Presseschau vom 02.10.2002
Über das Gentechnik-Gesetz debattieren oder nicht debattieren, das war die Frage im Nationalrat. Und zu hitzigen Debatten kam es. Nicht nur im Bundeshaus.
Diskutiert und kommentiert wird das GenLex am Mittwoch auch in den meisten Schweizer Zeitungen.
«Genlobby kassiert Abfuhr» titelt die BERNER ZEITUNG.
«Schlappe für den Freisinn» titelt auch der Zürcher TAGES-ANZEIGER ganz ohne Scheu die Geschehnisse betreffend Gentechnik-Gesetz in der grossen Parlamentskammer.
Und in der Tat konnten die Bürgerlichen ihre Zürückweisung der Vorlage an die vorberatende Kommission nicht durchbringen. Der Rat lehnte ihren entsprechenden Rückweisungsantrag ab.
«Überraschend haben 9 Abweichler aus den Reihen der FDP» das GenLex im Nationalrat behandeln wollen, hält der TAGES-ANZEIGER fest, und auch der Bauernflügel der SVP sagte Ja zur Debatte. Das flankierende Foto zum Bericht zeigt denn auch einen mit gesenktem Haupt abtretenden Johannes Randegger, FDP-Nationalrat und Novartis-Kadermann, der
«vergeblich Lobbying im Vorfeld der Debatte» betrieben habe, so der TAGI.
Wenn am Dienstag bei verschwommenen politischen Fronten entschieden wurde, dass überhaupt debattiert werden soll, werden nun diese Woche im Nationalrat einzelne Aspekte des neuen Bundesgesetzes über die Gentechnik im Ausserhumanbereich behandelt.
«Die Buchstaben des Lebens», werden laut Umweltminister Moritz Leuenberger von der Gentechnologie verändert, zitiert ihn die NEUE ZÜRCHER ZEITUNG. Und da stelle sich, so die NZZ,
«unweigerlich die Frage, wie weit darf der Mensch gehen, wenn Veränderungen möglicherweise irreversibel und die Folgen für die Umwelt unvorhersehbar sind?»
In ihrem Bericht holt die NZZ aber zuerst einmal zu einem Seitenhieb in die eigenen Reihen aus. Ein
«Verzögerungsmanöver»
sei das Nichteintretens-Begehren namentlich der FDP, das in diesem Geschäft nicht angebracht sei, schreibt die NZZ. Es sei
«widersprüchlich, hatten deren Vertreter doch in der vorberatenden Kommission Gelegenheit, ihren Standpunkt einzubringen und Anträge zu stellen».
Ein klarer Tadel, denn solches «dient eher der Selbstdarstellung als der Sache».
Weniger uneins in Sachen GenLex als die FDP erschien der NZZ die CVP, welche sie als konstruktive Brückenbauerin zwischen den Fronten bezeichnet:
«Insbesondere die CVP wird in der weiteren Beratung ihre Rolle als Brückenbauerin spielen können, wenn sie weiterhin so geschlossen auftritt. Zur Forschung hat sie einen Antrag eingebracht, der den berechtigten Einwänden von Wissenschaftern Rechnung trägt», schreibt die NZZ.
Und zur Sachlichkeit in diesen «questions graves» ruft auch die Welschschweizer Tageszeitung LE TEMPS auf.
«Gare à la confusion» – Vorsicht vor Verwirrung – mahnt sie im Editorial für die kommenden Tage der Nationalrats-Debatten um die Gen-Lex.
Im «Kampf um die Gentechnik», wie auch die AARGAUER ZEITUNG titelt, geht es sichtlich um Folgenschweres. Und so verwundert es auch nicht, wenn das Titelblatt der AZ die Grossaufnhame zweier rot glänzender Pausen-Äpfel ziert, die auf einem Nationalrats-Pult liegen.
swissinfo, Anita Hugi
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