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Geld und Geist im Kloster

Das Kloster ist nur der kleinste Teil der Ländereien der Benediktiner von Einsiedeln. Kloster Einsiedeln

Die Mönche im Kloster Einsiedeln leben nach einfachen Regeln. Jetzt braucht die Abtei Finanzgenies für teure Ausbau- und Renovations-Projekte.

Die Benediktiner-Mönche gehen neue Wege, um Geld und Geist zusammenzubringen.

Das Kloster Einsiedeln gebietet über einen weit gefächerten Besitz. Ausser der eigentlichen Klosteranlage nennen die Benediktiner von Einsiedeln rund 2,4 Mio. Quadratmeter Land ihr Eigen, dazu kommen zwei Inseln (Ufnau, Werd), Gasthöfe und das älteste Gestüt Europas.

Das weltliche und apostolische Wissen von tausend Jahren, das in den Bibliotheken und Archiven des Klosters lagert, ist von unschätzbarem Wert, lässt sich aber nicht in Bares für den Unterhalt und für dringende bauliche Erneuerungen des Klosters umwandeln.

Mit Askese allein keine Zukunft

Mit der benediktinischen Ordensregel «Bete und Arbeite» allein vermögen die Mönche das weitläufige Kloster und die Immobilien und Anlagen innerhalb und ausserhalb den Mauern der Abtei längst nicht mehr aus eigener Kraft instand zu halten und zu erneuern. Auch eine Million Pilger und Gläubige, die jedes Jahr nach Einsiedeln strömen, machen die Mönche nicht reich.

Der Unterhalt, die Renovation und die Restauration des Klosters verschlingen riesige Summen. Allein die Löhne und Gehälter für Angestellte und für die klösterlichen Regiebetriebe (Buchbinderei, Steinhauer, Dachdecker, Klosterkellerei, Druckerei) belaufen sich auf jährlich 8 Mio. Franken. Die rund 80 Mönche arbeiten um Gottes Lohn.

Geben macht selig

Seit ein paar Jahren bemüht sich das Kloster Einsiedeln, die Jahrhunderte alte Tradition des grosszügigen Schenkens an das Kloster in der zeitgenössischen Form des Sponsoring wieder aufleben zu lassen. Mit einigem Erfolg. Mehr als 30 Mio. Franken sind in den letzten Jahren bereits in die Restaurierung der Klosterkirche und anderer Gebäude geflossen.

Das Kloster Einsiedeln ist ein Ort der Einkehr und gleichzeitig eine permanente Baustelle. Viele Räume der Stiftschule wurden saniert und den neuen Bedürfnissen eines modernen Lernbetriebs angepasst. Verschiedene Klausurzellen der Mönche wurden erneuert.

Auch die barocke Stiftsbibliothek konnte restauriert werden. Zu ihrem Bestand gehören 1200 Handschriften, 1100 Inkunabeln und Frühdrucke sowie 230’000 gedruckte Bände aus fünf Jahrhunderten. Das Kloster verfügt über ein neues Lesezimmer und der ganze Fraterstock samt altem Kapitalsaal wurde ebenfalls erneuert.

Der Abt sucht Chief Financial Officer (CFO)

Professionelles Sponsoring gehört nicht zur Kernkompetenz der Mönche in Einsiedeln, und ein Klostervorsteher ist kein Chief Financial Officer (CFO). Deshalb versucht Martin Werlen, der Abt des Klosters Einsiedeln, einen wirtschaftlichen Beirat für die weltlich-finanziellen Belange des Klosters zu bilden.

Einst spendeten Fürsten und Könige aus politischem Kalkül für das Kloster, und um ihre Seelen zu beruhigen. Heute bieten Angehörige wirtschaftlicher Eliten im In- und Ausland aus Imagegründen Hand, um die Liquiditätsengpässe der Benediktiner zu lindern. Ohne grosszügige Zuwendungen weltlicher Geldgeber sind die ambitiösen Pläne der Benediktiner von Einsiedeln nicht realisierbar.

Alte, teure Schriften

Das Kloster Einsiedeln steht vor kostspieligen Vorhaben. Die 600 Laufmeter Akten des Stiftarchivs werden zurzeit ins Staatsarchiv von Schwyz transportiert. Dort soll das historische Gedächtnis des Klosters restauriert werden. Die Feuchtigkeit in den Klosterräumen, Pilzbefall und der ständige Wechsel von Wärme und Kälte haben den Archivmappen in den 56 Holztruhen im Lauf der Jahrhunderte zugesetzt.

Das Archiv wird später in neue Räume des Klosters zurückgebracht. Weiter sollen der vierstöckige Gästetrakt des Klosters erneuert und der Musiksaal der Stiftsschule und das Naturalienkabinett renoviert werden.

Vom Kloster Einsiedeln, den Pilgern und dem damit verbundenen Tourismus ist die ganze Talschaft betroffen. Das Herzstück des Dorfes, der mit Kopfsteinen gepflästerte Klosterplatz und die dazu gehörigen Devotionalienläden in den Arkaden sollen für 5 Mio. Franken renoviert und für die Ansprüche und Sicherheitsstandards der Pilger hergerichtet werden.

Kloster mit Welttheater

Auf dem Klosterplatz findet traditionell das «Einsiedler Welttheater» statt, das der Ort einem weitsichtigen Durchreisenden, Peter Erkelenz, verdankt. Unter seiner Leitung wurde Don Pedro Calderóns Welttheater 1924 zum ersten Mal auf dem Klosterplatz aufgeführt. Seither haben rund eine Million Zuschauer das «Einsiedler Welttheater» besucht. Die nächste Aufführung findet im Jahr 2007 statt.

Die Benediktinermönche versuchen das Kloster Einsiedeln mit modernen Mittelbeschaffungs-Methoden zu erneuern und zu erhalten. So können sie sich auf ihr schlichtes «Beten und Arbeiten» konzentrieren, während weltliche Fürsten in Banken, Institutionen und Firmen den Mammon organisieren, von dem schon der Evangelist Lukas sprach: «Und ich sage euch: Machet euch Freunde mit dem Mammon, auf dass sie euch aufnehmen, wenn ihr darbet.»

swissinfo, Erwin Dettling

Im Jahre 934 wurde das Benediktiner-Kloster von Einsiedeln gegründet.
Die heutige barocke Klosteranlage wurde im Jahr 1704 begonnen.
Die grosse Bibliothek stammt aus dem Jahre 1738.
Die prunkvolle Stiftskirche ist berühmt für die «Schwarze Madonna».
Jährlich pilgern eine Million Menschen nach Einsiedeln.

Der Benediktiner-Orden in Einsiedeln besitzt riesige Ländereien und mehrere Betriebe.

Die Sanierung von Kloster und dessen Bibliothek können die Mönche aber nicht allein bezahlen.

Das Geld dafür soll ein wirtschaftlich-weltlicher Beirat bei Sponsoren holen.

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