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Hani Ramadan stolpert über das Genfer Schulgesetz

Der entlassene Lehrer Hani Ramadan. Keystone

Die Genfer Regierung entlässt den muslimischen Lehrer Hani Ramadan und begründet die Entlassung mit wiederholten Verstössen gegen das Schulgesetz. Ramadan hatte in "Le Monde" die Scharia verteidigt.

Kirche und Staat sind im Kanton Genf strikt getrennt.

Die Genfer Regierung hat den Schweizer Lehrer Hani Ramadan entlassen. Der Grund: Verletzung der Treuepflicht durch das öffentliche Unterstützen von Meinungen, die den in Schweizer Schulen vermittelten Werten widersprechen.

Ramadan war schon vor dem aktuellen Konflikt von der Genfer Erziehungsdirektion verwarnt worden.

Artikel im «Le Monde»

Der Schweizer Bürger Hani Ramadan ist Volksschullehrer und gleichzeitig sowohl Direktor als auch Imam des Islamischen Zentrums in Genf. Am 10. September hatte er in einem Artikel in der französischen Zeitung «Le Monde» die Steinigung als Strafe bei Ehebruch verteidigt.

Daraufhin war er vom Genfer Staatsrat am 11. Oktober mit sofortiger Wirkung suspendiert worden.

Strenge Gesetzgebung in Genf

In Genf werden Religion und Staat strikt getrennt. Dies gilt insbesondere in öffentlichen Schulen.

Sinngemäss müssen Beamte laut Artikel 120 des Schul-Gesetzes «konfessionslos» sein. Von diesem Grundsatz dürfen nur universitäre Ausbilder abweichen.

Auch sollten Schulbeamte auf ihre Werte-Haltung bei Ausübung ihrer Tätigkeit achten.

Diese Gesetzgebung bildete die Grundlage für die Administrativ-Untersuchung die der Staatsrat gegen Ramadan eingeleitet hatte.

Laut Ex-Staatsanwalt Bernard Bertossa, der die Untersuchung leitete, hat Hani Ramadan mit seinem Artikel die Treuepflicht verletzt.

Ramadan, der Volksschullehrer ist, übe auch kirchliche Funktionen aus, die nicht mit der Trennung von Kirche und Staat vereinbar seien. Der Ex-Staatsanwalt bezweifelt ausserdem, dass Ramadan fähig sei, in seiner Arbeit die nötige Distanz zu seinen sonstigen Funktionen zu finden.

Fall für den Europäischen Gerichtshof?

Ramadan wehrt sich gegen die Aussage Bertossas, wonach er ein Religionsgelehrter sein soll. Dazu Ramadan: «Ich bin kein Religionsgelehrter.»

Hani Ramadan bestätigte gegenüber swissinfo, dass er gegen den Entscheid Rekurs einlegen will. Bis am 22. Januar 2003 habe er dafür Zeit. Deshalb wolle er vorläufig nicht öffentlich Stellung nehmen.

Allerdings will er wenn nötig bis vor das Bundesgericht gehen oder den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strassburg anrufen.

swissinfo

Hani Ramadan wurde in 1959 in Genf geboren und besitzt seit 1983 die Schweizer Staatsbürgerschaft.

Seit 1981 als Volksschullehrer tätig.

Seit 1995 Direktor des Islamischen Zentrums Genf.

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