Ein Fest zum 1. August in Südkalifornien
Wie in vielen Regionen der Welt ist der Nationalfeiertag auch für Amerika-Schweizer und Auslandschweizer im Grossraum Los Angeles ein Moment, in dem Traditionen aus der (alten) Heimat ins Zentrum rücken.
Die Schweizer Gemeinde trifft sich jeweils an einem Sonntag um den 1. August zur «Swiss Fair» im Swiss Park in Whittier, im Osten der Metropole.
«Es ist eine wunderbare Gelegenheit, Bekannte und Freunde zu treffen», sagt eine ältere Dame unter Verweis auf die weit verstreut lebende Gemeinde gegenüber swissinfo.
«Hier treffen sich Schweizer aus der Romandie, der deutschen und der italienischen Schweiz und auch Rätoromanen», erklärt eine Genferin den Reiz, den der Tag für sie hat.
«Es ist ein grosses Familienfest. Einmal im Jahr kommen die verschiedenen Generationen hier zusammen, auch die Jungen, für welche die Schweizer Vereine nicht denselben Stellenwert mehr haben, wie noch für meine Generation», sagt Swiss Park-Präsident Max Bachmann, der seit über 40 Jahren in Kalifornien lebt.
Das mag neben technologischen Entwicklungen wie dem Internet, das heute den Kontakt zur Schweiz sehr viel einfacher macht als früher, auch daran liegen, dass viele der Schweizer und Schweizerinnen der zweiten und dritten Generation einen Partner oder eine Partnerin ohne Schweizer Wurzeln haben. Die Schweizer Kolonie ist wie die alte Heimat ethnisch vielfältiger geworden.
Würste, Sauerkraut und Raclette
Die Tore des Swiss Park öffnen um elf Uhr. Im Hintergrund spielt ab Band, man hört Schweizerdeutsch und Amerikanisch. Bald liegt ein Duft von Würsten, Sauerkraut und Raclette in der Luft. Dazu gibt es Kartoffelsalat und Knöpfli, die zum Bedauern vieler schon am frühen Nachmittag ausverkauft sind.
Es kommen immer mehr Menschen auf das Gelände, ein Meer von rot-weissen T-Shirts mit Schweizer Sujets. Wer keines hat, kann sich bei einem der Stände eindecken.
Ebenfalls zum Kauf angeboten werden selbstgemachte Schweizer Backwaren, Honig, Brat- und andere Würste, Landjäger, Speck, Fleischkäse, Käse, daneben «Schweizer» Klassiker wie Maggi-Würze, Aromat und Thomy-Senf.
Ländlermusik
Inzwischen ist die Musik ab Band von den Akkordeon-Freunden aus Santa Barbara abgelöst worden. Die drei Männer und zwei Frauen sorgen jetzt für die akustische Untermalung und ernten viel Applaus.
Gleiches gilt für den Alphorn-Bläser, begleitet von drei Frauen, die Taler schwingen, sowie für den Chor der «Swiss Harmonie» und den 89 Jahre alten Handorgel-Spieler Tony Hartenstein. Immer wieder singen auch Leute im Publikum lauthals mit.
Auf einer Wiese hinter dem Festzelt haben es sich Familien gemütlich gemacht, zahlreiche Kinder tummeln sich den ganzen Tag über auf dem Rasen. Reger Betrieb herrscht auch beim Armbrust-Schiessstand.
Die offizielle Schweiz
Zwischen den musikalischen Auftritten wendet sich Brigitta Schoch Dettweiler, die Schweizer Generalkonsulin in Los Angeles, mit einer kurzen Ansprache zum 1. August ans Publikum, nachdem zuvor die beiden Nationalhymnen erklungen sind.
Im Zentrum ihrer Rede stehen die grossen ökologischen Herausforderungen. Sie verweist auf die bisherigen Bemühungen und auf Erfolge der Schweiz in diesem Bereich, und wie wichtig es sei, dass die Staatengemeinschaft im Interesse der künftigen Generationen Lösungen für die anstehenden Probleme finde.
Trachten, «Chüjermutz» und Sennenkäppi
Viele der Schweizer und Schweizerinnen in der Region leben seit Jahrzehnten hier, sind Doppelbürger, ihre Kinder sind erwachsen, haben auch schon wieder Kinder. Die Schweiz hat bei vielen bis heute einen grossen Stellenwert.
Sie sind patriotisch, stolz auf ihre Wurzeln und zeigen es auch. Man sieht nicht nur viele rot-weiss gekleidete Leute, sondern Frauen in Trachten, Männer im «Chüjermutz» oder mit einem Sennenkäppi auf dem Kopf.
Viele reisen regelmässig in die Schweiz. Während die einen von den Alpen schwärmen, ist es bei anderen der Boden- oder der Genfersee. Gibt es auch Dinge in der Schweiz, die negativ auffallen? «Ja, die vielen Graffiti» zum Beispiel. Oder: «Mehr Dreck in den Strassen als früher.»
Die Sonne ist hinter dem Horizont verschwunden, das Gelände hat sich geleert. Swiss-Park-Präsident Bachmann zieht eine positive Bilanz. Und windet Lilo Holzer, der Hauptorganisatorin und ihren Helfern und Helferinnen ein Kränzchen.
Lilo Holzer ist etwas erschöpft, aber glücklich. «Ich bin zufrieden, es kamen gegen 1500 Erwachsene und dazu all die vielen Kinder.» Ihre Befürchtung, dass die hohen Benzinpreise auf die Besucherzahlen drücken könnten, ist nicht eingetreten.
Doch noch ist der Tag nicht ganz zu Ende. Denn jetzt geht es ans Aufräumen.
swissinfo, Rita Emch in Whittier
Die Zahl der Amerika-Schweizer wird auf rund 1,2 Millionen geschätzt.
Die grösste Dichte von Amerikanern mit Schweizer Wurzeln findet sich in Kalifornien, New York, Ohio, Wisconsin und Pennsylvania.
insgesamt 73’978 Schweizer Staatsangehörige waren Ende 2007 in den USA registriert. Davon 52’415 Doppelbürgerinnen und Doppelbürger.
Im Konsularbezirk Los Angeles waren Ende 2007 rund 13’200 Schweizer registriert.
In der Region Los Angeles gibt es eine Reihe Schweizer Clubs, die sich mit Traditionen der alten Heimat befassen.
Dazu gehören unter anderem die United Swiss Societies of Southern California, die Swiss Singing Society Harmonie, die Colonie Suisse Romande.
Der «Swiss Park» in Whittier, wo die Swiss Fair stattfindet, gehört einigen dieser Vereine gemeinsam.
Nachdem sich gezeigt hatte, dass der Betrieb eines Restaurants sich nicht lohnte und der «Swiss Park» grosse Defizite gemacht hatte, wird nun auf Catering und Bankette gesetzt, der Ort ist beliebt für Hochzeiten.
Damit sei es gelungen, das Defizit in den letzten Jahren praktisch abzubauen, erklärt Swiss-Park-Präsident Bachmann.
Betrieben wird der «Swiss Park» von einem österreichischen Ehepaar, das einen Prozentsatz des Umsatzes an die Besitzer abliefert.
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