Kretschmann kritisiert Verhandlungen im Fluglärmstreit
(Keystone-SDA) Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann gibt dem deutschen Verkehrsminister Ramsauer eine Mitschuld am Widerstand in Deutschland gegen das Fluglärm-Abkommen. Direkte Verhandlungen Baden-Württembergs mit den Kantonen auf der anderen Seite der Grenze hätten in seinen Augen Erfolg bringen können.
Ramsauer trage «grosse Verantwortung für das Debakel», sagte Kretschmann in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit den Zeitungen «Tages-Anzeiger» und «Der Bund».
Unterschiedliche Auslegungen
Im Vertragstext seien wichtige konkrete Fragen wie Flugrouten und Flughöhen beim Anflug auf Zürich über Süddeutschland nicht genau geregelt. «Und wenn zwei Seiten einen Vertrag so unterschiedlich auslegen wie Deutschland und die Schweiz, spricht es nicht für dessen Qualität.»
Die Eidgenossenschaft habe mit der Bundesrepublik Deutschland verhandelt, kritisierte der grüne Politiker. «Wichtige Dinge habe ich als Ministerpräsident des stark betroffenen Bundeslands Baden-Württemberg aus der Zeitung erfahren. Hätten wir direkt mit den Kantonen auf der anderen Seite der Grenze verhandelt, hätten wir es hingekriegt.»
Den Flugbetrieb mit einer einseitigen Verordnung einzuschränken, ist für Kretschmann keine Option. «Dazu sollten wir es auf keinen Fall kommen lassen,» sagte er auf die entsprechende Frage.
Botschaft bei den Räten
Der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer kündigte nach heftigem Widerstand aus Baden-Württemberg an, mit der Ratifikation zuzuwarten, bis gewisse Fragen geklärt sind. Deutschland will noch einmal nachverhandeln. Die Schweiz zeigte sich offen für die Klärung von Fragen, hielt Nachverhandlungen aber nicht für nötig.
Der Bundesrat übergab im Dezember die Botschaft zum Fluglärm-Abkommen dem Parlament. Verkehrsministerin Doris Leuthard rechnet aber damit, dass die Räte nicht entscheiden, so lange Deutschland den Ratifizierungsprozess nicht einleitet.
Damit der im September von Leuthard und Ramsauer unterzeichnete Staatsvertrag in Kraft treten kann, müssen ihn die Parlamente beider Länder ratifizieren. In der Schweiz untersteht er dem fakultativen Referendum.