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Euro 08-Stadt Bern im Schatten des Bundeshauses

Der neu gestaltete Bundesplatz vor dem Parlamentsgebäude in Bern. Keystone

Die "Bundesstadt": Ein gewichtiges Wort, das Bern das Gesicht von schläfrigen Honoratioren gibt. Aber im Schatten des Bundeshauses hat die mittelalterliche Stadt auch Innovation und Dynamik gezeigt.

Bern ist die Hauptstadt der Schweiz, auch wenn die eine Hälfte der Weltbevölkerung meint, das sei Zürich, die andere Hälfte Genf.

Bern, die Hauptstadt, das Bundeshaus mit der grünen Kuppel, das etwas schwerfällige Gebäude, wo das Parlament seine Sitzungen abhält, diese «Herren von Bern», wie man im Waadtland vor noch nicht allzu langer Zeit sagte.

Vor diesem Bundeshaus sind sowohl Demonstrationen jeglicher Couleur wie die Zwiebelstände am jährlich stattfindenden «Zibelemärit» zu sehen.

«Für mich ist Bern Regierungsstadt. Eine gut eingerichtete, elegante Stadt, mit vielen Botschaften; und relativ ruhig. Ich denke, dass diese Stadt die ausländischen Matchbesucherinnen und -besucher ruhig empfangen wird», meint der Ethnologe Jacques Hainard.

«Etwa so sehe ich Bern, mit seinen Bären, die ihren Graben jetzt bald verlassen und im künftigen Park eine neue Freiheit finden können!» Denn die Wappentiere der Schweizer Hauptstadt (Bern soll von «Bär» kommen) werden ihren Bärengraben in naher Zukunft mit einem Bärenpark von 10’000 m2 tauschen können. Symbole brauchen Platz.

Regierungsstadt

Aber nicht alle Symbole haben das gleiche Gewicht: «Im Bahnhof Bern stand bisher ‹Bahnhof, Gare, Stazione, Staziun› angeschrieben», erklärt der Romanischbündner Chasper Pult.

«Das ist vorbei, und das ist symbolisch: Der moderne Bahnhof gibt nicht mehr die Viersprachigkeit der Schweiz wider.»

Steve Lee, Sänger der Band Gotthard, reist eher auf der Strasse. «Da Bern die Hauptstadt ist, ist sie der Nabel des Landes, auch geographisch. Es ist ein wenig wie mit Rom: Alle Wege führen nach Bern!»

Und die Bernerinnen und Berner? «Zwar gelten sie als langsam, nicht sehr emotional, aber sie sind ehrlicher, direkter als die Leute in anderen Deutschschweizer Städten. Das ist gut, denn da weiss man, wem man gegenüber steht», freut sich Lee.

Er hat mit seiner Band Gotthard schon die ganze Schweiz bereist. «Meine Tessiner Freunde werden das nicht gerne hören, aber in Bern ist das herzlichste Publikum anzutreffen. Unsere Rockmusik stösst hier auf die grösste Begeisterung!»

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Vielsprachigkeit

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Von Vielsprachigkeit eines Landesteils oder eines Staates spricht man, wenn dort mehrere Sprachen gesprochen werden. Die Schweiz mit ihren vier Landessprachen ist ein Lehrbuch-Beispiel eines vielsprachigen Landes. Deutsch sprechen 63,7% der Bevölkerung, Französisch 20,4%, Italienisch 6,5% und Rätoromanisch 0,5%. 9% der Bevölkerung geben eine ausländische Sprache als Muttersprache an. Die Vielsprachigkeit findet sich auch in…

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Freilichtmuseum

Es gibt Bundesbern. Und es gibt das Berner Bern. Die Stadt, die in der Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen ist, geht bis zur «Matte» am Ufer der Aare, einem Dorf in der Stadt. Und der Weg dorthin führt durch kilometerlange Arkaden (Lauben in der Lokalsprache).

«Wenn ich durch die Lauben gehe, auch bei Regenwetter, finde ich Läden, wie man sie sonst nirgends mehr sieht», stellt der Kabarettist Emil Steinberger fest. «Kreative Spezialgeschäfte; jedes Mal bin ich wieder neu erstaunt über die Kramläden, die ich in Bern entdecke. Ich hoffe wirklich, dass diese Art von Kleinunternehmen überleben kann, vor allem in der unteren Altstadt.»

Emil verbringt aber seine Zeit nicht nur damit, in den Läden zu stöbern. «Für mich ist Bern als Ganzes ein Kunstwerk. Jetzt sind die Strassen verkehrsfrei, man kann in der Mitte der Gasse gehen und all die wunderbaren Häuser betrachten!»

Alles ist relativ

Hinter den «hübschen» und «ruhigen» Fassaden wird aber auch studiert. Seit langem ist die Stadt bekannt für ihre Fortschritte in der Medizinaltechnik.

Und das Physikalische Institut der Universität Bern geht regelmässig in die Luft: Es kann bei den Missionen der Nasa und der Europäischen Weltraumagentur (Esa) mit Forschungsinstrumenten und Experimenten mit guten Resultaten aufwarten.

Im Zusammenhang mit diesen klugen Köpfen ist auch zu vermerken, dass Albert Einstein, als er an der Kramgasse 49 wohnte, sein berühmtes «E=mc²» entdeckte.

Von diesem Erfindergeist spricht auch Chasper Pult, wenn er präzisiert, dass «wie so oft der Schein nicht unbedingt mit der Wirklichkeit übereinstimmt. Bern ist eine ruhige Beamtenstadt. Aber unter der Oberfläche gab es schon immer eine grosse kreative Energie. Das war namentlich im Bereich der Berner Dialektdichtung und -musik feststellbar. Polo Hofer hat da eine eigentliche musikalische Tradition gestartet».

Diese Sicht wird von Steve Lee voll geteilt, der selber allerdings auf Englisch singt. «90% der Berner Bands singen im Dialekt. Und oft sind das tiefsinnige, poetische und manchmal humoristische Texte, die die Welt verändern sollen. Bern hat eine echte intellektuelle Dimension», stellt er fest.

«S git Lüt, die würde alletwäge nie
Es Lied vorsinge so win ig jitz hie
Eis singe, um kei Prys, nei bhüetis nei
Will si Hemmige hei»…

…sang einst Mani Matter, lange bevor mit Stephan Eicher ein anderer Berner in seine Fussstapfen trat.

swissinfo, Bernard Léchot, Luigi Jorio und Marc-André Miserez
(Übertragen aus dem Französischen: Charlotte Egger)

Die Bundesstadt Bern liegt etwas westlich vom Zentrum des Landes, am Bogen der Aare. Sie ist zwar deutschsprachig, aber auch die Hauptstadt eines zweisprachigen Kantons (Deutsch und Französisch).

Die Stadt zählt etwas mehr als 122’000 Einwohner. In der Agglomeration Bern leben 35% der Gesamtbevölkerung des Kantons (957’000 Personen).

Weil Bern die politische Hauptstadt des Landes ist, ist hier der Sitz von Regierung und Parlament, das Bundeshaus.

Die Altstadt von Bern – Lauben, gepflasterte Strassen, geschmückte Fassaden – wurde 1983 in die Liste des Unesco-Welterbes aufgenommen.

Das berühmte Wankdorf-Stadion wurde 2001 abgerissen und machte dem Stade de Suisse Platz, Sitz des Berner Fussballklubs Young Boys. Es bietet 32’000 Zuschauerinnen und Zuschauern Platz.

In der Endrunde der Euro 2008 finden 3 Gruppenspiele hier statt:
– Holland-Italien (Montag, 9. Juni, 20.45 Uhr)
– Holland-Frankreich (Freitag, 13. Juni, 20.45 Uhr)
– Holland-Rumänien (Dienstag, 17. Juni, 20.45 Uhr)

Auf dem Bundesplatz und auf dem Waisenhausplatz werden die Spiele auf Grossleinwand übertragen. In der oberen Altstadt wir eine «Fanzone» eingerichtet.

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