Erste Konturen einer Alpen-Expo
Die Eröffnung des neuen Gotthard-Basistunnels soll mit einer Art Landesausstellung im Gotthard-Gebiet gefeiert werden. Erste Vorschläge für diese Gottardo 2020 liegen vor. Der Region soll das Ereignis eine Zukunftsperspektive eröffnen.
«Es genügt nicht, ein Band durchzuschneiden, wenn ein epochales Werk wie der Gotthard-Basistunnel eröffnet wird», meint Marco Solari. Diese Überzeugung brachte den Präsidenten des Tessiner Verkehrsvereins auf die Idee, das Projekt einer kantonsübergreifenden Grossausstellung im Gotthard-Gebiet zu lancieren.
Die Idee hat mittlerweile schon recht konkrete Züge angenommen In einem soeben vorgestellten Bericht werden die Gründzüge des Projekts aufgezeigt. Wird der Tunnel – wie vorgesehen – im Dezember 2017 eröffnet, könnte die Ausstellung in den Sommermonaten 2018 erfolgen. Sie soll drei bis fünf Monate dauern.
Gemäss dem vorliegenden Konzept wird vorgeschlagen, das Gotthard-Gebiet durch vier städtische Eingangsportale zu erschliessen, die zum Gotthardmassiv führen und denen jeweils ein Themengebiet zugeordnet wird: Luzern = Mobilität, Brig = Energie, Chur = Natur und Bellinzona = Kultur.
Pendeln durch den Tunnel
Als eigentliches Ausstellungsgelände mit einer Gesamtansicht der «Alpenausstellung» sind Erstfeld und Biasca mit den jeweiligen Arbeitstiteln «Mythen, Geschichte, Zukunft» sowie «Interkulturelle Begegnungen» vorgesehen. Shuttlezüge verbinden die Orte dann durch den 57 Kilometer langen Gotthard-Basistunnel.
Als historisches Eingangstor zum Gotthard soll Flüelen am Vierwaldstädtersee als «Gotthardportal» fungieren, während die Strecke zwischen Andermatt und Airolo als «Herz der Alpen» das pulsierende Zentrum der gesamten Alpenausstellung werden soll.
Das Thema für die Gotthardpass-Region ist: «Schweizer Armee.» Doch es soll nicht nur um die Armee gehen, wie Projektleiter Jean-Daniel Mudry präzisiert. Daneben gibt es etliche Erlebnisorte und Erlebnisrouten, durch welche die Besucherinnen und Besucher den Berg hautnah spüren können.
Nachhaltigkeit
Das Ereignis soll laut Solari nicht nur ein lokales und nationales Ereignis sein, sondern auch ein internationales Publikum anlocken. Zugleich soll das Ereignis für die Region eine Perspektive öffnen. Alle Projekte sollen daher zukunftsgerichtet und nachhaltig sein.
Tatsächlich läuft die Gotthard-Region Gefahr, mit der Inbetriebnahme des neuen Gotthard-Basistunnels aufs Abstellgleis zu geraten. Die Leventina (Tessin) leidet schon heute unter einem dramatischen Bevölkerungsschwund.
Die Gemeinden zwischen Erstfeld und Biasca laufen Gefahr, als Folge der Inbetriebnahme der Neuen Alpentransversalen zu potentiellen Verlierern werden. Dies soll unbedingt vermieden werden.
Bundesrat wird angezapft
Der Tessiner Regierungsrat hat sich nach einem Infotreffen mit den Projektverantwortlichen ganz hinter den Vorschlag gestellt. Es sollen jetzt Gespräche mit den Anrainerkantonen aufgenommen werden, um dann innerhalb von wenigen Monaten den Bundesrat gemeinsam von der Idee Gottardo 2020 zu überzeugen. Er soll dann das Geld sprechen.
Ob beim Bund nach der Erfahrung mit der Expo02 im Drei-Seen-Land Bereitschaft besteht, ein Ereignis dieser Dimension zu unterstützen, bleibt indes abzuwarten. Welche Kosten das ganze Projekt aufweisen könnte, ist noch vollkommen unklar.
Zudem könnte es Konkurrenz aus anderen Landesteilen geben. Wie am Rande der Präsentation von Gottardo 2020 bekannt wurde, gibt es offenbar auch in der Ostschweiz und im Raum Zürich Bemühungen, eine Expo auf die Beine zu stellen.
swissinfo, Gerhard Lob, Bellinzona
Eine nationale Präsentation der Schweiz unter dem Namen Landesaustellung wurde erstmals 1883 in Zürich durchgeführt.
Es folgten weitere Landesaustellungen in Genf (1896), Bern (1914), Zürich (1939), Lausanne (1964; Expo) und Biel/Neuenburg/Yverdon (2002; Expo02)
Die Gottardo 2020 versteht sich in ihrem Konzept nicht als klassische Landesausstellung, das heisst als reines Inland-Event, sondern tritt mit einem internationalen Anspruch auf.
Die Idee zur einer Expo 2020 lancierte Marco Solari vor zwei Jahren erstmals in der Zürcher Tageszeitung Tages-Anzeiger. Solari ist Präsident des Tessiner Verkehrsvereins, Präsident des Filmfestivals Locarno und ehemaliger Delegierter des Bundesrats für die 700-Jahre-Feier der Eidgenossenschaft (1991).
Der Regierungsrat des Kantons Tessin gab dem Tessiner Verkehrsverein im April 2008 ein offizielles Mandat, einen Rapport für eine Ausstellung unter dem Arbeitstitel Gottardo 2020 zu erstellen.
Ausgearbeitet wurde dieser Bericht vom «Projekt San Gottardo», das die vier Gotthard-Anrainerkantone (Uri, Wallis, Graubünden, Tessin) dereinst als «Projekt zur Raum- und Regionalentwickelung Gotthard» (Prego) lanciert hatten.
Leiter dieser regionalpolitischen Initiative ist der Walliser Jean-Daniel Mudry (65), ehemals Kommandant der Gotthard-Division.
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