Pressekampf am Sonntag
Zeitungen am Sonntag gelten seit längerem als Geldmaschinen: SonntagsBlick und SonntagsZeitung teilten sich bisher den Markt. Ab 17. März kommt neu die "NZZ am Sonntag" dazu.
In der deutschsprachigen Schweiz gab es vor 15 Jahren letztmals drei Sonntagszeitungen. Doch die damalige dritte Zeitung, das «Neue SonntagsBlatt» aus dem Hause Curti, wurde nach knapp einem Jahr wieder eingestellt.
Jetzt kommt diesen Sonntag erstmals der NZZ-Verlag mit einem Produkt. Die Neue Zürcher Zeitung will von ihrer Sonntagszeitung «NZZ am Sonntag» rund 150’000 Exemplare verkaufen.
Zusammen mit je zwei Zeitungen in der Romandie und im Tessin wird die Schweiz somit sieben sonntägliche Publikationen haben – viel im Vergleich zu den grösseren Nachbarländern. Nur Grossbritannien kennt eine Tradition verschiedener Sonntagszeitungen.
80 Mio. Franken Umsatzschätzung
Bis jetzt haben sich SonntagsBlick und SonntagsZeitung den Markt in der deutschsprachigen Schweiz aufgeteilt. Zahlen geben die Verlagshäuser der beiden Zeitungen keine bekannt. Das Politmagazin «Rundschau» von Schweizer Fernsehen DRS schätzt, dass der SonntagsBlick bei einem Umsatz von 80 Mio. Franken 17 Mio. Gewinn erwirtschaftet, die SonntagsZeitung bei gleichem Umsatz gar 25 Mio. Franken.
Reto Lipp, Chefredaktor des Anlegermagazins «Stocks» und Präsident des Zürcher Pressevereins, erwartet nun einen harten Kampf zwischen den drei grossen und potenten Deutschschweizer Verlagshäusern. Dabei gibt Lipp der «NZZ am Sonntag» eine gute Chance. Er erwartet, dass vor allem die SonntagsZeitung verlieren wird.
Die NZZ am Sonntag selber gibt sich eine längere «Durststrecke». Erst mittelfristig will man in die schwarzen Zahlen gelangen. Chefredaktor Felix Müller: «Die NZZ ist überzeugt davon, dass die NZZ am Sonntag strategisch ein gutes Vorhaben ist.» Der Verlag habe genügend Geduld, der neuen Zeitung nicht sofort schwarze Zahlen aufzudrängen.
Nicht nur NZZ-Stammleser
Mit der neuen Zeitung sollen nicht nur die NZZ-Stammleserinnen und -leser angesprochen werden, präzisiert Chefredaktor Felix Müller gegenüber swissinfo, sondern ein Publikum darüber hinaus.
Die Zeitung selber werde fünfspaltig aufgemacht und offeriere einen stärkeren «Bildanteil» als die tägliche NZZ. Dazu kämen vermehrt Interviews, Portraits und andere journalistische Elemente.
Generell sei der formale Freiraum gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung beträchtlich. Dazu Müller: «In inhaltlicher Hinsicht haben wir sicher die Freiheit, Themen anders anzugehen als es die NZZ machen würde. Aber grundsätzlich komme die Zeitung aus dem gleichen Haus und sei deshalb den selben Weltanschauung, dem liberalen Standpunkt verpflichtet.
Auftreten auf dem Werbemarkt
«Die SonntagsZeitung trat oft recht arrogant auf dem Werbemarkt auf, da sie praktisch ein Monopol bei der sogenannt hochwertigen Leserschaft hatte», meint Müller im weiteren. Und so fühle sich auch die Werbewirtschaft über einen neuen Wind in diesem Segment nicht unglücklich.
Allgemein wird angenommen, dass die SonntagsZeitung mehr durch die NZZ am Sonntag bedrängt wird als der SonntagsBlick. Dieser Meinung teilt sogar die Verlagsleiterin der SonntagsZeitung, Sandra Geiger.
SonntagsZeitung: Bisher 781’000 Leser
Sandra Geiger will nicht mehr als 10’000 Abonnenten und nicht mehr als 100’000 Leser verlieren. Zur Zeit lesen 781’000 Leserinnen und Leser die SonntagsZeitung.
Die Verlagsleitung hat bereits reagiert: «Von redaktionellen Änderungen bis hin zum Marketing, denn wir wissen ja schon seit einem Jahr, dass die NZZ mit einer Sonntagszeitung kommt», sagte Geiger gegenüber swissinfo.
Beim SonntagsBlick hingegen gibt sich die Leitung überzeugt, dass weniger das eigene Blatt als die SonntagsZeitung bedrängt werde.
Wieder drei Zeitungen am Sonntag
Schon einmal, 1986, als der 1978 erstmals erschienene SonntagsBlick längst etabliert war, kamen gleich zwei weitere sonntägliche Publikationen dazu. Zuerst das «Neue SonntagsBlatt», nur einen Monat später die «SonntagsZeitung» aus dem Hause des Tages-Anzeigers.
Die «SonntagsZeitung» entwickelte sich zum Erfolg. Doch das «Neue SonntagsBlatt» blieb nicht lange und hinterliess dem damals auch als Verleger agierenden Beat Curti und sechs regionalen Verlagen einen Verlust von 22 Mio. Franken.
Bis Ende Jahr für Abonnenten gratis
Die Leitung der «NZZ am Sonntag» ist sich sicher, aus den Fehlern von anderen gelernt zu haben. «Wir gehen nicht mit dem Motto ‹wir versuchen es einmal› in den Markt und schauen dann weiter», sagt NZZ-Verlagsleiter Tobias Trevisan. Sein Verlag habe das Geschäftsmodell so entwickelt, dass es grosse Erfolgschancen beinhalte.
Und worauf gründet die Zuversicht? «Bis Ende Jahr kriegen alle NZZ-Abonnenten die Sonntagszeitung als siebte Ausgabe der NZZ», antwortet Trevisan. Erst ab 2003 wird dann separat ein 7-Tage Abo der NZZ angeboten. «Damit können wir den Inserenten schon vom ersten Tag eine grosse Reichweite und eine gebildete Leserschaft bieten.» Ein von Anfang an hohes Inseratevolumen sei deshalb viel sicherer.
Urs Maurer
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