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Fifa-Präsidium: Blatter zum Vierten

Sepp Blatter krönt seine Karriere als Fifa-Präsident mit einer vierten Amtszeit. Reuters

Der Schweizer Josef Blatter ist am Mittwoch an der Delegiertenversammlung des Weltfussball-Verbands Fifa in Zürich zum vierten Mal zum Präsidenten der Organisation gewählt worden. Dies trotz Skandalen und negativen Schlagzeilen im Vorfeld der Wahl.

Weil die Wahl im Zürcher Hallenstadion geheim war, zog sie sich über den ganzen Nachmittag hin. In Zweiergruppen wurden die Delegierten von 206 Ländern nach vorne gerufen, um ihren Wahlzettel in die Urne zu werfen.

Schliesslich sprachen sie sich am 61. Fifa-Kongress mit 186 von 203 abgegebenen Stimmen für den Walliser als Präsident bis 2015 aus. Notwendig für die Wiederwahl wären 102 Stimmen gewesen.

Blatter zeigte sich nach der Wahl gerührt und rief dazu auf, zusammen die nächsten vier Jahre mit Energie und Vertrauen anzugehen. «Die Pyramide hat bestanden, weil ihre Basis solide ist», sagte er.

Der Schweizer hatte bei der Wahl keinen Gegenkandidaten, nachdem Mohamed bin Hammam seine Kandidatur am Wochenende zurückgezogen hatte. Wegen Korruptionsvorwürfen war der Katarer anschliessend vorläufig suspendiert worden.

Blatters neue Idee

Mit einem revolutionären Vorschlag hatte Blatter die Delegierten vor der Wahl überrascht. «Ich möchte, dass in Zukunft die Organisation der WM vom Kongress der Fifa beschlossen wird», sagte der 75 Jahre alte Schweizer vor den Vertretern der 208 Mitgliedsverbände.

Bislang wurden die Weltmeisterschaften vom 24-köpfigen Exekutivkomitee vergeben, was immer wieder zu Korruptionsvorwürfen geführt wird. «Es geht jetzt darum, radikale Schritte zu unternehmen und nicht nur kleine kosmetische Verbesserungen», sagte Blatter.

«Unser Schiff ist in Schieflage geraten, vielleicht hat es sogar etwas Wasser. Wir müssen alles daran setzen, dass wir auf Kurs bleiben und der Präsident ist dafür bereit», sagte der 75-Jährige in seiner kämpferischen Ansprache zu den Delegierten der 208 Mitgliedsverbände.

Auf dem riesigen Podium im Hallenstadion auf dem Züricher Messegelände wirkte der kleine Walliser fast ein wenig verloren, doch lange nicht mehr so angespannt wie noch in den vergangenen Tagen, als er eine Pressekonferenz erbost abbrach und nach hitzigen Diskussionen mit Journalisten aus dem Saal stürmte.

Nur interne Untersuchung

Weitere Punkte auf der Blatterschen Reformagenda: im Kampf gegen Korruption und Bestechung soll eine «Lösungskommission» eingesetzt werden, eine Art Rat der Weisen mit Experten aus verschiedenen Bereichen. «Es soll ein Fifa-Komitee sein, aber der Vorsitzende kann natürlich auch externe Berater hinzuziehen», sagte Blatter. Das neue Gremium soll sobald wie möglich «untersuchen, was bei der FIFA passiert ist».

Einer echten externen Untersuchungskommission, wie sie das Internationale Olympische Komitee nach dem 1998 bekanntgewordenen Skandal um die Vergabe der Olympischen Winterspiele an Salt Lake City 2002 ins Leben gerufen hatte und wie sie der dänische Verbandspräsident Allan Hansen in einem Redebeitrag forderte, versperrte sich Blatter allerdings noch.

Proteste

Vor der Wahl war es am Morgen zu Protesten gekommen. Vor dem Hallenstadion hielt eine kleine Gruppe im strömenden Regen Plakate in die Höhe mit der Aufschrift «Play fair Fifa» oder «Rote Karte für die Fifa». Auf einem kleinen Plakat stand: «Sepp verpiss dich, keiner vermisst dich.»

Der Verband steckt wegen Korruptionsvorwürfen gegen Spitzenfunktionäre in der schwersten Krise seiner 107-jährigen Geschichte.

Gleich zu Beginn des neunstündigen Kongresstages war am Vormittag ein Antrag des Englischen Verbandes (FA), die Abstimmung wegen der Korruptionsvorwürfe zu verschieben, von den Delegierten klar abgelehnt worden. Der FA-Antrag erhielt lediglich 17 Ja-Stimmen, 172 Delegierte votierten dagegen. Für eine Verschiebung der Wahl wären 155 Stimmen nötig gewesen.

Bereits der ehemalige Fifa-Boss João Havelange (Brasilien) war in Zusammengang mit Korruption gebracht worden.

Auch Blatters Wahl an die Fifa-Spitze 1998 war von Anschuldigungen des Stimmenkaufs begleitet gewesen.

In seiner Amtszeit haben sich weitere Fälle von Korruption und Schmiergeldzahlungen ereignet.

Im Prozess gegen die 2001 Konkurs gegangene Vermarktungs-Agentur ISL wurde publik, dass die ehemalige Zuger Firma knapp 140 Mio. Franken Bestechungsgelder u.a. an Fifa-Funktionäre überwiesen hatte.

Der Prozess wurde im Juni 2010 eingestellt, nachdem zwei angeschuldigte Fifa-Amsträger je 5,5 Mio. Franken «Wiedergutmachung» bezahlt hatten.

Ebenfalls im letzten Jahr flogen zwei Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees auf: Gegenüber verdeckt arbeitenden britischen Journalisten signalisierten Amos Adamu aus Nigeria und Reynald Temarii (Tahiti), dass sie ihre Stimmen bei der Vergabe der WM-Austragungsorte 2018/2022 verkaufen würden. Die Gespräche wurden gefilmt.

Die Fifa liess die Sachverhalte von ihrer internen Ethik-Kommission untersuchen und suspendierte die Beiden in ihrer Funktion.

Nach der Vergabe der WM-Endrunden an Russland (2018) und Qatar (2022) beschuldigten britische Medien vier weitere Mitglieder des leitenden Fifa-Gremiums der Bestechlichkeit. Weil Beweise fehlten, werde die Fifa nicht aktiv, sagte Blatter.

Joseph Blatter wurde am 10. März 1936 in Visp, Kanton Wallis, geboren.

Er spielte Fussball in verschiedenen Klubs und begann seine Berufskarriere im PR-Bereich beim Walliser Tourismusbüro.

1964 wurde er zum Generalsekretär der Schweizerischen Eishockeyliga gewählt.

1975 begann er seine Karriere bei der Fifa als Direktor der technischen Entwicklungsprogramme.

Sechs Jahre später wurde Blatter Generalsekretär der Fifa, 1990 Direktor.

1998 wurde er zum Fifa-Präsidenten gewählt, 2002, 2007 und 2011 wurde er in diesem Amt wiedergewählt.

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