Rückführungen in vollem Gang
Zahlreiche Schweizer Touristen sind aus dem Katastrophengebiet nach Hause zurückgekehrt. Doch die Opferbilanz steigt an.
In den betroffenen Gebieten wächst inzwischen die Angst vor Seuchen.
Die Gesamtzahl der Todesopfer der Flutkatastrophe in Asien könnte nach Einschätzung des Roten Kreuzes die 100’000 übersteigen.
Die Marke werde möglicherweise überschritten, wenn die Lage auf den abgelegenen indischen Inseln überprüft worden sei, sagte Peter Rees, Koordinator bei der Internationalen Föderation der Rot-Kreuz- und Roter-Halbmond-Gesellschaften in Genf.
Rees bezog sich insbesondere auf die Lage auf der Inselgruppe der Andamanen und Nikobaren, die rund 1400 Kilometer von der Ostküste Indiens entfernt im Golf von Bengalen liegt.
Bislang 11 Schweizer Todesopfer
Die Zahl der Schweizer Opfer der Flutkatastrophe im Indischen Ozean ist auf elf gestiegen. Dies gab der Leiter des Krisenstabs im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), Peter Sutter, am Mittwoch in Bern bekannt.
Die Tendenz sei steigend: «Wir müssen damit rechnen, dass die Zahl der Todesfälle weiter steigen wird», sagte Sutter.
Die Hotline des EDA habe seit Sonntag 4000 Anrufe von besorgten Angehörigen erhalten, sagte Sutter.
Noch 1200 werden gesucht
Das EDA werde künftig anrufen, wenn es im Besitze guter Nachrichten sei. Die Zahl der noch 1700 gesuchten Schweizerinnen und Schweizern sei auf 1200 gesunken.
In Absprache mit Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Australien habe die Schweiz zwei «Disaster Victim Information Teams» zur Identifikation von Toten entsandt. Ein Vorausdetachement sei bereits im thailändischen Phuket vor Ort.
Wie Toni Frisch vom Schweizerischen Korps für humanitäre Hilfe (SKH) mitteilte, wird das SKH ein UNO-Team für die Malediven mit zwei Trinkwasserspezialisten verstärken.
Eine vierköpfige SKH-Equipe sei ausserdem bereit, nach Indonesien abzureisen. Die vom Bund bereitgestellte 1 Mio. Franken für Nothilfe sei aufgebraucht. Ein Doppeltes an Mitteln sei nötig.
Rückführung angelaufen
Die Arbeiten für eine rasche Rückführung der verletzten Schweizer Staatsangehörigen aus dem Katastrophengebiet in Südostasien sind in vollem Gang.
Eine vom Bund und den Reiseveranstaltern gemeinsam gecharterte Maschine der Fluggesellschaft Belair traf um 16.00 Uhr in Zürich ein.
An Bord befanden sich rund 130 Personen, darunter mehr als 30 Patienten, etliche von ihnen wurden liegend transportiert. Die Verletzten wurden von zwei Rega-Ärzten betreut. Weitere Rückflüge werden folgen.
Wie die Rettungsflugwacht, Rega, medicall (Europäische Reiseversicherungs AG und diverse Krankenversicherer) und der Reiseversicherer Elvia am Mittwoch mitteilten, sind vier Ärzte und ein Psychologenteam in der besonders stark betroffenen Region im thailändischen Phuket im Einsatz.
Im Hotel Laguna Beach in Phuket baut zudem ein Psychologenteam unter Leitung des Psychologen und Traumatherapeuten Peter Fässler ein Care-Center ein, das vom EDA unterstützt wird.
40 Zimmer sind reserviert, um traumatisierte Flutwellenopfer bis zu ihrer
Rückführung aufzunehmen.
Seuchen drohen
Millionen von Menschen sind nach dem Seebeben im Indischen Ozean von ansteckenden Krankheiten bedroht. Die Gefahr einer Epidemie steigt. Grösste Gefahrenquelle ist verschmutztes Trinkwasser.
«Wenn die von der Flutwelle Betroffenen nicht sofort mit Trinkwasser versorgt werden, drohen sich Millionen Menschen mit Krankheiten zu infizieren, die über das Wasser übertragen werden», erklärte das Kinderhilfswerk UNICEF in Genf.
Innerhalb von zwei bis drei Wochen müsse es gelingen, die Betroffenen mit Wasser, Lebensmitteln, Unterkünften und sanitären Einrichtungen zu versorgen, sagte der Krisenbeauftragte David Nabarro von der Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf.
Stehende Gewässer könnten «ebenso gefährlich sein» wie die Flutwelle, fügte Direktorin Carol Bellamy hinzu. Dagegen ginge von den verwesenden Leichen keine Seuchengefahr aus, sagte Flavio Del Ponte, medizinischer Berater der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) in Bern.
Erdachse um rund acht Zentimeter verschoben
Das schwere Seebeben im Indischen Ozean hat die Erdachse um rund acht Zentimeter verschoben. Dies ergab eine am Mittwoch veröffentlichte erste Auswertung von Daten aus dem globalen GPS-Vermessungsnetz durch das Astronomische Institut der Universität Bern.
Die Verschiebung dürfte die grösste sein, welche seit der routinemässigen Überwachung mit dem Global Positioning System (GPS) im Jahr 1992 einem einzelnen Ereignis zugeschrieben wird.
Vorläufige Resultate zeigten zudem, dass sich eine GPS-Messstation in Singapur um rund zwei Zentimeter verschoben hat, wie die Universität Bern schreibt.
swissinfo und Agenturen
Die Hotline des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), die Verwandten von Südostasien-Reisenden Auskunft gibt:
+41 31 325 33 33.
Das Sammelkonto der «Glückskette» lautet:
10-15000-6 (Vermerk «Seebeben Asien»).
Am 5. Januar findet ein nationaler Sammeltag statt.
www.familylinks.icrc.org (IKRK- Website zur Suche nach Angehörigen)
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