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Grenzzaun in Kreuzlingen und Konstanz – Symbol mit Geschichte

Historische Grenzöffnung am 16. August 2006: Kreuzlingens Stadtpräsident Josef Bieri (rechts) und der Konstanzer Oberbürgermeister Horst Frank durchtrennen mit Zangen den Grenzzaun (Archivbild). KEYSTONE/EPA/ROLF HAID sda-ats

(Keystone-SDA) Durch die Corona-Pandemie ist der vorübergehend errichtete Grenzzaun zwischen Kreuzlingen und Konstanz zu einem Symbol des Lockdowns geworden. Die Grenze zwischen den Bodensee-Nachbarstädten spielte im Verlauf der Geschichte immer wieder eine besondere Rolle.

Der Grenzstein Nummer 13 befindet sich am Ende eines Gartens, ein paar Schritte hinter dem alten Hauptzollamt Kreuzlingen-Konstanz. Josef Bieri (76), ehemaliger Stadtpräsident von Kreuzlingen, findet den Stein nach kurzem Suchen. Hier sieht man auch noch ein Stück des alten Grenzzauns, dessen Maschendraht Rost angesetzt hat.

Der Zaun trennte die beiden Nachbarstädte am Bodensee bis 2006. Bieri, von 1989 bis 2007 Stadtoberhaupt von Kreuzlingen, erlebte in seinem vorletzten Amtsjahr die historische Grenzöffnung. Fotos vom 16. August 2006 zeigen ihn und seinen Konstanzer Amtskollegen Horst Frank beim Durchtrennen des Drahtzauns mit grossen Zangen.

«Danach kam es zu einem Boom zwischen den Nachbarstädten», erinnert sich der Historiker und alt CVP-Politiker. Bieri kennt die Nachbarstadt bestens. Der gebürtige Luzerner studierte in den 1960er-Jahren in Konstanz, lernte dort seine Frau kennen und zog 1970 nach Kreuzlingen, um dort als Lehrer an der Kantonsschule zu arbeiten.

«Judenzaun» von 1939

Den Grenzzaun hatten Deutschland und die Schweiz zu Beginn des Zweiten Weltkriegs installiert. «Judenzaun» wurde der 2,5 Meter hohe Zaun genannt, der jüdische Flüchtlinge daran hindern sollte, sich vor den Nazis in die Schweiz zu retten. Während mehr als sechs Jahrzehnten trennte der Zaun Kreuzlingen und Konstanz.

Zum Verhängnis wurde er im November 1939 auch dem Hitler-Attentäter Johann Georg Elser: Beim Versuch, von Konstanz in die Schweiz zu flüchten, wurde Elser am Zaun verhaftet. Wenige Stunden später explodierte eine von ihm gebaute Zeitbombe im Münchner Bürgerbräukeller; Hitler entging dem Anschlag.

Eine Tafel und ein Denkmal in einem Garten erinnern heute noch an Elser, der von 1925 bis 1932 in Konstanz gewohnt und zeitweise als Schreiner in Bottighofen bei Kreuzlingen gearbeitet hatte. Der Widerstandskämpfer wurde im April 1945 im Konzentrationslager Dachau ermordet.

Offene Kunst-Grenze

Weiter seewärts, nach dem Übergang «Klein Venedig», treffen wir auf die 2007 eingeweihte Kunst-Grenze aus 22 grossen Tarot-Figuren des Konstanzer Künstlers Johannes Dörflinger. Die acht Meter hohen, roten Skulpturen aus Stahl markieren die offene Grenze auf rund 300 Metern. Am Ende, bereits im See, ragt der «Magier» in die Luft.

Bieri war als Stadtpräsident bei der Einweihung der innovativen Kunst-Grenze dabei. Eine Stiftung finanzierte die 22 Skulpturen und schenkte sie den beiden Städten. Diese kümmern sich gemeinsam um die Pflege der Umgebung und die gärtnerische Gestaltung des bei Spaziergängern und Velofahrern beliebten Parkareals.

In normalen Zeiten geht Bieri jede Woche nach Konstanz. Wegen der Corona-Pandemie konnte er zwischen Mitte März und Mitte Mai seine Bekannten auf der deutschen Seite acht Wochen lang nicht mehr besuchen.

Umstrittener Doppelzaun

Deutschland hatte die Grenze am 16. März geschlossen und einen Zaun entlang der Kunstgrenze hochgezogen. Gut zwei Wochen später liessen die Schweizer Behörden einen zweiten Zaun im Abstand von zwei Metern aufstellen.

Es hätten sich zu viele Personen an der Grenze versammelt, die sei ein zu grosses Gesundheitsrisiko, begründete der regionale Führungsstab den doppelten Zaun. Stabschef Simon Hofmann sprach von «herzzerreissenden Szenen»: Liebespaare, getrennte Familien, Freunde und Kollegen trafen sich am Zaun. Es wurde geküsst, Händchen gehalten und Kaffee getrunken.

Der Doppelzaun wurde zum Symbol für die Abriegelung der Grenze, aber auch für die starke Verbundenheit zwischen Kreuzlingen und Konstanz. Stadtpräsident Thomas Niederberger und Oberbürgermeister Uli Burchardt forderten die rasche Öffnung der Grenze. Am 15. Mai war es soweit: Unter Applaus, Bravo- und «Die-Mauer-muss-weg!»-Rufen wurde der Zaun demontiert.

Museumsstück

Ein Stück davon kommt jetzt in die Sammlung des Hauses der Geschichte Baden-Württembergs nach Stuttgart. Anwohner hatten aus rot-weissem Absperrband das Kunstwort «Kreuztanz» (aus «Kreuzlingen und «Konstanz») in die Drähte eingewebt. Auf ein anderes Stück des Zauns montierten sie das Bild einer offenen Tür.

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