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Zurück in Zürich: Picassos Werkschau von 1932

Die Ausstellung im Kunsthaus Zürich eröffnet die Möglichkeit, Picasso wieder einmal im Gesamtzusammenhang zu sehen. Hier eine Ansicht der Ausstellung von 1932. Kunsthaus Zürich

Im Kunsthaus Zürich, wo 1932 die erste Retrospektive zum Werk Picassos ausgestellt wurde, sind ab dem 15. 10. wieder Bilder des spanischen Künstlers zu sehen. Kurator Tobia Bezzola freut sich, Picasso wieder einmal im Gesamtzusammenhang zu zeigen.

«Das Revolutionäre an der Ausstellung von 1932 war, dass sie überhaupt stattfand», sagt Tobia Bezzola, der Kurator der diesjährigen Picasso-Ausstellung. «Die Situation, wie wir sie heute kennen, dass es überall Museen mit moderner Kunst gibt, das ist eine Entwicklung der letzten 25 Jahre.»

Vor dem 2. Weltkrieg habe es ein paar Institutionen in Deutschland und in der Schweiz, in Holland, in den USA, gegeben, die moderne Kunst ausstellten. «In den anderen Museen waren alte Meister zu sehen, Delacroix, Courbet, Rubens, Velasques.»

Allein die Tatsache, dass Picassos Bilder in einem Museum ausgestellt wurden und nicht in einer Gallerie, war speziell. Picasso war 1932 bereits ein renommierter Künstler, «er war der teuerste und bekannteste Künstler dieser Zeit», sagt der Kurator.

Picasso war bereits 50 Jahre alt, als diese Retrospektive zu Stande kam, und er hat sie – eine weitere Besonderheit – selbst kuratiert. «Es ist so quasi Picassos eigener Blick auf sein damals 30-jähriges Werk», hält der Kurator fest. «Vorher gab es nur einzelne Ausstellungen, da wurden vielleicht 20 neue Bilder gezeigt. Dass man das ganze Werk zeigte, war einmalig.»

Ausgestellt wurden 225 Bilder, von denen rund ein Drittel aus Picassos eigenem Besitz stammten. 30 standen zum Verkauf. Eines davon erstand das Kunsthaus Zürich.

100 Jahre Kunsthaus Zürich

Heuer feiert das Kunsthaus Zürich sein 100-Jahr-Jubiläum. Es hat die Picasso-Ausstellung von 1932 aufgearbeitet und zeigt nun einen Teil der damals ausgestellten Bilder.

«Seit Jahren hat es keine Picasso-Retrospektive mehr gegeben. Die letzte wirkliche Werkschau fand ungefähr 1980 statt», sagt Kurator Bezzola. «Man bekommt nur noch Bruchstücke von seinem Werk gezeigt, hier dieser Aspekt seines Werks, da jener Aspekt seines Werks, eine Gesamtausstellung gab es schon lange nicht mehr.»

Das hänge natürlich auch mit den Versicherungskosten zusammen. Es gebe kaum eine Institution, die sich eine Gesamtschau von Picasso überhaupt noch leisten könne. «Die Tatsache, dass wir die historische Ausstellung von 1932 wissenschaftlich rekonstruiert haben, gab uns die Argumente dafür, dass die Leihgeber und die Privaten uns ihre Bilder zur Verfügung stellten.»

Ungefähr 5 Jahre hätten er und seine Mitarbeitenden gebraucht, um alle 1932 ausgestellten Werke identifizieren zu können, erzählt Bezzola. Diese Arbeit war deshalb nötig gewesen, weil der Katalog von 1932 nur Nummern mit den Bildtiteln enthält, aber keine Abbildungen dazu.

«Bunte und wilde Entwicklung»

Bezzola freut sich auf die Ausstellung. «Wir sind selber gespannt, wie es wirkt, wenn das Publikum wieder einmal einen grösseren Überblick über Picassos Werk gewinnen kann, wenn man diese Vielfalt, diese Wechselhaftigkeit in einer Ausstellung erfassen kann.» Interessant an Picasso sei, «dass er ständig Wandlungen durchgemacht habe. Diese «bunte und wilde Entwicklung» darzustellen, das ist es, was den Kurator interessiert.

In dieser Ausstellung fehlt das spätere Werk. Picasso habe in den Jahren bis 1932 sein formales Repertoire entwickelt, sagt Bezzola. «Die wesentlichen Entwicklungen in seinem Werk sind 1932 bereits passiert. Es ist wohl unbestritten, dass dieser Teil des Werks bis 1932 der wichtigere war.»

Zum Image des Pazifisten, das Picasso wegen seiner Friedenstaube und vor allem wegen dem Gemälde «Guernica» später angehaftet wurde, trägt diese Retrospektive nichts bei. «Der Picasso von 1932 war nicht der Pazifist und der Kommunist. Das wurde er erst 1937, als der Spanische Bürgerkrieg tobte und mit dem 2. Weltkrieg, dem Kalten Krieg und dem Koreakrieg. Da kamen bei Picasso die politischen Themen.»

Die Ausstellung zeige hingegen das Frühwerk, die ganze stürmische Stilentwicklung von den frühen Zeiten, als Picasso noch ein bisschen unselbständig im Gefolge der Fin-de-siècle-Moderne gearbeitet habe, die Einflüsse und des Surrealismus. «Bis 1932 gab es keine politischen Bilder, keine politischen Themen, es gibt Stilleben, Landschaften, Porträts, die klassischen malerischen Gattungen», sagt der Kurator.

Die Ausstellung findet vom 15. Oktober bis am 30. Januar im Kunsthaus Zürich statt. Das Museum ist montags geschlossen, Samstag/Sonntag/Dienstag 10-18h, Mittwoch/Donnerstag/Freitag 10-20h. Spezielle Öffnungszeiten über die Feiertage.

Ein Audioguide (Führer durch die Ausstellung) ist zusammen mit dem Eintritt erhältlich.

Pablo Picasso wurde am 25. Oktober 1881 in Málaga, Spanien geboren. Er starb am 8. April 1973 in Mougins, Frankreich. Picasso war ein spanischer Maler, Grafiker und Bildhauer und gilt als einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Sein Gesamtwerk von Gemälden, Zeichnungen, Grafiken, Plastiken und Keramiken hatte grossen Einfluss auf die Kunst der Moderne.

Die Vielfalt seiner künstlerischen Ausdrucksformen reichen von klassischer bis zu abstrakter Darstellung.

Zu Picassos bekanntesten Werken gehören das präkubistische Gemälde «Les Demoiselles d’Avignon» (1907) und das monumentale «Guernica» (1937), eine künstlerische Umsetzung der Schrecken des Spanischen Bürgerkriegs.

Das Motiv der Taube auf dem Plakat, das er im Jahr 1949 für den Pariser Weltfriedenskongress entwarf, wurde weltweit zum Friedenssymbol.

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