Swiss verkaufen – «Alles andere sind Träume»
Der Widerstand gegen den Verkauf der Fluggesellschaft Swiss an die deutsche Lufthansa nimmt ab, berichtet die Sonntagspresse.
Der Vizepräsident des Verwaltungsrates sieht keine Alternativen und laut einer Umfrage sind 53% der Schweizer für den Verkauf.
Am Dienstag wird die Schweizer Regierung über den Verkauf der Fluggesellschaft Swiss an die Lufthansa entscheiden. Laut einer Umfrage im Auftrag der Zeitung «SonntagsBlick» befürworten 53% der Befragten den Deal. Und 50% würden es nicht bedauern, wenn der Name Swiss verschwinden würde.
Auch Swiss-Vizepräsident Bosch sieht keine Alternativen. «Man muss dann heiraten, wenn der Bräutigam vor der Tür steht», sagte Bosch, der vor zwei Jahren noch als Gegner einer Übernahme galt, in einem Interview mit der «SonntagsZeitung».
Swiss alleine nicht mehr überlebensfähig
Die politische Logik spreche eigentlich für eine unabhängige Airline, bei der die Schweiz die Lufthoheit behalte. «Die wirtschaftliche Logik hingegen spricht klar für das Zusammengehen mit der Lufthansa, weil die politischen Voraussetzungen nicht gegeben sind, den Alleingang zu finanzieren», sagte Bosch.
Obwohl er als Bürger Vorbehalte habe, stimme er als Verwaltungsrat dem Verkauf zu. In der realen Welt sei «der Lufthansa-Deal die richtige Lösung. Alles andere sind Träume».
Eine Bereitschaft von Wirtschaft und Politik, neues Geld einzuschiessen, «sei nicht einmal in Ansätzen sichtbar», so Bosch.
Der Investitionsbedarf ist gross
Die Schweizer Airline brauche aber frische Mittel, um die Regionalflotte zu erneuern und neue Langstreckenjets zu kaufen. «Wenn man davon spricht, die Airline werde an die Lufthansa verschenkt, darf man nicht vergessen, dass die Lufthansa diese Investitionen finanzieren muss.»
Dies wird teuer: Die Erneuerung der Regionalflotte kostet nach derzeitigem Stand 700 Millionen Franken und zwei zusätzliche Langstreckenflugzeuge noch einmal 300 Mio. Franken.
Um dies zu finanzieren, müsste die Swiss eine Kapitalerhöhung von gegen 600 Mio. Franken durchführen. Bosch wollte keine Zahlen kommentieren.
Bundesrat Blocher: «Kein Kommentar»
«Sowohl das Finanzdepartement als auch das Bundesamt für Justiz kommen in Gutachten zum Schluss, dass der Verkauf in die Zuständigkeit des Bundesrates fällt. Ob der Bundesrat diese Ansicht letztlich teilt, kann ich noch nicht sagen», äusserte sich Justizminister Christoph Blocher in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag».
Auf die Frage, ob er am Dienstag dem Verkauf der Swiss zustimmen werde, antwortete Blocher: «Kein Kommentar». Auch zum Stand der Verhandlungen wollte er nichts sagen.
Der Fluglärmstreit wird im Verkaufs-Deal eine Rolle spielen. «Die Übernahme einer Luftfahrtgesellschaft und das Anflugregime haben viel miteinander zu tun», sagte Blocher.
Nicht äussern wollte er sich dazu, dass am Dienstag auch der Auftakt zu neuen Verhandlungen über einen neuen Staatsvertrag stattfinden könnte. Ein Lufthansa-Sprecher wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.
Lufthansa war das einzige Angebot
Unterdessen hat der Widerstand gegen den Deal abgenommen. Die beiden Zuger Anwälte, Jürg Brand und Marius Grossenbacher, haben am Wochenende das Handtuch geworfen.
Am Freitag waren sie mit Zeitungsinseraten an die Öffentlichkeit getreten, um Investoren zu suchen, welche die geplante Übernahme der Swiss verhindern sollten. Das Interesse sei zu gering gewesen.
Man habe auch Alternativen zu einem Verkauf an die Deutschen geprüft, sagte Bosch: «Wir waren ständig mit allen möglichen Partnern im Gespräch und haben keine Alternative ausgelassen.» Es sei aber kein Angebot von einer anderen Fluggesellschaft als der Lufthansa hereingekommen
swissinfo und Agenturen
Analysten schätzen den Wert der Swiss auf rund 850 Mio. Franken.
Der Börsenwert beträgt 500 Mio. Franken.
Der Kaupreis ist offiziell noch nicht bekannt.
Mitte März bestätigten die Lufthansa und ihre angeschlagene Konkurrentin die Verhandlungen um eine Übernahme der Swiss.
Lufthansa will die Swiss auf Beginn des nächsten Winterflugplans integrieren.
In Gesprächen mit den Grossaktionären der Swiss (Eidgenossenschaft, UBS, Credit Suisse) setzte die Lufthansa eine Frist, die am Dienstag, 22. März abläuft.
Die Eidgenossenschaft ist mit rund 20% der Aktien die grösste Einzel-Aktionärin der Swiss. Deshalb wird der Entscheid des Bundesrates wegweisend sein.
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