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Europol-Abkommen stärkt Schweizer Polizei

Marco Gamma, Fachreferent Interpol/Europol im Bundesamt für Polizei. swissinfo.ch

Die Schweiz arbeitet im Kampf gegen organisierte Kriminalität und Terrorismus künftig enger mit dem Europäischen Polizeiamt Europol zusammen. Ein am Freitag in Bern unterzeichntes Abkommen regelt die Zusammenarbeit.

Laut Marco Gamma vom Bundesamt für Polizei, werden beide Seiten davon profitieren.

Das Übereinkommen ermöglicht der Schweiz Zugang zu Europols Geheimdienst-Dossiers in den Bereichen organisiertes Verbrechen, Drogenhandel und Terrorismus.

Da die Schweiz der Europäischen Union (EU) nicht angehört, besitzt Bern keinen vollständigen Zugang zu den Europol-Dossiers, sondern erhält Einblick aufgrund von Informationsanfragen.

Das Übereinkommen, so bekräftigt Marco Gamma, sei ein wichtiger Schritt für die Schweiz, was die Verbrechensbekämpfung betrifft.

swissinfo: Die Schweiz sorgt sich um Terrorismus, Drogenhandel, Zigarettenschmuggel und Geldwäscherei. Wie kann das Übereinkommen im Kampf gegen diese Verbrechen helfen?

Marco Gamma: Erstens sind Ermittlungen im Bereich organisiertes Verbrechen und Terrorismus sehr kompliziert. Sie brauchen Zeit und viel personellen Aufwand. Man braucht spezielle Ermittlungsinstrumente, vertrauenswürdige Informationsquellen und gute analytische Arbeit.

Dank der vorliegenden Zusammenarbeit werden wir künftig Informationen, Analysen, Gutachten und Lernmethoden weitergeben und austauschen können. Das ist ein wichtiger Schritt nach vorn.

swissinfo: Die Abmachung erhöht also die Kapazitäten der Schweiz im Bereich Verbrechensbekämpfung?

M. G.: Sicher. Es ist das erste Mal, dass wir auf polizeilicher Ebene in eine Kooperation mit der EU eingetreten sind, was organisiertes Verbrechen und Terrorismus betrifft. Die Schweiz ist davon ebenso betroffen wie andere europäische Länder.

swissinfo: Wurde die schweizerische Verbrechensbekämpfung, besonders im Bereich der Terrorabwehr, vom Umstand behindert, dass die Schweiz nicht EU-Mitglied ist?

M. G.: Nein. «Behindert» ist das falsche Wort. Wir bauen auf unseren Säulen auf, wie dem globalen Netzwerk mit Interpol und den bilateralen Beziehungen mit den einzelnen Ländern. Informationsaustausch war immer möglich.

Doch konnten wir keinen Nutzen aus der Analysearbeit ziehen, die von Europol im Bereich der Terrorabwehr geleistet wird. Die neue Übereinkunft wird dieses Loch nun stopfen.

swissinfo: Die Schweiz wird zwar Zugang zu den Dossiers von Europol haben. Doch die Übereinkunft schliesst den Zugang zum Schengener Informationssystem betreffend grenzüberschreitende Kriminalität nicht ein. Ist das ein Problem?

M. G.: Europol und Schengen sind zwei unterschiedliche Instrumente, die sich aber im Kampf gegen das internationale Verbrechen ergänzen. Europol ist vor allem Kriminal-Analyse und Info-Austausch. Schengen hingegen, das sind Haftbefehlsausgaben für gesuchte oder vermisste Personen und Gegenstände.

Die Schweiz möchte sowohl mit Europol kooperieren als auch mit Schengen verbunden sein.

swissinfo: Es wird jetzt ein Schweizer Polizist nach Den Haag geschickt. Worin besteht seine Aufgabe?

M. G.: Wir möchten mindestens einen Verbindungs-Beamten in die Europol-Zentrale schicken. Seine Aufgabe besteht darin, die Türen für die Schweiz zu öffnen. Er oder sie wird also die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und den EU-Ländern unterstützen und koordinieren.

swissinfo: Die Schweiz nähert sich Europol zum gleichen Zeitpunkt, in dem auch die neuen EU-Länder zu diesem Netzwerk stossen. Ist der Zeitpunkt für die Schweiz deshalb günstig?

M. G.: Ja. Kontakte mit 15 oder mit 25 Ländern zu haben, bedeutet einen grossen Schritt nach vorn. Die neuen Länder stammen aus Zentral- und Osteuropa, und in diesen Ländern gibt es viel Kriminalität.

swissinfo: Europol besteht seit sechs Jahren. Wie effektiv war dieses Europäische Polizeiamt Ihrer Meinung nach?

M. G.: Die Organisation ist recht jung, wird aber immer effektiver. Die Anzahl der von ihr behandelten Fälle stieg gegenüber dem Vorjahr beträchtlich. Um effektiv zu sein, muss Europol über viel Informationen verfügen, die es für die analytische Arbeit braucht.

Mit jedem Tag und jedem Jahr verbessert sich dieser Informations-Austausch.

swissinfo: Bisher sprachen wir nur darüber, was Europol für die Schweiz tut, aber nicht umgekehrt.

M. G.: Erstens braucht Europol viel Information, und wir Schweizer können das liefern. Da wird schon einmal ein Loch geschlossen. Zweitens verfügt die Schweiz über ein grosses Wissen im Abwehrkampf gegen Geldwäscherei und Terror-Finanzierung. Dieses Know-how können wir bei Europol einbringen.

swissinfo-Interview: Adam Beaumont
(Aus dem Englischen von Alexander Künzle)

Europol hat 2003 rund 4700 Fälle behandelt.
Gegenüber dem Vorjahr entspricht das einem Wachstum von 40%.
7 der 10 neuen EU-Länder sind Anfang September Vollmitglieder von Europol geworden.
Malta, Polen und Estland werden dem Europäischen Polizeiamt voraussichtlich bis Ende Jahr beitreten.

Die Verhandlungen über das Abkommen mit Europol waren bereits 2001 abgeschlossen worden.

Im April 2002 stimmte der Bundesrat dem Abkommen zu.

Nach dem Abschluss der bilateralen Verträge zwischen der Schweiz und der EU wurde es vom Rat der Justiz- und Innen-Minister der EU am 19. Juli 2004 genehmigt.

Der Bundesrat wird sich voraussichtlich Anfang 2005 mit der Botschaft zum Abkommen beschäftigen.

Diese soll dann noch im selben Jahr dem Parlament vorgelegt werden.

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