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Vietnam zeigt Hochachtung für die Schweiz

zvg

Dank seiner diplomatischen Karriere hat Alain Burdet auf allen Kontinenten gelebt – mit Ausnahme Australiens. Als stellvertretender Botschafter der Schweiz in Vietnam erzählt Burdet über sein Leben im Dienste der Eidgenossenschaft.

«Ich lebe seit fast zwei Jahren in Hanoi. Vietnam ist ein faszinierendes und sehr dynamisches Land. Es wird viel gearbeitet und die jungen Menschen wollen ihre Lebenssituation verbessern.»

Die Leute sind sehr informiert über die Geschehnisse in der Welt», sagt Alain Burdet, Kanzleichef der Schweizer Botschaft in Hanoi, beim Gespräch in einem Restaurant in der Altstadt von Hanoi.

«Ich war bereits vor 20 Jahren im süd-ostasiatischen Raum. Diese Region gefiel mir wegen ihrer Mentalität und Kultur. Vietnam faszinierte mich und ich wollte gerne in dieses Land zurückkehren, das ich bereits als Tourist bereist hatte. Daher habe ich mich um die Stelle in Hanoi beworben», sagt Burdet.

An der Schweizer Vertretung in Vietnam nimmt Burdet mehrere Aufgaben wahr. Er ist erster Berater von Botschafter Jean-Hubert Lebet, ausserdem verantwortlich für die konsularische und administrative Abteilung sowie für Innen- und Kulturpolitik.

Kultureller Aufbruch in Hanoi

«In der 1905 während der französischen Kolonialzeit erbauten Oper von Hanoi finden viele Events statt. Es gibt Veranstaltungssäle, Kinos und Kunstgalerien. Auch das musikalische Angebot mit traditioneller und zeitgenössischer Musik ist sehr breit», sagt Alain Burdet.

Im Rahmen des Festivals der Frankophonie organisiert Burdet als Kulturverantwortlicher der Schweizer Vertretung jedes Jahr selber Veranstaltungen.

«Im Jahr 2007 zeigten wir den Schweizer Film ‹Mon frère se marie› von Jean-Stéphanie Bron, der die Geschichte des vietnamesischen Flüchtlingskindes Vinh erzählt, das von einer Schweizer Familie adoptiert wurde.

Die Adoptivfamilie ist eigentlich zerrüttet, doch zur Hochzeit von Vinh vereint sie sich, um den Schein zu wahren, weil Verwandte aus Vietnam kommen. Dieser Film ist hier sehr gut angekommen», erzählt Alain Burdet mit Stolz.

«Diplomaten müssen sich an Schweizer Gesetze halten»

Burdet hat eine lange diplomatische Laufbahn hinter sich und vor seiner Versetzung nach Vietnam war er als Sektionschef in der Abteilung Privilegien und Immunitäten im EDA tätig.

«Das war eine sehr interessante Arbeit. Ich konnte einem administrativen Job etwas Menschlichkeit verleihen. In der Personalführung war ich für 3500 Personen im diplomatischen und konsularischen Dienst der Schweizer Vertretungen verantwortlich. Da sind alle denkbaren Probleme zu lösen, ob persönlicher oder beruflicher Art im Job.»

«Einige Diplomaten in afrikanischen Ländern oder im Mittleren Orient behandeln das Dienstpersonal in einer Weise, die nicht mit unseren Schweizer Vorschriften vereinbar ist.

Da gab es in Zusammenarbeit mit unseren Kollegen von der Abteilung für internationales Recht immer wieder schwierige Fälle zu lösen. Es ging um Angelegenheiten, die den Vorfällen ähneln, in welche Hannibal Gaddafi kürzlich in der Schweiz verwickelt war», betont Burdet.

«Es geht um Probleme, die nicht auf freundschaftliche Weise gelöst werden können, sondern einzig nach den Regeln des Rechts. Auch wenn ein Diplomat im Ausland von Privilegien und Immunität profitiert, muss er das geltende Schweizer Recht einhalten», sagt der stellvertretende Chef der Schweizer Vertretung in Hanoi.

Aus seiner Tätigkeit als Sektionschef der Abteilung Privilegien und Immunitäten hat Burdet viel gelernt: «Jede Person stellt einen Einzelfall dar. Man muss menschlich sein und sich zugleich ganz klar an das Gesetz halten.» Dieser rigorose und ehrliche Ansatz wird auch in Vietnam geschätzt.

Hochachtung für die Schweiz

«Die Schweizer werden in der Regel als korrekt, ehrlich und vertrauenswürdig wahrgenommen. Im Ausland habe ich immer wieder gehört, dass es zwei Kategorien von vorbildlichen Mietern gibt: Die Japaner und die Schweizer. Nach dreijähriger Miete geben sie eine Wohnung in perfektem Zustand zurück», sagt Burdet mit einem Hauch von Ironie.

In Vietnam ist die Wertschätzung für die Schweiz traditionell hoch. «Die Schweiz kennt man aus zwei Gründen. Der erste hängt mit den Genfer Friedensverhandlungen von 1954 zusammen, die das Ende des Konflikts zwischen Vietnam und Frankreich bedeuteten», erinnert sich Burdet.

Der zweite Grund betrifft den am 1.Januar 2007 erfolgten Eintritt Vietnams in die Welthandelsorganisation WTO: «Die Schweiz hat Vietnam bei den 12 Jahre langen und schwierigen Verhandlungen immer unterstützt.»

Der 60-jährige Burdet blickt dem Ende seiner diplomatischen Laufbahn entgegen: «Nächstes Jahr läuft mein Dreijahresmandat in Vietnam aus. Ich würde gerne noch auf einen Kontinent gehen, den ich nicht kenne, wie Australien oder Neuseeland, um dort meine Karriere zu beenden.»

swissinfo, Andrea Arcidiacono, Hanoi
(Übertragung aus dem Italienischen: Gerhard Lob)

Alain Burdet (60) studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften. Seine diplomatische Laufbahn begann mit einem Praktikum in Ostberlin und Hannover.

Von 1998 bis 2002 war er als Kanzleichef in der Schweizer Botschaft in Moskau tätig. Von 2002 bis 2006 war er Sektionschef der Abteilung Privilegien und Immunitäten im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) in Bern.

Zuvor arbeitete er als erster Berater in der Botschaft in Dar es Salam (Tansania), als Kanzleichef in der Botschaft in Brüssel und als Vizegeneralkonsul in Chicago. Er war auch in den diplomatischen Vertretungen der Schweiz in Bangkok, New York und Kapstadt tätig.

In der Freizeit treibt Burdet viel Sport (Rad, Tennis, Golf). Er ist zudem leidenschaftlicher Gleitschirmflieger und Motorradfahrer.

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