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Polo Hofer: Ein Stück Schweizer Kulturgut

Das Berner Rockidol Polo Hofer steht mit 60 noch immer auf der Bühne. Keystone

Zum 60. Geburtstag des Berner Rockmusikers kommt ein Buch auf den Markt, das schlicht und einfach "Polo" heisst.

Das über 300 Seiten starke Porträt-Buch ermöglicht eine vielschichtige Annäherung an den kantigen Erfinder des Schweizer Mundart-Rocks und dessen Welt.

«Er trug schon immer die gleichen zwei Seelen in seiner Brust: die des Revoluzzers, der er einmal gewesen ist, und die des ‹kleinen Schweizers'», heisst es auf Seite 264.

Diese Aussage zu Polo Hofer ist typisch: Er provoziert, amüsiert, polarisiert, bleibt dabei jedoch fast immer mehrheitsfähig.

Über Polo, der seit vier Jahrzehnten auf der Bühne steht, ist schon viel geschrieben worden. So gilt er als bekanntester Rock-Musiker der Schweiz, als Entertainer, der Klassenunterschiede überbrückt, als Clown und Narr und auch als Kumpel des Volkes.

«Polo National», der alpine Mundart-Rocker, diese helvetische Ikone, hat als Erster in der Schweiz seinen Dialekt mit dem Rock’n’Roll verbunden. Viele haben es ihm später gleichgetan. Aber an Polo kam niemand vorbei.

Schwer fassbar und unnahbar

In langen Gesprächen mit Weggefährten und Zeitzeugen, seinen Frauen und seinem Sohn, aber auch mit dem Porträtierten selbst, ist dem Musiker und Autor Samuel Mumenthaler ein spannendes Buch über Polo gelungen, der mit richtigem Namen Urs Hofer heisst und aus Interlaken im Berner Oberland stammt. Polo war sein Pfadfinder-Name.

Für viele seiner Musikerkollegen und Freunde bleibt Polo auch nach vielen Jahren der Zusammenarbeit unnahbar und schwer zu fassen.

Für die einen ist er der «knallharte Geschäftsmann», der dem «Mainstream» nie abgeneigt war und es mit dem Urheberrecht oft nicht allzu genau nahm.

«Polo war Jäger und Sammler. Er pickte sich überall die verschiedensten Sachen heraus und achtete stets auf die Nützlichkeit. So stellte er seine Bands zusammen, so wählte er seine Songs aus, so klaute er sich seine Ideen», erzählt Gitarrist Dänu Siegrist.

Andere sehen in ihm einen Sprücheklopfer und Entertainer, der gleichzeitig ein scheuer Knabe geblieben ist, ein verletzlicher Mensch, ein «Lonesome Cowboy».

«Ich ging zu Hause nie ans Telefon, weil ich nicht wusste, wer dran ist: Nein! In dem Sinne war ich scheu», erinnert sich Polo an seine Kindheit.

Passt in keine Schublade

Wieder andere beschreiben in als herausragenden Texter und Fabulierer, als umgänglichen Typen und interessanten Gesprächspartner, der sich in keiner Weise schubladisieren lasse.

Für einen langjährigen Musiker-Kollegen ist Polo ein Pfadfinder geblieben, ein «unnahbarer Typ zwar, aber auch ein Herzensmensch».

Ein anderer bezeichnet ihn als Angeber, als notorisch unpünktlich und konfliktscheu.

Polo habe immer an einem Komplex gelitten, weil er kein Instrument spielen konnte, sagt ein Vertrauter von ihm, er habe jede Minute an sich gezweifelt. «Polo ist wie der Mittelstürmer im Fussball. Er kann nur Tore schiessen, wenn er den Ball zugespielt bekommt.»

Clever und voller Wissensdurst

Polo war schon als Kind ein talentierter Zeichner und setzte diese Begabung später als Illustrator von Plattencovers ein. Er konnte stundenlang in seinem Zimmer sitzen und zeichnen. Auch die Musik faszinierte ihn bereits in jungen Jahren.

«Ich komme von Louis Armstrong her. Er war meine Einführung in die Musikgeschichte, er weckte meinen Wissensdurst», so Hofer.

Ab 16 spielte Polo in seiner ersten Band, bei «The Jetmen». Später folgten «Rumpelstilz» und sein Hit «Kiosk», mit dem er weit herum berühmt wurde.

Polos Texte mögen teils einfach und banal sein. Er vermittelt aber auch politische Botschaften, zum Beispiel gegen die Konsumwut und die miese Behandlung von Bauarbeitern. Immer wieder setzte er sich für die Hanflegalisierung ein und wurde deshalb zum «nationalen Oberkiffer» gestempelt.

Lokalstar

Das «Polo-Buch» begleitet chronologisch durch die vielen Etappen des heutigen «Altrockers», Stimmungen innerhalb der verschiedenen Bands werden greifbar. Es ist, als ob man die Songs von «Rumpelstilz», «Schmetterding» und «Schmetterband» hören könnte.

Als grossen Musiker sehen ihn seine Gefährten allesamt nicht, eher als guten Organisator und Animator. Und auch Polo selber sieht sich nicht als Rock-Star: «Dazu fehlt mir die internationale Ausstrahlung. Ich bin ein Lokalmatador. Man kennt mich in der Deutschschweiz – und sonst nirgends. So gesehen bin ich auch nicht der ‹Polo National›.»

swissinfo, Gaby Ochsenbein

Urs Hofer, Pfadi-Name Polo, wurde am 16. März 1945 in Interlaken geboren.
Erlernter Beruf: Handlithograph
Seine Bands:
1962-67 The Jetmen
1968-69 Polo’s Pop Tales
1971-78 Rumpelstilz
1978-82 Polo’s Schmetterding
1984-2002 Polo Hofer und die Schmetterband
2002- The Alpinistos

«Polo», eine «Oral History» von Samuel Mumenthaler ist in der Edition Plus Sàrl erschienen.

Der Autor hat mit zahlreichen Weggefährten, Musikern, Freundinnen und Freunden und mit Polo selber Gespräche geführt.

Entstanden ist eine umfassende Annäherung an den Schweizer Mundart-Rocker.

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