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Der Weihnachtsbaum ist in der Schweiz erst etwa 100 Jahre alt

Im frühen 16. Jahrhundert sind die ersten Vorläufer des Weihnachtsbaums belegt. Keystone

Der Christbaum gilt als deutsche, protestantische Erfindung und wurde lange von romanischen und katholischen Ländern abgelehnt. Vorläufer kannten bereits die alten Römer, doch in der heutigen Form ist er erst etwa 100 Jahre alt.

Despektierliche Ausdrücke wie «Hallelujabesen» können nicht darüber hinwegtäuschen: Der Tannenbaum ist von allen Weihnachts-Accessoires dasjenige, das die meisten Emotionen hervorruft. In der unfruchtbaren, kalten Jahreszeit wecken sein Grün und die Lichter Hoffnung auf Fruchtbarkeit und Wärme.

Gut gegen Husten, Hexen, Hagel…

Schon die alten Römer schmückten zur Winterzeit ihre Häuser mit Immergrün. Auch die Germanen glaubten, dass in Koniferen gute Geister wohnten, die mit spitzen Nadeln Dämonen abwehrten und mit Magie die Bäume vor dem Verdorren bewahrten.

Im Volksglauben schützt Tannengrün das Haus vor Hexen, Krankheiten und Blitzschlag. Man brachte deshalb Zweige über die Türe an oder Tannenbäumchen mit der Spitze nach unten an der Decke. Erst als im 19. Jahrhundert Kerzen gebräuchlich wurden, hängte oder stellte man die Bäume aufrecht.

Der Brauch des Tannengrüns wurde zunächst von der Kirche als heidnisch abgelehnt. Eine Strassburger Fastenpredigt von 1508 überliefert, dass «dannreis in die Stuben legen» ein «unflätig, unchristlich Ding» sei.

…und Hunger

Im frühen 16. Jahrhundert sind die ersten Vorläufer des Weihnachtsbaums belegt: die Gemeinschaftsbäume. Burschenschaften und Handwerkszünfte begannen damals damit, zu Silvester Tannenbäume mit Esswaren zu behängen, sie im Umzug durch die Gemeinde zu tragen und am Schluss zu schütteln, damit die Armen sich der Leckereien bedienen konnten.

Bereits 1419 wird ein Baum mit Äpfeln, Nüssen und Lebkuchen urkundlich erwähnt: Die Freiburger Bäckerzunft stellte ihn im Armenspital auf. Ein «Dattelbaum-Schütteln» wurde auch 1507 in Bern veranstaltet. Und 1597 beglückten die Basler Schneidergesellen die Bedürftigen mit einem Baum, an dem Äpfel und Käse hingen.

Schloss-Schützengraben-Stube

Danach eroberte der Christbaum allmählich die Privathaushalte, zumächst allerdings nur die höfischen. Der erste Lichterbaum wird Herzogin Dorothea Sibylle von Schlesien zugeschrieben, die ihn 1611 in ihrem Schloss aufstellte. 1708 erzählte Lieselotte von der Pfalz ihrer Tochter brieflich vom Christbaum ihrer Kindheit. 1770 sah Goethe seinen ersten Weihnachtsbaum in Strassburg.

In die bürgerlichen Stuben gelangte der Weihnachtsbaum gleichsam via Schützengraben. Weihnachten 1870, während des deutsch-französischen Kriegs, liessen die deutschen Heerführer in den Quartieren Christbäume aufstellen, um die Moral der Truppe zu stärken. Das gefiel den Soldaten so gut, dass sie den Brauch in ihre Familien brachten.

Nachdem 1818 Stearin und 1830 Parafin erfunden worden waren, waren Kerzen erschwinglich geworden. Die essbaren, aber verderblichen Weihnachtsschätze der Gemeinschaftsbäume wurden mehr und mehr durch haltbaren Christbaumschmuck ersetzt, gefördert von der im 19. Jahrhundert erstarkenden Glasbläserindustrie. Deutsche Auswanderer brachten den Christbaum in die Neue Welt; 1891 stand erstmals einer vor dem Weissen Haus.

Renitente Romanen

Etwas länger dauerte es im romanischen Europa. In der Westschweiz ist der erste Christbaum um 1900 belegt. Renitent erwies sich auch Frankreich, möglicherweise als Nachwirkung des verlorenen Kriegs von 1870/71.

In französischsprachigen Gebieten nannte man den Protestantismus lange Zeit «Tannenbaumreligion» und hielt am alten Brauch des Weihnachtsscheits fest. Der «Bûche de Noël» ist ein Holzpflock, der zwischen Weihnacht und Neujahr möglichst lange am Glimmen gehalten wird und dessen Asche, in Haus und Stall gestreut, vor Unbill schützen soll.

swissinfo und Agenturen

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