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Dällebach Kari auf einer Musicalbühne im See

Nicht Dällebach Kari, sondern der Intendant der Thuner Seespiele, Ueli Schmocker, betritt Karis Salon. swissinfo.ch

Die Geschichte von Dällebach Kari, dem Stadtberner Coiffeur und Original, wird an den Thuner Seespielen als Musical gezeigt. Die Bühne im Berner Oberland sei inzwischen die "schönste Seebühne Europas" geworden, sagt Ueli Schmocker, Intendant des Spielbetriebs.

Im Vordergrund glitzert der See. Im Hintergrund ragen Eiger, Mönch und Jungfrau aus den Wolken.

Auf der Bühne steht ein verkleinerter Zytglogge-Turm, nachgebildete Sandsteinlauben suggerieren das urbane Ambiente der Altstadt von Bern. Rechts steht eine Tür, angeschrieben mit K. Dällenbach.

Heuer wird an den Thuner Seespielen der Dällebach Kari aufgeführt, als Musical.

Karl Tellenbach, legendärer Coiffeur in Bern, war ein Stadtoriginal. Spätestens seit dem Lied von Mani Matter und dem Film von Kurt Früh, der 1970 in die Kinos kam, ist er über die Region Bern hinaus bekannt.

Es ist die achte Saison der Thuner Seespiele. «Drei, vier Leute hatten damals eine gute Idee», erzählt Ueli Schmocker, der Intendant des Spielbetriebs, der seit dem Anfang dabei ist. «Sie wollten etwas machen, das es in der Schweiz noch nicht gab.»

In der Zwischenzeit habe sich der Neuling unter den Musical-Bühnen auf Platz drei eines internationalen Rankings hochgearbeitet. «Mittlerweile sind wir die schönste Seebühne Europas», meint er.

3-Säulen-Konzept

Das Konzept der Thuner Seespiele stehe auf drei Säulen, sagt Schmocker: «Das Musical steht natürlich im Zentrum. Daneben haben wir einerseits eine sehr gut ausgebaute Gastronomie, und dazu kommt noch die Natur.»

Schmocker gerät bei diesem Stichwort ins Schwärmen. Er erzählt von den zwei Vollmonden, die während der Spielsaison zu sehen sein werden, «einer über dem Schilthorn» und der zweite «über dem Niederhorn» und verweist auf das berühmte Panorama.

«Wenn jeweils Gewitterstimmung aufzieht über dem See, mit einem Regenbogen, dann ist dies wirklich einzigartig. Eine solche Inszenierung bringt kein Beleuchter zu Stande.»

Alle drei Säulen hätten ab Beginn zu dem Erfolg beigetragen, den die Thuner Seespiele verzeichnen. Die Zuschauertribüne wurde sukzessive erweitert.

«Heute können wir pro Abend 2500 Menschen auf der Tribüne Platz nehmen lassen.» Bis Ende Saison seien dies heuer 75’000 Menschen. Der Vorverkauf für das Musical Dällebach Kari laufe gut.

Die Thuner Seespiele erreichen jährlich rund 10 Millionen Franken Umsatz und generieren zusätzlich Einnahmen für die Region von rund 20 Millionen Franken, wie eine Studie im Jahr 2008 berechnet habe.

«Staulage häufig»

Mit unzufriedenen Anwohnenden haben sich die Thuner Seespiele einigen können, ein Unsicherheitsfaktor jedoch bleibt bei Freilicht-Aufführungen das Wetter.

Schmocker findet, bis jetzt hätten die Thuner Seespiele Glück gehabt. «Wenn man bedenkt, dass wir so nahe an den Bergen sind, wo sich Staulagen bilden können, spielte das Wetter gut mit.»

Ob die Vorstellung durchgeführt werden kann, wird jeweils bereits am Mittag entschieden. Die lokalen Wetterprognosen seien zuverlässig, und man habe so genannte Regenradars, anhand derer man auf zwei Stunden genau sagen könne, wann es wo regnen werde.

«Unser Publikum reist aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland an. Diesen Gästen können wir nicht erst um 18 Uhr absagen.» Pro Saison seien 4 bis 6 Aufführungen wetterbedingt kritisch.

«Letztes Jahr mussten wir bei 4 Vorstellungen etwas unternehmen.» Die eine musste zweimal verschoben werden, bei drei Vorstellungen wurde eine halbe Stunde später begonnen. Zwei davon mussten nochmals unterbrochen werden.

Entwicklungsland in Sachen Musical

«Die Schweiz ist ein Entwicklungsland, was Musicals betrifft», sagt Schmocker. In der Schweiz kenne man Musicals erst seit 20 Jahren. «Es gibt nur noch eine einzige Musical-Ausbildung, jene in Zürich.» Tatsächlich ist die professionelle Musicalschule Bern Ende Juni dieses Jahres geschlossen worden.

Für die früheren Stücke seien aus diesem Grund häufig ausländische Darstellerinnen und Darsteller verpflichtet worden. «Es gibt in der Schweiz schlicht zu wenig Leute, die für Musical ausgebildet werden.»

Doch für den Dällebach Kari brauchte man Leute, die Dialekt sprechen und singen: «Für dieses Musical stammen rund siebzig Prozent der Mitwirkenden aus der Schweiz.»

Von der Geschichte des Dällebach Kari gab es bis anhin nur die Biografie von Hansruedi Lerch. 2006 und 2007 wurde ein Stück über den Dällebach Kari als Freilicht-Theater mit grossem Erfolg auf dem Gurten, Berns Hausberg, aufgeführt.

An diese Version lehne sich das Musical nicht an, sagt Schmocker: «Wir haben einen Verlag gegründet, den Heimatland Verlag. Dieser hat das Musical Dällebach Kari in Auftrag gegeben.»

Das Buch wurde von Katja Früh verfasst, der Tochter von Kurt Früh, jenem Regisseur des gleichnamigen Schwarzweiss-Films von 1970.

Die Musik dazu wurde von Moritz Schneider komponiert. Im Musical kommen neben den Kompositionen auch bekannte Melodien vor: Das Lieblingslied von Dällebach Kari, «Wie die Blümlein draussen zittern» zum Beispiel oder der Berner Marsch und eine Version von Mani Matters Chanson «Dällebach Kari».

Obwohl sich der Heimatland Verlag zum Ziel gesetzt hat, aus lokalen Geschichten Musicals zu schaffen, will man an den Thuner Seespielen in Zukunft nicht nur einheimische Stoffe zeigen. Dazu gebe es schlicht zu wenig, meint Schmocker.

Doch für die Aufführung im nächsten Jahr will man noch bei den heimatlichen Inhalten bleiben: Es sei ein Gotthelf-Musical in Auftrag gegeben worden.

Eveline Kobler, swissinfo.ch

Dällebach Kari wurde 1877 in Walkringen im Emmental geboren.

Er hatte eine Hasenscharte (Gaumenspalte), weswegen er oft ausgelacht wurde.

Karl Tellenbach absolvierte eine Coiffeurlehre und eröffnete in Bern einen Salon.

Viele Witze und Anektdoten werden dem Berner Stadtoriginal zugeschrieben.

An Krebs erkrankt, nahm er sich 1931 das Leben.

Wegen der schlechten Wetteraussichten findet die Premiere des Musicals «Dällebach Kari» auf der Thuner Seebühne nicht am Mittwoch, sondern am kommenden Montag statt. Das haben die Organisatoren am Mittwoch entschieden.

Sämtliche Karten behielten ihre Gültigkeit, heisst es auf der Internetseite der ThunerSeespiele. Intendant Ueli Schmocker sagte im
Regionaljournal von Radio DRS, das Gewitterrisiko sei in Thun, das in unmittelbarer Nähe zu den Voralpen liege, zu gross.

Meteorologe Felix Blumer von SF Meteo hatte zuvor in der gleichen Sendung gesagt, das Gewitterrisiko schätze er für Montagabend in
Thun auf 75 Prozent.


Hanspeter Müller-Drossaart, ein bekannter Schweizer Schaupspieler, spielt den Dällebach Kari.

Die Rolle der geliebten Annemarie Geiser wird von der Bernerin Carin Lavey verkörpert.

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