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Euro 2008: Armeeunterstützung für die Polizei

Einsatz für den Fussball: Schweizer Soldaten sollen die Euro 08 bewachen. Keystone

Die Schweizer Landesregierung plant den grössten Militäreinsatz seit dem Zweiten Weltkrieg. An der Fussball-Europameisterschaft 08 sollen bis zu 15'000 Soldaten die Polizeikorps unterstützen.

Geplant sind Sicherungseinsätze am Boden, aber auch die Überwachung aus der Luft. Geschätzter Kostenpunkt: 10 Mio. Franken.

Ob die Unterstützung der Armee an dem Grossanlass im Juni 2008 tatsächlich in diesem Umfang gebraucht wird, sei heute noch offen, hält der Bundesrat in seiner Botschaft ans Parlament fest. Die Auslosung der Spiele findet erst am 1. Dezember 2007 statt.

«Wir wissen nicht, wer sich qualifizieren wird, mit Ausnahme der Gastgeber Österreich und der Schweiz», sagte Bundesrat Samuel Schmid am Mittwoch vor den Medien.

Damit aber bereits jetzt die Dienstleistungspläne für 2008 erstellt werden könnten, seien die Polizeibehörden der Schweizer Austragungsorte bei ihren Gesuchen von einer bestmöglichen Unterstützung durch die Armee ausgegangen. Das heisse nicht, dass diese dann auch tatsächlich in vollem Umfang beansprucht werde.

Maximalbestand nicht gleichzeitig im Einsatz

Die Armee muss für die Fussball-EM aufgeboten werden, da die Polizeikräfte der vier Austragungskantone selbst mit Hilfe aus anderen Kantonen nicht ausreichen, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Der Truppeneinsatz fällt je nach Spieltag, Austragungsort und Truppenkörper zeitlich gestaffelt aus, so dass sich der Maximalbestand über die Dauer des Turniers aufteilt. «Der Maximalbestand ist somit nach heutiger Planung zu keiner Zeit in vollem Umfang gleichzeitig im Einsatz», sagte Schmid.

Das Kontingent entspreche ungefähr dem dreifachen Aufgebot für das World Economic Forum in Davos. Ein Vergleich des Truppeneinsatzes mit demjenigen von Österreich sei nicht möglich, sagte Schmid. Denn dort kämen die gesamten Polizeikräfte über den Bund zum Einsatz.

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Miliz-Armee

Dieser Inhalt wurde am veröffentlicht Die Schweizer Armee beruht auf dem Milizprinzip: Alle Männer im wehrpflichtigen Alter durchlaufen eine Grundausbildung und erweitern das Wissen und Können in periodischen Kursen. Laut Bundesverfassung dient die Armee der Verhinderung von Kriegen und trägt bei zur Erhaltung des Friedens. Sie unterstützt die zivilen Behörden bei der Abwehr von schwerwiegenden Bedrohungen für die innere Sicherheit…

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Drohnen und Helikopter

Je nach Lageentwicklung besteht die Möglichkeit, dass der zivile Einsatzstab den Einsatz von Aufklärungsdrohnen oder von Super Puma Helikoptern, die mit Tageslichtkameras oder Wärmebildkameras ausgerüstet sind, als nötig erachtet. Die Frage der Verwendung der dabei gewonnenen Bilddaten ist rechtlich geregelt.

Gemäss Datenschutzgesetz dürfen Organe des Bundes auch besonders schützenswerte Personendaten und Persönlichkeitsprofile ohne Vorliegen einer formell-gesetzlichen Grundlage ausnahmsweise bearbeiten, wenn der Bundesrat dies im Einzelfall bewilligt.

Im Hinblick darauf hat der Bundesrat am Mittwoch den Einsatz der Aufklärungsmittel der Luftwaffe zu Gunsten des nationalen Einsatzstabes während der EURO 2008 genehmigt, analog dem Beschluss vom 5. Juli 2006 betreffend den Einsatz der Drohnen und Helikopter zu Gunsten des Grenzwachtkorps.

Personenschutz bleibt bei der Polizei

Bei der im Leistungskatalog aufgeführten Abgabe von Material und Unterstützung bei Personenschutz und Eskorten handelt es sich um gepanzerte Sonderfahrzeuge und Sicherheitswagen. Fahrzeugführer sind speziell für den Transport von völkerrechtlich geschützten Personen ausgebildete Angehörige der militärischen Sicherheit.

Der eigentliche Personenschutz, also der Einsatz von Leibwächtern, ist und bleibt Sache der zivilen Polizei.

Die Austragungsstädte der Fussball-EM 08 begrüssen den Einsatz der Armee. Der Genfer Justiz- und Polizeidirektor Laurent Moutinot spricht von einem «positiven Zeichen.»

Lediglich GsoA unzufrieden

Zufrieden äusserte sich auf Anfrage auch das Polizeidepartement der Stadt Zürich. Grundsätzlich zufrieden ist auch die Stadtpolizei Bern.

Beim Verband Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB) wird der Armee- Einsatz begrüsst, so lange er subsidiär bleibt und es nicht zu einem direkten Kontakt zwischen Soldaten und Fans kommt. Mit Genugtuung nimmt der VSPB zur Kenntnis, dass der Personenschutz Sache der zivilen Polizei bleibt.

Gar nicht zufrieden ist die Gruppe für eine Schweiz ohne Armee (GSoA). In Anspielung auf den deutschen WM-Slogan «Die Welt zu Gast bei Freunden», spricht die GSoA von «Europa zu Gast bei der Schweizer Armee». Ihrer Ansicht nach ist das Truppenaufgebot «völlig überrissen».

swissinfo und Agenturen

Während dem Zweiten Weltkrieg hatte die Schweizer Armee 450’000 Soldaten mobilisiert.

Mit der Einführung der Armee XXI am 1. Januar 2004 hat sich der Soll-Bestand von 350’000 auf 155’000 Männer und Frauen reduziert.

In der Schweiz ist die Polizei für die öffentliche Ordnung und die Sicherheit zuständig.

Auf Bundesebene geht es vor allem um die Wahrung der nationalen Sicherheit.
Hier übernimmt das Bundesamt für Polizei mit der Bundeskriminalpolizei, dem Dienst für Analyse und Prävention sowie dem Bundessicherheitsdienst kriminal-, präventiv- und sicherheitspolizeiliche Funktionen.

Die Armee unterstützt die zivilen Behörden subsidiär bei der Abwehr schwerwiegender Bedrohungen der inneren Sicherheit und bei der Bewältigung ausserordentlicher Lagen wie dem Economic Forum WEF in Davos.

Die EURO 08 beginnt am 7. Juni 2008 in Basel.
Der Final wird am 29. Juni 2008 in Wien gespielt.
Von den 31 Spielen finden 15 in der Schweiz statt: 6 in Basel und je 3 in Zürich, Bern und Genf.
Die geschätzten Kosten für die Öffentliche Hand betragen 182 Mio. Franken.
Die Euro 2008 soll in der Schweiz rund 500 Mio. Fr. Umsatz generieren.

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