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Ausstellung «Ohne Frauen – Keinen Frieden»

Postkartenvorhang mit Porträts der 1000 FriedensFrauen in Wort und Bild. Rita Emch

Im Jahr 2000 hat der UNO-Sicherheitsrat die Resolution 1325 zu "Frauen, Frieden und Sicherheit" verabschiedet. 10 Jahre danach seien die Hoffnungen und Erwartungen unerfüllt geblieben, kritisiert die Organisation "FriedensFrauen Weltweit" (PeaceWomen Across the Globe).

Die Organisation macht ihre Anliegen dieser Tage mit einer Ausstellung am UNO-Hauptsitz in New York deutlich. Die Ausstellung «Ohne Frauen – Keinen Frieden» soll die politischen Verantwortungsträger aufrütteln, mit der Umsetzung der Resolution vorwärts zu machen.

«Die bisherige Bilanz ist eigentlich erschütternd und zeigt, dass die Erfahrungen von Frauen noch immer nicht gewürdigt werden», erklärt die ehemalige Berner Nationalrätin Ruth-Gaby Vermot, Präsidentin von FriedensFrauen Weltweit, gegenüber swissinfo.ch in New York.

«Unsere Botschaft ist deutlich: Ohne den Einbezug von Frauen wird es keinen Frieden geben. Die Ausstellung ist ein Appell an Männer in ihren festgefahrenen Machtsphären, sich endlich auf den Kopf zu stellen und die Dinge aus einer andern Perspektive zu betrachten», sagt Vermot und verweist auf ein entsprechendes Transparent.

Es sei erwiesen, dass Friedensverhandlungen, in die keine Frauen einbezogen würden, erfolglos blieben, Friedensprozesse, die sich an den Standards der kriegsführenden Parteien ausrichteten, seien zum Scheitern verurteilt. Und Wiederaufbau-Prozesse ohne den Einbezug von Frauen würden den Bedürfnissen der Bevölkerung nicht gerecht und trügen den Keim für neue Konflikte in sich.

Drei Hauptziele

Die einstimmig verabschiedete Resolution 1325 verfolgt drei Hauptzielsetzungen: Eine stärkere Beteiligung von Frauen in Friedens- und Konfliktlösungs-Prozessen, das Vorbeugen von und den Schutz vor sexueller Gewalt sowie den Einbezug einer gender-sensitiven Perspektive bei allen Projekten der Friedensförderung.

Die Zivilbevölkerung, vor allem Frauen und Kinder, sind von
Krieg und Gewalt besonders und heute mehr als früher betroffen. Zudem wird sexuelle Gewalt systematisch als Kriegswaffe eingesetzt und kaum je bestraft.

Frauen sind nicht nur Opfer. Um sich gegen den Opferstatus zu wehren, müssen Frauen aber eine aktive Rolle spielen können. Sie müssen und können bei der Vorbeugung und Lösung von Konflikten, bei Friedensverhandlungen, beim Wiederaufbau nach Kriegen ihre Erfahrungen einbringen und eine wichtige Rolle spielen.

Diese Ansicht ist heute auch in politischen Kreisen weiter verbreitet als früher, doch mit der Umsetzung hapert es.

Weltweit seien es vor allem Frauen, die sich für friedliche Lösungen einsetzten, erklärt Vermots Organisation. Die Geschichte zeige, dass gerechter Frieden und wirkliche Sicherheit erst möglich seien, wenn Frauen ihre Erfahrungen einbringen und Teil der Friedensprozesse sein könnten.

Unerfüllte Hoffnungen

Dies erkannte offensichtlich auch der UNO-Sicherheitsrat, als er im Jahr 2000 die Resolution 1325 zu «Frauen, Frieden, Sicherheit» verabschiedete, die unter anderem den Einbezug von Frauen in alle Friedensverhandlungen verlangt. «Doch 10 Jahre später sind wir kaum einen Schritt weiter, die Hoffnungen und Erwartungen sind unerfüllt geblieben», beklagt Vermot.

Daher wendet sich ihre Organisation jetzt erneut an den UNO-Sicherheitsrat, an die UNO-Mitgliedstaaten und die Öffentlichkeit mit der Aufforderung, die Resolution endlich umzusetzen.

Vorhang aus 1000 Postkarten

Seit 2005 vermittelt die Wanderausstellung «1000 PeaceWomen Across the Globe» die Bedeutung der Friedensarbeit von Frauen. Sie besteht aus Postkarten, auf denen in Bild und Text jede der 1000 Frauen, die 2005 für den Friedens-Nobelpreis nominiert waren, porträtiert sind.

Für die jetzt in New York eröffnete Schau «No Women – No Peace» wurde die Ausstellung mit neuen Elementen ergänzt – mit Plakaten, deren Inhalt sich auf die Resolution 1325 bezieht.

Die 25 Schauwände informieren über Geschichte und Inhalt der Resolution 1325, anhand von Erklärungen und Kurz-Biografien von Friedensfrauen. Dazu kommt ein Video mit Aussagen von FriedensFrauen aus 17 Ländern in Originalsprache mit englischen Untertiteln.

Die Postkarten mit den Frauenporträts hängen in New York als eine Art filigraner Vorhang in der Halle des UNO-Hauptquartiers, auf dem Weg der Diplomaten und Diplomatinnen zum Sicherheitsrat.

«Sie werden somit jedes Mal, wenn sie zu einer Sitzung kommen, mit den Forderungen und Anliegen der Frauen konfrontiert», erklärt Katrin Rieder, die das Ausstellungs-Projekt in New York betreut hat. In der Tat befasst sich der Sicherheitsrat im Vorfeld des 10. Jahrestags der Verabschiedung der Resolution dieser Tage erneut mit dem Thema.

Unterstützung der Schweiz

Die Ausstellung wird vom Schweizer Aussenministerium unterstützt. Zur Einweihung begrüsste der Schweizer UNO-Botschafter Paul Seger die geladenen Gäste, neben zahlreichen Vertreterinnen von Frauen-Organisationen waren dies vor allem Delegationen anderer UNO-Missionen.

Auffallend war, dass Länder, in denen Konflikte oder Krieg herrschen oder die sich in einer postkonfliktuellen Situation befinden, kaum an die Veranstaltung gekommen waren.

UNO-Botschafter Seger erklärte unter Verweis auf den Titel der Ausstellung «No Women – No Peace», der sicher viele Anwesende an den Hit von Bob Marley «No Woman, no Cry» erinnere, er hoffe, dass sich die Aussage «Keine Frauen – Keinen Frieden» wie der Marley-Song zu einem Markenzeichen entwickeln werde, das man überall erkenne.

«Die Resolution war bahnbrechend. Sowohl vom Thema als auch vom Ansatz her, der die Aspekte Vorbeugen, Beteiligung und Schutz der Frauen vor Gewalt umfasst.» Doch jetzt, 10 Jahre später, sei die internationale Gemeinschaft gefordert, weitere Schritte zu tun, damit die Resolution nicht toter Buchstabe bleibe, sagte Seger.

Bisher haben erst 23 Länder – darunter die Schweiz – einen Aktionsplan entwickelt, um die Umsetzung der Resolution konkret voranzutreiben.

Patentrezepte brachte auch eine kurze anschliessende Panel-Diskussion nicht. Dazu ist das Thema zu komplex. Klar ist: Noch bleibt sehr viel zu tun, um die hehren Ziele der Resolution zu erreichen.

Bei der Eröffnung der Ausstellung wurde auch ein neues Handbuch präsentiert. Es ist eine Zusammenstellung und Analyse zur Resolution 1325 und damit verbundenen Resolutionen, die seither verabschiedet wurden. Es soll in erster Linie dem UNO-Sicherheitsrat als praktisches Instrument dienen bei der weiteren Umsetzung und Überwachung des Themas Frauen, Frieden und Sicherheit.

Erstellt wurde das Handbuch von PeaceWomen Project von der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit (Women’s International League for Peace and Freedom, WILPF).

Unterstützt wurde die Publikation von der Schweiz und Liechtenstein, die Aussenministerinnen Micheline Calmy-Rey und Aurelia Frick verfassten das Vorwort.

Darin werden neben dem Sicherheitsrat alle UNO-Staaten und die Zivilgesellschaft zur weiteren Zusammenarbeit aufgerufen, um die Verpflichtungen aus der Resolution 1325 umzusetzen.

Die WILPF ist die älteste internationale Frauen-Friedens-Organisation. Sie wurde im Ersten Weltkrieg 1915 in Den Haag gegründet. Seitdem richtet sie sich gegen alle Formen von Krieg und Gewalt.

Derzeit hat die WILPF 43 nationale Sektionen und weltweit rund 40’000 Mitglieder. Das internationale Büro befindet sich in Genf, eine Zweigstelle in New York.

FriedensFrauen Weltweit – PeaceWomen Across the Globe ist die Nachfolge-Organisation der Initiative «1000 Frauen für den Friedens-Nobelpreis 2005», mit der 1000 Frauen aus der ganzen Welt kollektiv für den Preis nominiert worden waren.

Die Organisation setzt sich dafür ein, dass der Einfluss von Frauen in allen Bereichen von Frieden, Sicherheit und Nachhaltigkeit gestärkt wird – «denn Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg», wie die FriedensFrauen erklären.

Das internationale Sekretariat der Organisation ist in Bern, sechs Regionalbüros stärken die Zusammenarbeit vor Ort. Die frühere Berner Nationalrätin Ruth Gaby Vermot ist die Präsidentin von FriedensFrauen Weltweit.

Die Wanderausstellung «1000 PeaceWomen Across the Globe» war seit 2005 rund 1000 Mal zu sehen, in insgesamt 60 Ländern weltweit.
Auch die jetzt in New York in einer ergänzten Neuauflage mit dem Titel «No Women – No Peace» präsentierte Ausstellung soll weiter durch die Welt ziehen.

Anfang November wird sie in Berlin bei einer Veranstaltung der Heinrich Böll Stiftung zu sehen sein. Und bereits geplant ist ein Auftritt in Khartum (Sudan). Die arabische Übersetzung der Texte ist zurzeit im Gange. Auch für Kasachstan bestehen Pläne.

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