäftigung und Einkommen verspricht.

Eine Schweizer NGO mit Initialzündung: Fair Reisen

Seit 1994 versucht das neue Südafrika systematisch, «allen Südafrikanern gleichermassen Zugang zum Potenzial dieser wachstumsstärksten aller Branchen im Lande zu verschaffen», wie die Botschafterin in der Schweiz, Nozipho January-Bardill, Anfang Monat in Bern vor den Medien erklärte.

Wer Initiative zeigt, um Angebote wie Guest Houses, Bed & Breakfasts, Lodges oder Parks auf die Beine zu stellen, wird mit einer KMU-bezogenen Politik unterstützt. Gefördert wird nur nicht traditionell mit Subventionen und Billigkrediten, sondern auf der Basis von «nachhaltigen und fairen» Kriterien.

Dem liegt das Konzept «fair unterwegs» zugrunde. Die Idee dazu kommt vom Basler «Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung» (akte).

Es geht darum, den Gedanken des «fairen Handels» auf den Dienstleistungsbereich Tourismus auszuweiten, in Anlehnung an den «fairen Handel» mit Rohstoffen aus der Dritten Welt.

Zertifizierte Produkte aus dem «fairen Handel» stossen bei Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten auf ein grösseres Echo als anderswo in Europa.

«Fair Trade in Tourism» als zertifizierte Marke

Inzwischen kümmert sich am Kap auf nationaler Ebene der «Fair Trade in Tourism South Africa» (FTTSA) um eine Zertifizierung der Anbieter, die solchen Kriterien entsprechen: Gute Arbeitsbedingungen, Respekt lokaler Traditionen, Schonung der Umwelt etc.

Aber auch der Business-Bezug fehlt nicht: «Neue Anbieter bemühen sich teils jahrelang, um Haftpflicht-Versicherungen vorzuweisen», sagt Jennifer Seif, FTTS-Koordinatorin.

Von Südafrikas Attraktionen weit entfernt operierende Reiseveranstalter wie jene in der Schweiz ziehen es bisher vor, örtliche Hotel-, Transport- und andere Leistungen bei einem zertifizierten und versicherten Anbieter zu kaufen, wie Hanspeter Zeier, Chef von African Collection Tours, gegenüber swissinfo bestätigt.

«Besonders wenn der Geschäftspartner 10’000 Kilometer weit entfernt liegt, ist man als Tour Operator in der Schweiz froh zu wissen, dass jemand für diesen haftet.» Doch liegt der Teufel im Detail: Nicht jeder örtliche Anbieter erreicht die notwendige Umsatzgrösse, um sich als Partner zu qualifizieren – «fairer Handel» hin oder her.

Der Haken liege in der Höhe der Haftungssumme, wendet der Geschäftsmann gegen das Konzept ein. «Mein Partner in Südafrika mag für eine Höchstsumme für dortige Verhältnisse versichert sein. Doch hier in der Schweiz übernehme ich als Veranstalter eine unbegrenzte Personen-Haftpflicht.»

Dazwischen können leicht einige Nullen mehr in der Summe liegen – und dieses Risiko bleibe am Schweizer Veranstalter haften, der oft genug ebenfalls ein KMU sei.

KMUs auch global positionieren

Als 1996 in Südafrika die neue Verfassung angenommen wurde, stand das Erreichen einer nicht-rassistischen und nicht-sexistischen Gesellschaft im Vordergrund, wie Botschafterin January-Bardill in Erinnerung ruft. Dabei sei ein Tourismus, der auf Verantwortungsbewusstsein baue, ein wichtiger Aspekt gewesen.

Deswegen sei es so wichtig, das wachsende touristische Angebot schwarzer KMU-Gewerbler global wettbewerbsfähig zu machen. 10% des Bruttosozialprodukts werden durch den Fremdenverkehr aufgebracht. Und fast 1,9 Mio. Besucher jährlich zählt das Land allein aus Staaten ausserhalb Afrikas.

In der Schweiz selber bemüht sich «akte» seit Jahren, Auswüchse im internationalen Tourismus zu bekämpfen: Dazu gehören unter anderem Kinderarbeit, Sextourismus, unterbezahltes Arbeiten und Ausbeutung der Natur.

«akte» organisiert seit längerem die Kampagne «Fair Trade on Holiday». Sie tritt an den Ferienmessen auf, wo sich die gesamte Schweizer Reisebranche trifft. Der Schweizerische Reisebüro-Verband hat auf diese Initiative hin seine Mitglieder aufgefordert, «gesellschaftlich und sozial verantwortungsbewusstes Reisen» zu fördern.

«Die Leute in der Schweiz hegen bei ihren Auslandreisen heute mehr Befürchtungen als früher», sagt akte-Chefin Christine Plüss gegenüber swissinfo. «So dass sie für Anliegen wie soziale Gerechtigkeit und Arbeitsbeschaffung in Feriendestinationen offener sind.»

Stören zuviel politische Anliegen das Geschäft?

Was diese Anliegen betrifft, streicht Plüss die Vorreiterrolle Südafrikas heraus: Das Land habe 2003 entsprechende Richtlinien für die nationale Tourismusbranche erlassen und dadurch an Glaubwürdigkeit gewonnen.

Etwas anders sieht dies der Chef von African Collection Tours: «Der Tourismus weckt zwar grosse Erwartungen bei allen Beteiligten», sagt Hanspeter Zeier. «Für mich als Unternehmer stehen die Bedürfnisse meiner Kunden in der Schweiz und meine Überzeugung jedoch über jeglicher politischer Erwartungshaltung des Reiselandes.»

Zuviel politische Anliegen störten das Geschäft. Zeier findet das «Fair Trade»-Konzept sicher richtig, aber es müsse den vor Ort arbeitenden, verlässlichen Partnern überlassen werden.

swissinfo, Alexander Künzle

Südafrika hat 40 Mio. Einwohner.

10% des Brutto-Sozialprodukts in Südafrika entfallen auf den Tourismus.

Das Land hat eine alte Tourismustradition, vermied aber bisher Massen-Tourismus.

Nun sollen die Vorteile dieser Branche der gesamten Bevölkerung zugute kommen.

Fair Reisen: Südafrika möchte mit seiner KMU-bezogenen Förderungspolitik für den Tourismus neue Wege beschreiten.
«Fair Trade in Tourism» gilt als zertifizierte Marke.
Eine Schweizer NGO, der «Arbeitskreis Tourismus & Entwicklung», hat bei der Entwicklung des Konzepts kräftig mitgeholfen.

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