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Reaktion auf Bergier-Bericht: Positiv bis kritisch

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Gute Noten in den Schweizer Zeitungen, nüchterne Einschätzung in Wirtschaftskreisen, rechtsbürgerliche Kritik: Das sind die Reaktionen auf die acht Schlussberichte der Unabhängigen Expertenkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg (UEK), die am Donnerstag (30.08.) vorgelegt wurden

«Gute Noten für Bergier», steht bereits auf dem Kiosk-Aushang der «Neuen Zürcher Zeitung». In ihrem Kommentar schreibt die NZZ, die Studien enthielten zahlreiche neue Erkenntnisse und schafften zum Teil Standarts für die weitere Forschung. Für die «Basler Zeitung» ist der Bergier-Bericht zwar «unspektakulär», doch er biete eine «neue Sicht auf 10’000 Seiten»; er biete keine neue Formel für die Vergangenheit an, «sondern schlicht eine differenzierte Sicht auf sie».

«Schluss mit den Mythen»

Die «Berner Zeitung» meint, sensationell Neues hätten die Bergier-Studien zwar nicht zu Tage gebracht, aber sie zeigten in profunden Analysen die tiefe Verstrickung der Schweizer Wirtschaft und der Schweizer Wirtschaftspolitik in die Geschäfte, die Rassenpolitik und die Kriegswirtschaft von Hitlers Naziregime. «Das ist schon sehr viel und geeignet, mit dem selbstgerechten Mythos einer unabhängigen Schweiz aufzuräumen.»

Kollaboriert habe die Schweiz, «aber auf eine sehr schweizerische Art», schreibt der Zürcher «Tages-Anzeiger». Das sei der Eindruck, der sich beim Lesen des Berichtes einstelle. Die Schweiz habe sich alle Optionen offen gehalten. Sie habe sich eingerichtet auf den Sieg der Nazis, habe aber nie die guten Alliierten vergessen. «Die grossen Gemeinheiten beging der Kleinstaat nicht, umso mehr liess man sich viele kleine und unnötige zu Schulden kommen. In der Regel aus Geschäftstüchtigkeit.»

«Die Schweiz wird normal»

So titelt der Berner «Bund» und meint, mit dem schichtweisen Abtragen des Mythos von der strikten Neutralität und unerschütterlichen Wehrhaftigkeit als Hauptgründe für das Überleben im Krieg habe sich das Verhältnis der Schweiz zu ihrer Vergangenheit normalisiert.

So sieht es auch die Genfer Zeitung «Le Temps», für die mit den Bergier-Berichten die Krise der Vergangenheits-Bewältigung jetzt überwunden ist. Und tröstlich für «Le Temps» ist, dass die Historiker uns sagen würden, dass die Schweiz weder besser noch schlimmer als die anderen gewesen sei: «La Suisse…n’a été ni meilleure ni pire que les autres.» Und dies trotz der engen Verbindungen der Schweiz zu den Achsen-Mächten – «tra Svizzera e Asse stretti legami» – , wie der «Corriere del Ticino» schreibt.

Rechtsbürgerliche Kritik

Im rechtsbürgerlichen Lager sind die ersten Schlussberichte der Bergier-Kommission auf scharfe Kritik gestossen. Die SVP und die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS) sprachen von einem «nicht erfüllten Auftrag». Die SVP bezeichnete die Berichte als «anklägerische Schriften».

Die FDP äusserte sich inhaltlich nicht zu den Berichten. Es sei jedoch zu begrüssen, dass sich das Experiment einer staatllich beauftragten Geschichts-Schreibung nun dem Ende zuneige. Die CVP verzichtete vorerst ebenfalls auf ein differenziertes Urteil. Ausführliche Stellungnahmen, wie sie SVP und AUNS veröffentlicht hätten, seien im jetzigen Zeitpunkt für die Debatte über die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg nicht hilfreich.

Die SP dagegen bezeichnete den Bericht als wertvollen Beitrag zur Geschichts-Schreibung. Sie bedauerte das Verhalten rechtsbürgerlicher Kreise, «die Arbeit der Kommission ohne detaillierte Auseinandersetzung zu verunglimpfen».

Die Schweizer Wirtschaft zeigte sich von den Ergebnissen der Bergier-Schlussberichte «wenig überrascht». Die Berichte enthielten wenig Neues, so die Reaktion zahlreicher Unternehmen. Zurückhaltend und skeptisch reagierten – erwartungsgemäss – die Vertreter der Aktivdienst-Generation.

Jean-Michel Berthoud

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