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WEF stellt «neue Realität» ins Zentrum

Sicherheit für die prominenten WEF-Besucher wird in Davos gross geschrieben. Keystone

Das World Economic Forum 2011 will sich mit den Risiken und möglichen Lösungen in einer sich veränderten Umwelt befassen. Am Treffen, das vom 26. bis zum 30. Januar stattfindet, werden rund 2500 Führungspersonen aus aller Welt in Davos erwartet.

Das Motto des 41. WEF-Jahrestreffens lautet «Gemeinsame Normen für eine neue Realität». Damit meint WEF-Gründer Klaus Schwab, dass sich die politische und wirtschaftliche Macht von West nach Ost und von Nord nach Süd verlagere und sich die Technologie rasant entwickle.

Gleichzeitig bestünden im neuen Zeitalter der Post-Globalisierung Tendenzen eines globalen Burn-outs: Viele handelten nicht mehr «pro aktiv, sondern reaktiv wie eine Feuerwehr», so Schwab.

Auch Tom Malnight, Professor für Strategie und Management an der IMD Business School in Lausanne, ist überzeugt, dass sich die Welt in einem Prozess der Veränderungen befindet.

«Die Geschwindigkeit der Veränderungen nimmt von Jahr zu Jahr zu, und die Tragweite der Veränderungen ist grösser denn je», sagte Malnight gegenüber swissinfo.ch. «Dieser Wechsel geht viel tiefer als die Finanzkrise.»

All diese Probleme könnten nur gelöst werden, wenn sich die verschiedenen Akteure an einen Tisch setzten, sagt André Schneider, der langjährige Direktor des WEF, gegenüber swissinfo.ch.

«Jedes Jahr gibt es am WEF Fortschritte zu verzeichnen, auch wenn es nicht immer so schnell geht, wie einige Leute das erwarten. Das hat damit zu tun, dass die Leute am WEF offen miteinander reden können und nicht gleich Entscheide fällen müssen», so Schneider.

Medwedew kommt trotzdem

Zu den 2500 Persönlichkeiten, welche dieses Jahr nach Davos reisen, gehören Politiker, Wirtschaftsführer und Exponenten der Zivilgesellschaft.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew wird am Mittwoch nun doch die Eröffnungsrede am Weltwirtschaftsforum halten. Nach dem Bombenanschlag im internationalen Flughafen Moskau-Domodedowo vom Montag hatte Medwedew seine Rede in Davos zunächst abgesagt. Ein am Dienstag geplantes Arbeitstreffen mit Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey hat er abgesagt.

Zugesagt haben vier Regierungschefs der G8-Staaten: Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der dieses Jahr auch die G8 präsidiert, die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der britische Premierminister David Cameron und der japanische Premier Naoto Kan.

Aus den USA will unter anderen Finanzminister Timothy Geithner anreisen. Präsident Barack Obama dagegen hält kommende Woche seine Rede zur Lage der Nation. Erwartet werden auch UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon, EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sowie Minister aus 19 Staaten der G20.

Vorbild für die G20?

In den vergangenen Jahren ist das WEF regelmässig in die Kritik gekommen. Kritiker monieren, es sei nicht mehr als ein Plaudertreffen und eine Plattform für geschäftliche Abmachungen.

Vor zwei Jahren – auf dem Höhepunkt der Finanzkrise – wurden die Teilnehmer angehalten, auf Cocktail-Partys und aufwendige Nachtessen zu verzichten und sich stattdessen der Lösung der hängigen Probleme zu widmen.

Dieses Jahr will Klaus Schwab vor allem auch die Vertreter der G20-Staaten an einen Tisch bringen. «Wir wollen zum G20-Prozess beitragen», sagte Schwab und fügte an, dass auch die G20 das Modell des WEF übernehmen könnte, wenn sie auch Akteure aus Politik, Wirtschaft, Kultur und Zivilgesellschaft an einen Tisch bringen würde.

Er wolle sich beim  französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy für diese Idee einsetzen, so Schwab.

Stark gewachsen

Das Hauptaugenmerk bei den Diskussionen gelte globalen Risiken wie steigenden Preisen für Nahrungsmittel, Wasser und Energie. Kurzfristig debattiert werden soll auch die Zukunft von Tunesien nach dem Umsturz.

Zudem gibt es Diskussionen zur Schuldenkrise, über Regeln für die Finanzmärkte, Korruption, zum Erfolg der nordischen Staaten, neuen Technologien oder auch zu Hunger und Armut.

«Als ich im November 1998 zum WEF kam, da hatte die Organisation weniger als 90 Angestellte und einen jährlichen Umsatz von 50 Millionen Schweizer Franken», sagt André Schneider gegenüber swissinfo.ch. «Heute hat das Forum mehr als 400 Angestellte und Büros in den USA, in China und in Japan. Der Umsatz hat sich vervierfacht.»

Das World Economic Forum wurde 1971 als «Management Symposium» von Klaus Schwab, einem in Deutschland geborenen Geschäftsmann, gegründet.

Das WEF, das diesen Namen seit 1987 trägt, ist eine nicht profitorientierte Stiftung nach Schweizer Recht. Sie setzt sich für ein Unternehmertum im globalen öffentlichen Interesse ein. Die von rund tausend Mitgliederfirmen getragene Stiftung hat ihren Sitz in Cologny, Genf.

Die Organisation sieht sich als Dialog-Plattform zwischen Entscheidungsträgern, als Hilfsinstrument für strategische Entscheide und als Katalysator für verschiedene Initiativen, die den «Zustand der Welt» verbessern wollen.

Das WEF organisiert weltweit Symposien, fördert Initiativen und Arbeitsgruppen, realisiert Studien und schlägt Master-Programme vor. Es führt jährlich eine Anzahl Treffen durch, wobei Davos – immer im Januar – das Flaggschiff ist.

2002 zügelte das WEF für einmal nach New York, aus Solidarität mit der Stadt nach den Terroranschlägen 9/11 im Vorjahr.

Davos hat schon grosse Namen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Show Business angezogen, wie Nelson Mandela, Bill Clinton, Tony Blair, Bono, Angela Merkel, Bill Gates und Sharon Stone.

Je grösser das Forum und sein Status in den 1990er-Jahren wurde, desto mehr wurde es von Antiglobalisierungs-Organisationen kritisiert, die dem WEF Elitismus und Eigeninteresse der Teilnehmer vorwerfen.

Das 41. WEF-Treffen in Davos findet vom 26. bis 30. Januar statt. Es werden 2500 Führungspersonen aus 90 Ländern erwartet.

(Übertragung aus dem Englischen: Andreas Keiser)

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