Design-Pionierinnen rücken endlich ins Rampenlicht
In der Welt der Künste mussten Frauen oft um Raum und Anerkennung kämpfen. Das historisch männerdominierte Design macht da keine Ausnahme. Doch Hürden und Misstrauen hielten Frauen nicht davon ab, ihre Ideen zu Papier zu bringen. Einige ihrer Entwürfe wurden Klassiker, ihre Namen gingen jedoch oft vergessen. Das Vitra Design Museum will dieses Ungleichgewicht mit einer Ausstellung ausgleichen.
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Céline kam 2018 als Videojournalistin für das Projekt "Nouvo in English" zu swissinfo.ch, kurz nach Abschluss ihres Studiums an der Académie du journalisme et des médias (AJM) der Universität Neuenburg. Die gebürtige Tessinerin filmt, schreibt und interviewt Menschen in der ganzen Schweiz, seit sie mit 11 Jahren während eines Schullagers ihren erstes Reporterausweis erhielt.
Hören Sie auf, die berühmte Chaiselongue «Le-Corbusier-Liege» zu nennen! Die ikonische Liege aus Leder und Stahl wurde lange Zeit mit dem in der Schweiz geborenen Architekten Charles-Édouard Jeanneret in Verbindung gebracht, besser bekannt als Le Corbusier. Tatsächlich aber wurde sie von der 24-jährigen Charlotte Perriand entworfen, die gerade ihren Abschluss an der Schule «Union centrale des arts décoratifs» gemacht hatte.
Legendäre Stühle, verdrängte Designerin
Die in Paris geborene Perriand arbeitete zwischen 1927 und 1937 im Atelier von Le Corbusier. Ihre Liege galt als zu modern für ihre Zeit, und dem Designobjekt war zunächst kein kommerzieller Erfolg beschieden.
Erst Anfang der 1960er-Jahre erlangte die Liege weltweites Interesse, als der berühmte Schweizer Architekt beschloss, ihr Design zu adaptieren und dem neu getauften LC4 seinen alleinigen Namen zu geben. Auf dem Originalpatent der Chaiselongue B306 steht der Name von Charlotte Perriand jedoch vor den Namen von Le Corbusier und dessen Cousin Pierre Jeanneret.
Eine weitere Designerin, die einen bemerkenswerten Stuhl entworfen hat, ist Ray Eames, die zusammen mit ihrem Mann an den ikonischen Eames-Möbeln wie dem Lounge Chair und dem Shell Chair arbeitete.
Wie bei vielen ihrer Zeitgenossinnen wurden auch die Beiträge von Ray Eames grösstenteils übersehen und ihr Talent erst posthum voll anerkannt. Das Vitra-Museum benannte zu ihrem 100. Geburtstag 2012 eine Strasse auf seinem Campus nach ihr um.
Pionierinnen um die Jahrhundertwende
Einige Frauen schafften durchaus bemerkenswerte Karrieren, wie die kubanische Designerin Clara Porset und die Irin Eileen Gray, die 1900 als erste Frau die renommierte «Slade School of Fine Art» in London besuchte.
«Und doch werden sie in Büchern über die Geschichte des Designs oft nicht erwähnt», schreibt Viviane Stappmanns, Kuratorin der Ausstellung im Vitra Design MuseumExterner Link im deutschen Weil am Rhein bei Basel, das derzeit Frauen im Design von 1900 bis heute vorstellt.
Es gab mehrere Versuche, weibliche Entwürfe zu präsentieren und die mangelnde Anerkennung von Frauen zu korrigieren. Im Jahr 2021 veröffentlichte die britische Architektin und Autorin Jane Hall das Buch «Woman Made: Great Women Designers». In dem Buch werden über 200 Designerinnen aus mehr als 50 Ländern vorgestellt und der Einfluss von Produktdesignerinnen nachgezeichnet.
Auch das Stewart Program for Modern Design hat in Zusammenarbeit mit dem Montreal Museum of Fine Arts eine Website mit dem Titel «Designed by Women» eingerichtet. Mit dem Ziel, Designerinnen weltweit bekannter zu machen. Die Website soll bald eine durchsuchbare Datenbank und mehrere Videointerviews mit zeitgenössischen Designerinnen umfassen.
Im ungeschminkten Scheinwerferlicht
Nicht alle Frauen arbeiteten im Verborgenen. Einige Designerinnen traten ins Rampenlicht, darunter zehn Frauen, die Mitte der 1950er-Jahre von General Motors eingestellt wurden.
Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt: Trotz der aussergewöhnlichen Chancen, die sich diesen Frauen boten, schien ihr Engagement eher ein Marketinggag zu sein als eine echte Anerkennung ihres Talents.
Die Frauen wurden damals angestellt, um die Autos in einem vom Kapitalismus geprägten Nachkriegsamerika für die weibliche Kundschaft attraktiver zu machen. Ihre gestalterischen Fähigkeiten seien von ihren männlichen Kollegen in der Regel missachtet worden und ihre Aufgaben eindeutig begrenzt gewesen, sagten sie später in Interviews.
Währenddessen schlossen sich in der Schweiz, wo Frauen auf nationaler Ebene immer noch nicht das Stimm- und Wahlrecht hatten, über hundert nationale und kantonale Frauenorganisationen zusammen, um 1958 die Schweizerische Ausstellung für Frauenarbeit (Saffa) zu gründen.
Die Ausstellung, die ausschliesslich von Frauen organisiert und gestaltet wurde, war ein grosser Publikumserfolg und blieb vor allem wegen ihrer architektonischen Leistungen in Erinnerung. Zu diesem Anlass wurde eine permanente künstliche Insel im Zürichsee gebaut.
Und heute?
Die Situation hat sich im Lauf der Zeit in gewisser Weise verbessert, aber nicht vollständig. Ludovica Gianoni schloss 2015 ihr Studium an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Lausanne (Ecal) ab und arbeitete danach in Dänemark und Italien, bevor sie in die Schweiz zurückkehrte.
«In meiner Klasse war das Geschlechterverhältnis ausgeglichen, aber heute ist das Design ein so grosser Bereich, dass die 20 Studierenden alle in unterschiedliche Richtungen gegangen sind», sagt sie. «Wenn ich mir aber die Designer anschaue, die inzwischen ihr eigenes Atelier eröffnet haben, dann sind das alles Männer – bis auf eine Frau, die mit ihrem Freund eines eröffnet hat.»
«Die gläserne Decke ist im Design spürbar, wie in vielen anderen Branchen auch», sagt Larissa Holaschke, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Design an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK).
Sie sieht nach wie vor Gender-Tendenzen im Design: «Die weichen Bereiche wie Textilien oder Innenarchitektur stehen im Gegensatz zu den harten Bereichen wie Produktdesign oder Interaktionsdesign [Mensch-Maschine-Schnittstellen]. Diese Trennungen, die schon am Bauhaus historisch angelegt waren, sind auch heute noch spürbar.»
(Übertragung aus dem Englischen: Christian Raaflaub)
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