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Google+: Zu spät, trotz besserer Alternative?

Google+ oder Facebook? Wer ist besser? Antwort: Ausprobieren! swissinfo.ch

Der Suchmaschinen-Gigant Google will mit seinem sozialen Netzwerk Google+ am Thron von Klassenprimus Facebook sägen. Es geht dabei um die Vorherrschaft im Bereich der immer wichtiger und mächtiger werdenden sozialen Netzwerke im Internet.

Rund 700 Millionen Menschen, Firmen und Organisation haben ein Facebook-Profil. Dagegen nimmt sich Google+ mit rund 25 Millionen recht bescheiden aus.

Bedenkt man jedoch, dass Google sein Angebot erst Ende Juni dieses Jahres gestartet hat, mit einem kleinen, handverlesenen Benutzerkreis, dem man nur auf Einladung angehören kann, sieht es schon ganz anders aus: So viele Nutzer wie Google nach einem Monat aufweist, hatte Facebook erst nach ein paar Jahren.

Dennoch muss Google, auch wenn sich die Nutzerzahlen weiterhin wie bis anhin entwickeln, noch fast 700 Mio. Anwender für sich gewinnen, um mit Facebook gleich zu ziehen.

Denis Simonet, Präsident der Piratenpartei Schweiz, sagt dazu gegenüber swissinfo.ch: «Ich bedaure, dass Google mit seinem Dienst ein wenig spät kommt, denn von den vielen Facebook-Anwenderinnen und Anwendern werden wohl nur eine geringe Minderheit wechseln wollen. Aber Leute, die neu dazu kommen, die noch keinen Facebook-Account besitzen, die könnten in Google+ die bessere Alternative sehen.»

 

Das einzig Negative bei Google+ sieht Simonet in der Tatsache, «dass es von Google ist», dem Internet-Datenkraken par Excellence. Und Nick Lüthi, Redaktor von medienwoche.ch, meint: «Jeder muss das wissen, wenn er sich einschreibt: Google ist gross. Die Firma ist ein Synonym für das Web, und wenn man Google nicht mit seinen Daten füttern will, muss man halt bei Facebook bleiben, um das Gleichgewicht des Schreckens aufrecht zu erhalten.»

«Facebook für Erwachsene»

Was aber bietet Google+ mehr als die grosse Konkurrenz Facebook? Es ist nicht nur das klarere, schlankere Design, das Google interessant macht. Es sind die inneren Werte, allen voran die um Längen bessere Kontrolle der Privatsphäre. Das deutsche Magazin Der Spiegel spricht denn von Google+ als von einem «Facebook für Erwachsene».

Anwender von Google+ verwalten ihre Privatsphäre viel intuitiver und können genau bestimmen, wen sie an einer Veröffentlichung teilhaben lassen wollen. Dazu werden die Kontakte in frei definierbare Kreise (Circles) eingeteilt, zum Beispiel: Familie, Bekannte, Arbeitskollegen, Eishockeyverein, Sprachkurs, Kaninchenzüchterverein, etc.

Informationen für der Arbeitskollegen wecken nicht unbedingt das Interesse der Kaninchenzüchter – umgekehrt wohl auch nicht. Und die Bilder von Tante Friedas 97. Geburtstagsfest sind vielleicht für die Familie interessant, nicht aber für den Eishockeykumpel.

Bei jeder Information, die ein Google+ -Anwender veröffentlicht, kann er also genau bestimmen, welche Kreise – oder welche Einzelpersonen – er damit erreichen will. Laut Google entspricht dies einem Verhalten wie im «richtigen Leben». Bei Facebook ist das, wenn überhaupt, nur mit einem erheblichen Aufwand zu bewerkstelligen.

Umfassende Angebote

Google+ ist jedoch nicht bloss eine «bessere» Facebook-Kopie, wie Gaby Salvisberg, Redaktorin der Computerzeitschrift PCTipp Schweiz, gegenüber swissinfo.ch erklärt: «Das Google+ -Konzept ist bestechend, da es Dienste ähnlich wie Facebook, Twitter, Chat, Weblog und Videotelefonie vereint.»

Weiter bietet Google+ den Dienst «Sparks», der unter Zugriff auf die Google-Suchmaschine aktuelle Informationen zu verschiedenen, frei bestimmbaren Themen zur Verfügung stellt.

Mit der Anwendung «Hangout» können Video-Chats durchgeführt werden und mit «Huddle» ein textbasierter Chat, der sich auch hervorragend mit Smartphones wie Apples iPhone oder Geräten mit Googles Andorid-System durchführen lässt. Google bietet Google+-Applikationen für iPhones und Android-Geräte an.

Ähnlich wie bei Facebook mit dem Gefällt-mir-Button gibt es bei Google den +1-Knopf, mit dem man kundtun kann, ob einem ein Webangebot gefällt. Leider gibt es auch hier keine Daumen-Runter-Funktion, mit der man auf einfache Weise sein Missfallen über eine Webseite ausdrücken könnte.

Zukunftsaussichten

Wer ist nun für die Zukunft besser gerüstet? Facebook mit seiner riesigen Anhängerschar oder Google mit seinem schlankeren, sichereren Konzept?

Piratenpartei-Präsident Denis Simonet will keine Wetten abschliessen, wer das Rennen machen wird.

Aber auch wenn Google scheitern sollte, sieht er für die Anwender einen positiven Aspekt: «Ein Vorteil der starken Facebook-Konkurrenz ist, dass Facebook nun gezwungen sein könnte, seine Datenschutz-Bestimmungen zu vereinfachen, namentlich die Kompliziertheit, diese à jour zu halten.»

Gaby Salvisberg vom PCTipp zeigt sich im Hinblick auf Google zuversichtlich: «Ich rechne mit einem festen Platz von Google+ in der zukünftigen Internetszene – in einer mehr oder weniger friedlichen Koexistenz mit Facebook & Co.»

Für Nick Lüthi ist noch nichts entschieden: «Wenn mehr als 100 Millionen Benutzende registriert sein werden, hat es Google geschafft. Momentan sind viele medienaffine Journalisten und Technikfreaks bei Google+ dabei. Aber das Fussvolk ist noch nicht angekommen. Erst wenn ganz normale Anwender Google+ in ihren Alltag integrieren, wird man von einem Erfolg sprechen können.»

Google+:

Kontakte werden in Kreisen organisiert. Nutzer entscheiden bei jedem Post, mit welchem Kreis oder welcher Einzelperson er ihn nutzen möchte

Kreise lassen sich frei erweitern – auch ohne Zustimmung der Mitglieder

Videokonferenz für bis zu 10 Teilnehmer

Huddle (Textchat via sms, E-Mail oder Chat) und Hangout (Videochat): Gruppenchats

Facebook:

Alle Kontakte sind zuerst im Freundeskreis. Umständlich, gewisse Nachrichten nur ausgewählten Gruppen zugänglich zu machen

Jeder Kontakt muss zustimmen, um in den Freundeskreis aufgenommen zu werden

Videokommunikation mit max. 2 Personen

Mulitikommunikations-Kanal

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